Kauder: Die Mütterrente wird kommen
Berlin (ots)
Anderthalb Wochen vor der Bundestagswahl hat sich der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Volker Kauder zu den Themen des Wahlkampfs und insbesondere zu den Positionen der anderen Parteien geäußert. Das am Mittwoch erschienene Interview mit dem "Darmstädter Echo" hat folgenden Wortlaut:
"ECHO: Herr Kauder, es sind keine zwei Wochen mehr bis zur Bundestagswahl. Ist es nicht höchste Zeit, dass die Union ein Wahlprogramm vorlegt?
Volker Kauder: Die Union hat ein Wahlprogramm - und zwar ein sehr gutes. Unsere Kernziele sind: Deutschland muss auf seinem Erfolgsweg bleiben. Wir müssen Europa stärker machen. Und im Sinne der nächsten Generationen muss der Haushalt saniert werden.
ECHO: Die Kernbotschaft aber ist: Frau Merkel macht das ganz gut und soll es auch weitermachen. Reicht das als Botschaft an die Wähler?
Kauder: Das ist ja nicht unsere einzige Botschaft. Wir haben zwar die richtigen Personen, vor allem Angela Merkel, aber auch die richtigen Inhalte. Ein Punkt, der sehr viele Menschen interessiert, ist zum Beispiel die Erhöhung der Mütterrente für Frauen, die vor 1992 Kinder geboren haben.
ECHO: Die Inhalte der Union haben sich in den vergangenen Jahren bei etlichen Streitthemen dramatisch verändert: Bei Windkraft, Atomausstieg oder Mindestlohn haben Sie ehemals eherne Überzeugungen abgelegt. Bedroht das die Identität der Union?
Kauder: Unsere Identität beruht darauf, dass wir Politik auf der Grundlage des christlichen Menschenbildes machen. Das hat sich nicht verändert. Ansonsten reagieren wir auf die Herausforderungen der Zeit. Politik beginnt mit dem Betrachten und nicht mit dem Verneinen der Wirklichkeit.
ECHO: Apropos Wirklichkeit: Die Union hat neben der verbesserten Mütterrente auch eine stärkere Förderung von Familien angekündigt. Eine Opposition darf etwas ins Blaue hinein versprechen. Wer aber seit acht Jahren regiert, muss sagen, wie es zu bezahlen ist.
Kauder: Wir haben klar gesagt, wie wir die Dinge finanzieren. Die Mütterrente etwa kostet sechs Milliarden Euro, die ist finanziert, da ist kein zusätzlicher Cent aus dem Bundeshaushalt notwendig, und die Rentenbeiträge werden nicht steigen. Alle anderen Maßnahmen stehen unter dem Vorbehalt, dass wir den ausgeglichenen Haushalt hinbekommen, was ich aber für sehr wahrscheinlich halte, wenn die Wirtschaft weiterhin gut läuft.
ECHO: Der Wahlkampf ist bisher eher gemütlich abgelaufen. Auffällig war auch, dass die Union die Alternative für Deutschland, kurz AfD, ignoriert hat. Erst jetzt suchen erste Unionspolitiker die Auseinandersetzung mit der Partei. Kommt das nicht ein bisschen zu spät?
Kauder: Wir haben unseren Wahlkampf bewusst so angelegt, dass wir den Menschen sagen, was wir vorhaben. Wir reden darüber, was die großen Herausforderungen sind und welche Antworten wir darauf geben, und dann sollen die Wählerinnen und Wähler entscheiden.
ECHO: Was halten Sie persönlich von der AfD?
Kauder: Das ist eine Gruppierung, die nur ein Thema hat, und zu anderen Fragen nichts zu sagen hat. Zu dem einen Thema des Euro ist sie auf einem gefährlichen Irrweg. Eine Gruppierung, die in ihrem Programm stehen hat, dass sie nicht ausschließt, zur D-Mark zurückzukehren, macht unverantwortliche Politik. Das würde Deutschland und seinen Bürgern schwer schaden. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen.
ECHO: Wenn die Euro-Kritiker den Sprung ins Parlament schaffen, dürfte es für Schwarz-Gelb nicht mehr zur Mehrheit reichen.
Kauder: Politik beginnt mit dem Betrachten der Wirklichkeit, wie gesagt. Und die Wirklichkeit stellen in dieser Frage am 22. September die Wählerinnen und Wähler her. Wir haben ein Ziel: die Koalition mit der FDP fortsetzen.
ECHO: Nun sind aber auch Ihre Wunschpartner schwierig: Die CSU will die Pkw-Maut, die FDP will den Solidaritätszuschlag abschaffen.
Kauder: Jeder Koalitionspartner hat Wünsche und Vorstellungen. Darüber wird nach der Wahl gesprochen. Die einen wollen die Maut, die anderen wollen den Soli abschaffen, und am Ende kommt heraus: Angela Merkel bleibt Bundeskanzlerin.
ECHO: Kanzlerin Merkel hat der SPD "totale Unzuverlässigkeit" in der Europapolitik vorgeworfen. Für wie zuverlässig muss man denn Union und FDP in der Außenpolitik halten?
Kauder: Dass die SPD europapolitisch unzuverlässig ist, lässt sich ganz einfach belegen: Angela Merkel hat darauf hingewiesen, dass in der SPD schon alles vertreten wurde, Euro-Bonds ja, Schulden-Union ja, Euro-Bonds nein, Schulden-Union nein. Nun tritt sie letztlich übrigens für die Schulden-Union ein. Das hat mit Zuverlässigkeit nichts zu tun.
ECHO: Das Lavieren der Bundesregierung in der Syrien-Krise erinnert aber an das Verhalten im Libyen-Konflikt im Jahr 2011. Wie erklärt sich dieses fortgesetzte Versteckspiel?
Kauder: Das ist kein Versteckspiel. Wir haben alles daran gesetzt, eine gemeinsame europäische Position in dieser Frage zu erreichen. Das ist schwer genug. Eine gemeinsame Position kriegt man nur hin, wenn man auch mit allen spricht. Es geht nicht, dass ein paar wenige wie Großbritannien und Frankreich erklären: So machen wir es. Wenn man weiß, dass sich die EU-Außenminister am nächsten Tag treffen, um eine gemeinsame Position der 28 abzustimmen, dann können nicht vier vorher die Unterschrift leisten. Deshalb hat Angela Merkel hundertprozentig im Sinne Europas gehandelt.
ECHO: Was wäre denn passiert, wenn sich die Europäer doch nicht auf eine Position geeinigt hätten?
Kauder: Sie haben sich geeinigt. Diese Konjunktive bringen uns nicht weiter. Und im Übrigen: In der Syrien-Krise könnte es nun einen Wendepunkt geben. Assad scheint einzulenken und seine Chemiewaffen unter internationale Kontrolle zu stellen. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Die Bundesregierung hat mit dazu beigetragen, dass die Diplomatie diese Chance bekommt."
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