Kretschmer/Rupprecht/Weinberg: Durch Anerkennung zur Integration
Berlin (ots)
Am 28.09.2011 berät der Bundestag abschließend über das Gesetz zur Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen. Hierzu erklären der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Michael Kretschmer, der bildungspolitische Sprecher Albert Rupprecht und der zuständige Berichterstatter Marcus Weinberg:
"Wer im Ausland einen Beruf erlernt hat, muss auch die Chance erhalten, in diesem Beruf bei uns arbeiten zu können. Dabei darf es im Grundsatz keinen Unterschied machen, ob man Arzt oder Architekt ist, ob man in Argentinien oder Ägypten seinen Beruf gelernt hat, oder ob man Spätaussiedler ist oder nicht. Entscheidend ist, dass die Qualität der Ausbildung deutschem Niveau entspricht.
Wir schaffen deshalb nur ein einheitliches Anerkennungsverfahren: Innerhalb von drei Monaten muss geklärt werden, inwieweit die ausländischen Zeugnisse deutschen Abschlüssen entsprechen. Kleinere Abweichungen können mit Berufserfahrung ausgeglichen werden. Größere Abweichungen dadurch kompensiert werden, dass der Betroffene Eignungsprüfungen erfolgreich absolviert (z.B. Arbeitsproben abgibt) oder an Anpassungslehrgängen teilnimmt.
Ziel ist, die Qualifikationen der zugewanderten Menschen für unsere Gesellschaft zu nutzen und ihnen durch die Anerkennung ihrer Abschlüsse den Weg zur Integration zu ebnen."
Hintergrund:
Der demografische Wandel führt bereits heute in bestimmten Arbeitsmarktsegmenten zu einem Mangel an qualifizierten Fachkräften, etwa bei Medizin- und Erziehungsberufen, im Pflegebereich und bei sogenannten MINT-Berufen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik). Deshalb ist es wichtig, alle Qualifikationspotenziale im Inland zu aktivieren und zu nutzen. Zudem soll Deutschland für qualifizierte Zuwanderung attraktiver werden. Schließlich erscheint aus integrationspolitischer Sicht die Anerkennung im Ausland erworbener Qualifikationen als Voraussetzung für eine angemessene Beschäftigung geboten.
Eine Sonderauswertung des Mikrozensus 2008 im Auftrag des BMBF geht insgesamt von rund 2,9 Millionen in Deutschland lebenden Personen mit Migrationshintergrund aus, die ihren höchsten beruflichen Abschluss im Ausland erworben haben. Mangels förmlicher Anerkennung kann ein Teil dieser Gruppe keiner ihrer Qualifikation entsprechenden Tätigkeit nachgehen. Die Zahl derer, die bei geänderter Rechtslage ein Anerkennungsverfahren anstreben könnten, wird auf bis zu 300.000 Personen geschätzt.
Bisher gibt es keine einheitlichen Rechtsgrundlagen für die Bewertung bzw. Anerkennung von mitgebrachten beruflichen Qualifikationen, sondern lediglich segmentierte Regelungen für bestimmte Gruppen von Staatsangehörigen, die sich in Regelungsziel, Reichweite und Ausgestaltung beträchtlich voneinander unterscheiden. Die bisher existierenden Verfahrensansprüche begünstigen in erster Linie EU-Bürger und Spätaussiedler. Drittstaatsangehörige haben bislang praktisch keine Möglichkeit, ihre beruflichen Qualifikationen bewerten zu lassen.
Der Gesetzentwurf umfasst ein neues Bundesgesetz, das Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz, sowie Anpassungen in bereits bestehenden Regelungen zur Anerkennung von Berufsqualifikationen in rund 60 auf Bundesebene geregelten Berufsgesetzen und Verordnungen für die reglementierten Berufe, also z.B. für die akademischen und nichtakademischen Heilberufe und die Handwerksmeister. Die Länder haben angekündigt, die berufsrechtlichen Regelungen in ihrem Zuständigkeitsbereich (beispielsweise Lehrer, Ingenieure, Erzieher) ebenfalls zu ändern, um auch für diese Berufe die Anerkennungsverfahren zu verbessern.
Das Bundesgesetz weitet die Ansprüche auf Bewertung ausländischer Berufsqualifikationen im Zuständigkeitsbereich des Bundes aus und schafft einheitliche und transparente Verfahren:
- Das neue Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz schafft erstmals für Unionsbürger und Drittstaatsangehörige einen allgemeinen Anspruch auf eine individuelle Gleichwertigkeitsprüfung für die rund 350 nicht reglementierten Berufe (Ausbildungsberufe im dualen System nach dem Berufsbildungsgesetz und der Handwerksordnung (gab es bisher nur für Spätaussiedler). Für diese Berufe wird die Frage, ob die mitgebrachte Qualifikation gleichwertig ist, künftig nach einheitlichen Kriterien und in einem einheitlich geregelten Verfahren beurteilt.
- In einer ganzen Reihe von Berufen waren die Berufsausübung und auch der Zugang zu den entsprechenden Anerkennungsverfahren bisher an die deutsche Staatsangehörigkeit oder die Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedsstaates geknüpft. Das Gesetz schafft diese Kopplung weitgehend ab. Ausschlaggebend sind in den meisten Berufen künftig nur noch Inhalt und Qualität der Berufsqualifikationen. (So kann künftig auch ein türkischer Arzt bei Vorliegen der fachlichen Voraussetzungen eine Approbation erhalten. Dies war bisher - selbst wenn er in Deutschland studiert hatte - nicht möglich.)
- Um zusätzliche Bürokratie zu vermeiden, werden die bereits bestehenden und funktionierenden Strukturen zur Bewertung von Auslandsqualifikationen genutzt. Dies bedeutet, dass die bereits jetzt für die Anerkennungsverfahren von Unionsbürgern und Spätaussiedlern zuständigen Kammern und Behörden auch die Verfahren nach dem Gesetz umsetzen werden.
- Rechtzeitig zum Inkrafttreten des Gesetzes sollen die potenziellen Antragsteller ausführlich informiert werden. Geplant sind eine Internetseite mit Erstinformationen, eine Telefon-Hotline, mehrsprachige Informationsmaterialien und regionale Anlaufstellen, die auch Angebote zu Beratung und Verfahrensbegleitung vermitteln.
- Der Vollzug des Gesetzes ist Sache der Länder. Die Länder sind deshalb aufgefordert, ihren Vollzugsbehörden in den jeweiligen Berufssparten möglichst einheitliche Vollzugskriterien an die Hand zu geben, damit über identische Anerkennungssachverhalte nicht von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich entschieden wird.
- Um einheitliche Verfahren zu gewährleisten, schafft das Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz zudem die Möglichkeit, die Zuständigkeit für die Anerkennungsverfahren - zum Beispiel für bestimmte Berufe oder Herkunftsregionen - bei einer Stelle zu bündeln. Auch in diesem Punkt sind die Länder gefordert.
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