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Dienstag, 14. September 2004, 22.45 Uhr /37°/ In der Schönheitsfalle

Mainz (ots)

Dienstag, 14. September 2004, 22.45 Uhr
37°
In der Schönheitsfalle
Anouschka Renzi kämpft sich frei Schön ist sie, attraktiv und
erfolgreich: Anouschka Renzi (39), die bekannte Schauspielerin, und
Millionen Zuschauer lieben sie so. Kaum können die sich vorstellen,
dass man unter dem Schönsein auch leiden kann: dann, wenn das
Aussehen eines Menschen sein Ansehen so dominiert, dass alle anderen
Werte darunter begraben zu werden drohen. Hartnäckig hält sich das
Vorurteil, dass eine(r) entweder schön ist oder innere Werte hat.
Steht der Mensch zudem noch in der Öffentlichkeit, potenziert sich
das Problem bis an den Rand des Tragischen. Gnadenlos kann
die "Schönheitsfalle" zuschnappen - Anouschka Renzi hat es erfahren.
Nicht nur, dass die Regenbogenpresse in anzüglicher und verletzender
Sprache über Monate ihren Körper zum Objekt machte (unter dem
unsäglichen Titel eines sogenannten "Zickenkriegs"). Sie bekommt
auch zu selten Rollen, die ihrem Können gemäß sind. Immer musste sie
die Schöne, Verführerische, Erotische geben; dabei wünscht sie sich
nichts mehr, als einmal "eine drogenabhängige, depressive,
unglückliche Frau mit einem schlimmen Schicksal" spielen zu
dürfen, "jemanden, der Brüche hat, die man privat ja auch hat und
die ich auch hatte". Da erst könnte sie beweisen, dass hinter der
schönen Fassade eine ganz andere Anouschka steckt und eine
Schauspielerin, die mehr kann, als schick zu sein oder schmachtend
zu blicken. Mutig hat sie einen Schlussstrich unter seichte
Vorabendserien gezogen und spielt wieder mehr Theater: "weil
ich dort mehr wegen meines Inneren als nur wegen meines Äußeren
gemocht werde". Für einen Bruchteil der Fernseh-Gagen.
Ganz unschuldig ist Anouschka Renzi an ihrem Image jedoch selber
nicht. Letztes Jahr noch hat sie sich für den "Playboy" ablichten
lassen. Anouschka fürchtet, gibt sie zu, dass sie keine Arbeit mehr
bekommt, "wenn diese Fassade kaputtgeht". Mit erstaunlicher
Offenheit spricht Anouschka Renzi über Ängste, Verletzungen und
Sehnsüchte in ihrem Leben. Die "Schönheitsfalle" schnappte nämlich
in ihrer Kindheit schon zum erstenmal zu: spätestens, als sich die
berühmtesten Fotographen der Welt darum rissen, ihren nymphenhaften
Körper nackt vors Objektiv zu kriegen und das kleine Mädchen diese
Aufmerksamkeit mit Liebe verwechselte. Verständlich, denn,
aufgewachsen in St. Tropez, als Tochter bzw. Stieftochter des
damaligen deutschen Traumpaares Eva Renzi und Paul Hubschmid, war
Anouschka ein zutiefst verunsichertes Kind gewesen. Das um
Anerkennung durch einen vergötterten (Stief-)Vater rang, von dem
sich die Mutter aber gerade trennte. Nicht nur von ihm, sondern auch
von dieser ganzen Welt der Reichen und Schönen, in die er seine
schöne Tochter mitnahm. Anouschka war neun, als Mutter Eva sie aus
dieser Traumwelt herausriss, in einen Ford Transit packte und vor
deutscher Spießigkeit - und den eigenen Eheproblemen - für ein Jahr
nach Indien floh.
Auch Eva Renzi hat sich der Kamera gestellt und spricht mit
großer Offenheit, kritisch und selbstkritisch. Bis heute ist das
Verhältnis zwischen Tochter und Mutter gespannt, von Liebe und
Distanz zugleich geprägt. Was beide Frauen, je aus ihrer Sicht, aus
Kindheit und Jugend Anouschkas berichten, lässt eine dramatische
Entwicklung erahnen; manches klingt hart, was sie übereinander sagen,
und ist doch von gegenseitigem Respekt und Liebe getragen. Es lässt
einen Kontext verstehen, in dem die Gabe der Schönheit fast auch zum
Fluch, Bewunderung zum Ersatz tieferer Anerkennung werden kann.
Anouschka verschweigt nicht, dass die Probleme ihrer Jugend bis in
Essstörungen geführt hatten. Später ereilte sie der Krebs. Die eigene
Tochter musste ins Herzzentrum. Freunde liegen schon auf dem Friedhof
von St.Tropez - Dinge, die sie in "37°" zum ersten Mal öffentlich
anspricht. An "Brüchen" ist dieses Leben wahrhaft reich genug. Dabei
zeigt sich eine Frau, die kämpfen kann. Schön ist sie noch immer -
Anouschka weiß es und kann es gelegentlich nicht ohne Stolz auch
herauskehren. Aber eine "Falle" ist das nicht mehr für sie. Sie weiß
heute, resümiert sie, "was ich in mir drin bin". Und das macht sie
nur noch schöner.
ots-Originaltext: ZDF
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