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Donnerstag, 29. April 2004, 21.15 Uhr
auslandsjournal

Mainz (ots)

Donnerstag, 29. April 2004, 21.15 Uhr
auslandsjournal
mit Dietmar Ossenberg
Themen u.a.:Kinder im Knast - Das Familiengefängnis von La Paz
Leitern sind wohl so ziemlich das Einzige, was man in diesem von
zehn Meter hohen Mauern umgebenen Gefängnis nicht kaufen kann.
Ansonsten ist für Geld in San Pedro alles zu haben, von Drogen über
Waffen bis hin zum besten peruanischen Essen der Stadt. Das Leben im
größten und ältesten Knast von La Paz unterscheidet sich kaum von der
Welt vor den Mauern.
Boliviens Gefängnisstadt funktioniert nach einem ungewöhnlichen
Prinzip. Die Gefangenen verwalten das Leben im Knast selbst, drinnen
gibt es keine Aufseher, nur die Außenmauern und Wachen an den Toren.
Das Leben innerhalb der Mauern bleibt völlig den Häftlingen
überlassen. Rund 1100 Gefangene leben in diesem Mikrokosmos der
Gesellschaft.
Und wie in der Welt draußen kann man in San Pedro mit Geld fast
alles erreichen. Seine Zelle muss sich jeder selber kaufen. Vom
Schlafplatz unter der Treppe bis zur Penthouse-Wohnung, wer die
nötigen Pesos hat, lebt nicht schlecht im Knast. Die ganz großen
Betrüger leben in ihrer eigenen Sektion: der Posta. "Eine Zelle
bekommt man da ab 3000 Dollar. Die haben sogar Saunas und
Whirlpools," berichtet Hans Lüders. Der Hamburger ist seit fünf
Jahren in San Pedro. Er wurde beim Schmuggeln von zwei Kilogramm
Kokain erwischt.
Jeden Donnerstag und Sonntag ist in San Pedro Besuchstag. Dann
kommen die Frauen ihre Männer besuchen. So auch Ana Heredia. Ihr Mann
Raúl Condori lebt mit den sechs Kindern im Knast. Während er im
Gefängnis auf sie aufpasst, kann seine Frau draußen Geld verdienen.
"Ich suche mir Arbeit als Wäscherin. Danach hole ich meine große
Tochter hier ab und wir gehen nach Hause." Die Jungen bleiben auch
über Nacht in San Pedro.
Einige Familien leben komplett im Knast. Rund 200 Frauen und
Kinder gibt es hinter den Mauern. Ein Peruaner hat mit seiner Frau
ein Restaurant aufgemacht. Sie arbeitet als Köchin: "Ich kaufe auf
dem Markt. Ich darf ja raus und helfe meinem Mann dann hier. Wir
leben davon."
Doch das Leben in San Pedro hat auch eine andere Seite. "Mit fünf
Mann haben sie mich mit Eisenstangen zusammengeschlagen und mir den
Arm gebrochen," erzählt Hans Lüders. Und auch der Gefängnisarzt
behandelt im Zweifel nur den, der ihn bezahlen kann.
Doch so frei sich die Gefangenen auch bewegen können, am
vergitterten Tor ist ihre Welt zu Ende. Ausbruchsversuche gelingen
selten in Boliviens Gefängnisstadt.
ZDF-Reporter Luten Leinhos hat den Knast von La Paz besucht und
berichtet von einem fast surrealen Leben.
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Rückfragen bitte an ZDF-Redaktion "auslandsjournal": Robert
Bachem, Tel.: 06131/70-2985, und Luten Leinhos, Tel.: 06131/ 70-2838.
ots-Originaltext: ZDF
Digitale Pressemappe: 
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