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CDU/CSU - Bundestagsfraktion

CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Merz: Wirtschafts- und Sozialpolitik aus einem Guss

Berlin (ots)

Rede des Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Friedrich
Merz MdB, auf dem Kongress "Arbeit für alle - Konzepte für mehr
Beschäftigung" am 06.03.02 in Gelsenkirchen
I.
Unser Land braucht wieder eine Wirtschaftspolitik im umfassenden
Sinn, unser Land braucht eine Wirtschafts-, Arbeitsmarkt- und
Sozialpolitik aus einem Guss, unser Land braucht - auf einen kurzen
Nenner gebracht - wieder eine ordnungspolitische Orientierung in der
Wirtschaftspolitik!
Selten in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland hat diese
Forderung mehr Aktualität und Brisanz besessen als in diesen Tagen.
Defizite sind Indikator für politischen Handlungsbedarf
Der letzte Platz beim Wirtschaftswachstum in der europäischen
Liga, eine extrem hohe Zahl von Arbeitslosen und eine äußerst
angespannte Lage der öffentlichen Haushalte machen nur all zu
deutlich, wie notwendig ein politischer Kurswechsel ist.
Die Lage auf dem Arbeitsmarkt kann in der Tat - mit den Worten des
Sachverständigenrates - nicht anders als "katastrophal" bezeichnet
werden: Fast vier Millionen offiziell registrierte Arbeitslose im
Jahresdurchschnitt 2001 sind der Offenbarungseid der Wirtschafts- und
Arbeitsmarktpolitik der rot-grünen Bundesregierung.
Der Sachverständigenrat wählt diese Worte mit Bedacht und nicht
nur mit Blick auf die offiziellen Zahlen. Er tut dies auch mit Blick
auf die Tatsache, dass die amtliche Statistik nur die halbe Wahrheit
ist.
Hohe Arbeitslosenzahl, Problemgruppen und wenig
   Beschäftigungszuwachs
Zu der offiziellen Zahl von derzeit 4,3 Mio. Menschen kommen noch
einmal 1,7 Mio. Menschen ohne reguläre Beschäftigung hinzu, die von
der offiziellen Statistik nicht erfasst werden.
Auch der angebliche Zuwachs an Beschäftigung, auf den die
Bundesregierung mit Blick auf die Erwerbstätigenstatistik hinweist,
wird erheblich relativiert durch die geänderte Erfassung der
neugeregelten 325-Euro-Jobs. Diese geänderte Erfassung sorgte nach
Schätzungen der Wirtschaftsforschungsinstitute im Jahre 2000 allein
für die Hälfte des Zuwachses bei der Zahl der Erwerbstätigen.
Wie schwach der Beschäftigungsaufbau hierzulande auch in
konjunkturell besseren Zeiten ist, zeigt gerade auch der
internationale und europäische Vergleich. In den meisten europäischen
Ländern nahm die Beschäftigung in den letzten Jahren deutlich mehr zu
als in Deutschland. Im internationalen Vergleich zeigt sich auch ein
sichtbarer Rückstand bei der Beschäftigung von Frauen. Ein Faktum,
das insbesondere darauf hinweist, dass wir noch mehr für die
Vereinbarkeit von Familie und Beruf tun müssen.
Sicherlich hat der konjunkturelle Einbruch seit Ende 2000 zu der
generellen Verschlechterung der Arbeitsmarktlage beigetragen.
Schwache Binnenkonjunktur
Aber in diesem Zusammenhang bereitet die Tatsache besondere Sorge,
dass eine schwache Konjunktur und die generellen Probleme des
Arbeitsmarktes sich besonders zu Lasten der sogenannten
Problemgruppen auswirken, also der Langzeitarbeitslosen, der älteren
Arbeitnehmer, der Geringqualifizierten. Im übrigen muss darauf
hingewiesen werden, dass die anhaltende Wachstumsschwäche der
deutschen Volkswirtschaft im wesentlichen hausgemacht ist. Die
Bundesregierung täuscht bestenfalls sich selbst, eher wohl die
gesamte Öffentlichkeit, wenn sie dafür allein die schwache
Weltkonjunktur und die Auswirkungen der Terroranschläge des 11.
Septembers 2001 verantwortlich macht.
Der Konjunkturmotor in Deutschland läuft auf allen Zylindern nicht
mehr gleichmäßig! Insbesondere die private und auch die öffentliche
Investitionstätigkeit in Deutschland lässt deutlich zu wünschen
übrig.
Diese Tatsache wiegt besonders schwer, weil aufgrund unflexibler
Strukturen ein Wachstum von über 2 Prozent erforderlich ist, um den
Arbeitsmarkt in unserem Lande wirklich in Bewegung zu bringen.
II.
Woran liegt es, dass ausgerechnet das Land, in dem das
Erfolgsmodell Soziale Marktwirtschaft für Wachstum, Beschäftigung und
Wohlstand sorgte und das für viele andere Länder Vorbild war,
wirtschaftlich so sehr in die Krise geraten ist?
Woran liegt es, dass unser Land nach der Wiedererlangung seiner
nationalen Einheit sich offenbar immer weniger in der Lage zeigt, die
ihm zukommende Führungsrolle in Europa auch wahrzunehmen und seinen
internationalen Verpflichtungen nachzukommen?
Deutschland, kranker Mann Europas
Wo sind die Ursachen dafür zu suchen, dass man bei unseren
europäischen Partnern bereits vom kranken Mann Europas spricht?
Diese Fragen stellen sich insbesondere, wenn man sich an den
beispiellosen wirtschaftlichen Aufstieg der Bundesrepublik nach dem
Krieg erinnert.
Erfolgsmodell Soziale Marktwirtschaft
Die maßgeblich von den Unionsparteien gestaltete Soziale
Marktwirtschaft hat unserem Lande nach dem Kriege einen ungeahnten
Aufschwung ermöglicht. Erst im Rahmen dieser Wirtschafts- und
Gesellschaftsordnung konnten die Voraussetzungen dafür geschaffen
werden, dass Deutschland seinen Platz als geachtetes Mitglied in der
Gemeinschaft der Völker und der europäischen Völkerfamilie wieder
einnehmen konnte.
Auch wenn wir heute eine völlig geänderte Ausgangslage haben, die
politischen Zielsetzungen von damals unterscheiden sich nicht
grundsätzlich von denen von heute. Arbeit für alle und Wohlstand für
alle sind Ziele, die heute wie damals im kriegszerstörten
Deutschland, auch heute noch unter deutlich veränderten Umständen,
Zustimmung verdienen. Es sind Ziele, die auch heute erreichbar sind!
Ordnungsprinzipien
Gleiches gilt auch für die tragenden Ordnungsprinzipien des
Konzepts der Sozialen Marktwirtschaft. Die Gewährleistung
individueller Freiheit und die sozialen Grundprinzipien von
Solidarität und Subsidiarität sind zeitlos gültige Prinzipien.
Solidarität als das wechselseitige Angewiesensein aller
Gesellschaftsmitglieder aufeinander. Subsidiarität als das Prinzip
des Vorrangs der kleineren Einheit, der Ausrichtung
gesellschaftlicher Institutionen auf den Menschen. Auch diese
Ordnungsprinzipien haben nach wie vor nichts von ihrer Gültigkeit
verloren.
Der Mensch muss im Mittelpunkt stehen und die konkrete
Ausgestaltung dieser Ordnungsprinzipien muss sich am Menschen
orientieren, an seinen Stärken und an seinen Schwächen.
Fehlende Balance
Die Balance aber zwischen diesen Elementen, zwischen den
Bausteinen einer modernen Gesellschaft, wie Oswald von Nell-Bräuning
formuliert hat, die Balance ist aus den Fugen geraten. Sie gilt es
wieder herzustellen.
Was sind die zentralen Aufgaben deutscher Wirtschafts-,
Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik heute?
Freiheit und Verantwortung, Markt und Wettbewerb, Solidarität und
soziale Sicherheit müssen wieder ein funktionsfähiges Ganzes bilden.
Um die richtige Balance wieder zu finden, um ein tragfähiges
Gleichgewicht zwischen diesen einzelnen Elementen wieder
herzustellen, brauchen wir eine Wirtschafts- und Sozialpolitik aus
einem Guss.
In den Düsseldorfer Leitsätzen "Zur Verwirklichung der Sozialen
Marktwirtschaft" aus dem Jahre 1949 findet man die von Ludwig Erhard
formulierte Maxime wieder:
"Die beste Sozialpolitik nützt nichts, wenn sich nicht
Wirtschafts- und Sozialordnung wechselseitig ergänzen und fördern."
Wir sind in unserem Land genau an diesem Problem angelangt.
Selbstblockade der Bereiche Wirtschaft und Soziales
Die Wirtschafts- und Sozialordnung in unserem Lande ergänzen sich
nicht mehr. Die Räder greifen nicht mehr ineinander. Sie blockieren
sich gegenseitig. Dies wird an vielen Beispielen deutlich.
Wenn in unserem Lande im zurückliegenden Jahr die
Schattenwirtschaft weit kräftiger gewachsen ist als die offizielle
Wirtschaft, dann ist offenkundig Arbeit genug vorhanden. Aber ebenso
offenkundig wird dadurch auch, dass ein Übermaß an Regulierung und
Abgabenbelastung die Leistungsbereitschaft der Menschen hemmt.
Symptome der Blockade
Dies führt dazu, dass sich wirtschaftliche Dynamik nur noch in
Bereichen minderer Regulierungsdichte wirklich entfalten kann. Wenn
im zurückliegenden Jahr das wirtschaftliche Wachstum im Mittelstand
und im Handwerk deutlich unter dem ohnehin schon schwachen
gesamtwirtschaftlichen Durchschnitt liegt, so ist dies ein deutliches
Indiz für die schwierige Lage kleiner und mittelständischer
Unternehmen. Also jener Unternehmen, die in der Vergangenheit
deutlich am meisten zur Schaffung von mehr Ausbildungs- und
Arbeitsplätzen beigetragen haben.
Beitragsbelastung
Anfang 2002 liegt die Beitragsbelastung der Sozialversicherungen
bei deutlich über 41 Prozent, ein weiterer Anstieg der
Beitragsbelastung zeichnet sich ab. Dies ist ein eindeutiger Beleg
für dringenden Reformbedarf in den sozialen Sicherungssystemen.
Dieser Bedarf an Reformen wird derzeit durch einen Bundeszuschuss in
Höhe von rund 72 Mrd. Euro aus dem Bundeshaushalt an die
Rentenversicherung kaschiert. Diese Zuschüsse verhindern, dass die
Beitragsbelastung um weitere acht Prozentpunkte höher liegt.
Bund, Länder und Gemeinden sowie die Bundesanstalt für Arbeit
geben jährlich über 100 Mrd. Euro für den Arbeitsmarkt aus, ohne dass
eine deutliche Verbesserung der Arbeitsmarktlage erkennbar wird.
Dies ist ein deutlicher Hinweis auf die Notwendigkeit, das
Kurieren an Symptomen einzustellen und den Arbeitsmarkt endlich zu
reformieren.
III.
Politik aus einem Guss
Wir werden unser Land nur nach vorne bringen können, wenn die
Wirtschafts- und Sozialpolitik wieder stärker in ein
ordnungspolitisches Gesamtkonzept eingebettet wird.
Konkret: Die Ausgestaltung unserer sozialen Ordnung muss den
Übergang von der Industriegesellschaft zur Dienstleistungs- und
Informationsgesellschaft fördern, anstatt ihn zu behindern.
Die historisch gewachsene Ordnung des Arbeitsmarktes, der
Sozialversicherung sowie des Steuer- und Transfersystems muss
weiterentwickelt werden. Sie muss an die sich verändernden Strukturen
einer Volkswirtschaft angepasst werden, deren wichtigste
Beschäftigungspotenziale nicht mehr in der industriellen Fertigung,
sondern im Dienstleistungssektor liegen.
Die Formulierung und Umsetzung einer Wirtschafts- und
Sozialpolitik aus einem Guss ist deshalb so wichtig, weil wir das
gesamte Beschäftigungspotenzial unserer Volkswirtschaft erschließen
wollen und nicht nur Teile dessen. Es geht eben nicht darum, wie bei
der Regierung Schröder, immer fallweise durch politische
Interventionen bestehende Beschäftigung zu retten. Die Betriebe
selbst müssen mit guten Rahmenbedingungen, die nicht der
tagespolitischen Opportunität unterliegen, neue Beschäftigung
aufbauen können.
Wirtschafts- und Sozialpolitik aus einem Guss kann in diesem
Zusammenhang aber nur bedeuten, die Eigenverantwortung und die
Möglichkeiten der Eigengestaltung für die Betriebe, für die
Arbeitnehmer wie die Arbeitgeber, umfassend zu stärken.
Noch einmal Ludwig Erhard: "Eine freiheitliche Wirtschaftsordnung
kann auf die Dauer eben nur bestehen, wenn auch im sozialen Sektor
ein Höchstmaß an Freiheit, privater Initiative und Selbsthilfe
gewährleistet wird."
Stärkung der Eigenverantwortung
Wir müssen also auch im Bereich der Sozialpolitik Freiheit und
Eigenverantwortung des Einzelnen stärken, dem Prinzip Subsidiarität
mehr Geltung verschaffen und in der Folge auch den Einfluss des
Staates zurückführen. Diese Erkenntnis muss wieder belebt werden. Nur
so können wir an die Tradition und das Gedankengut der Sozialen
Marktwirtschaft anknüpfen.
Jeder Einzelne hat die Pflicht, bevor er Ansprüche an die
Solidargemeinschaft stellt, die ihm zur Verfügung stehenden
Möglichkeiten und Chancen zu nutzen. Subsidiarität als Voraussetzung
für Solidarität in der Gesellschaft geht von einem Menschenbild aus,
das dem Einzelnen die Wahrnehmung der eigenen Verantwortung nicht
zumutet, sondern zutraut. Diese Einsicht muss politisch wieder
stärker umgesetzt werden.
Wir müssen den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen
Ordnungsrahmen auf den Prüfstand stellen, die Marktkräfte durch
Deregulierung besser zur Entfaltung bringen und in den sozialen
Sicherungssystemen die Eigenverantwortung der Versicherten stärken.
Wettbewerb und Solidarität
Soziale Sicherheit und Solidarität muss innerhalb und mittels
unserer marktwirtschaftlichen Ordnung gewährleistet werden.
Es hat uns, die Union aus CDU und CSU, stets ausgezeichnet, für
eine Politik zu stehen, die Markt, Wettbewerb und Solidarität in der
Gesellschaft zusammenführt und keine falschen Gegensätze aufbaut.
Wettbewerb und Solidarität müssen zusammenwirken.
IV.
Nirgendwo wird dies derzeit deutlicher als in der
Arbeitsmarktpolitik.
Nebenbei bemerkt:
Wir nehmen den Begriff Arbeitsmarkt ohne zu zögern in den Mund,
obwohl sich mittlerweile schon die Frage stellt, ob der Begriff Markt
den Grundzustand überhaupt noch zutreffend charakterisiert.
Überregulierter Arbeitsmarkt
Wir haben uns in Deutschland im Bereich des Arbeitsmarktes an eine
Vielzahl von staatlichen Eingriffen, Reglementierungen und an einen
enormen Einsatz öffentlicher Finanzmittel gewöhnt. Dies ist nicht nur
ein Problem für die öffentlichen Haushalte, sondern auch für die
Institutionen, die das viele Geld sinnvoll verwenden müssen, allen
voran die Bundesanstalt für Arbeit.
Die rot-grüne Regulierungslawine - vom Scheinselbständigengesetz
über die Neuregelung der 630-Mark-Stellen bis zum Rechtsanspruch auf
Teilzeit - tut hier ein übriges.
Deregulierung des Arbeitsmarktes
In diesem Lande ist offenbar die Vorstellungskraft völlig abhanden
gekommen, dass auch der Markt einiges zur Lösung der Probleme auf dem
Arbeitsmarkt beitragen kann.
Dies müssen wir ändern. Wir müssen den Marktkräften wieder etwas
mehr Luft zum Atmen lassen. Dies erreicht man nur, wenn man den
Arbeitsmarkt nicht "rückreguliert" sondern zukunftsorientiert
reformiert.
Die rot-grüne Gesetzesflut muss eingedämmt und wieder
zurückgedrängt werden, die Ordnungsprinzipien Solidarität und
Subsidiarität müssen wieder im richtigen Sinne zur Geltung kommen.
Solidarität ist keine Einbahnstrasse, es besteht nicht nur eine
Pflicht der Gesellschaft gegenüber dem Einzelnen. Auch der Einzelne
muss im Rahmen seiner Fähigkeiten und Möglichkeiten für sich
Verantwortung tragen, für seinen Lebensunterhalt zunächst selbst
sorgen.
Arbeit muss sich lohnen
Dies setzt voraus, dass sich Arbeit und Leistung in unserem Lande
wieder lohnt und Nichtarbeit nicht auch noch oder sogar besser
belohnt wird. In Deutschland muss wieder der Grundsatz gelten, dass
derjenige, der arbeitet, grundsätzlich mehr verdient, als derjenige,
der nicht arbeitet und soziale Transferleistungen erhält.
Um dies zu erreichen, sind eine ganze Reihe von Reformen
erforderlich. Die Unionsfraktion hat in den zurückliegenden Monaten
Vorschläge erarbeitet und unterbreitet, wie diesem Prinzip wieder
mehr Geltung verschafft werden kann.
Niedriglohnbereich
Dazu gehört die Wahrung des Lohnabstandsgebots durch die
Neugestaltung der Sozialhilfe und ihre Verzahnung mit der
Arbeitslosenhilfe. Dazu gehört in einem weiteren Schritt die
Schaffung eines akzeptabel ausgestalteten Niedriglohnsektors.
Auch die Anreize zur Aufnahme einer Beschäftigung müssen
verbessert werden. Das Prinzip "Fördern und Fordern" muss in der
Arbeitsmarktpolitik wieder stärker zur Geltung kommen.
Subsidiarität auf dem Arbeitsmarkt
Zur Wiederherstellung einer tragfähigen Balance zwischen den
Ordnungsprinzipien gehört auch die Stärkung des Prinzips der
Subsidiarität in der Arbeitsmarktordnung. Dies zeigen nicht zuletzt
die Geschehnisse um die Bundesanstalt für Arbeit in den letzten
Wochen.
Die Bundesanstalt für Arbeit hat - dies ist in den letzten Tagen
überdeutlich geworden - mit ihren überkommenen Strukturen allergrößte
Mühe, die bereit stehenden öffentlichen Mittel tatsächlich auch
sinnvoll zu verwenden. Mangelhafte Erfolgskontrolle und zuwenig
Wettbewerb sind der Nährboden für Ineffizienz und Leerlauf in der
Arbeitsmarktpolitik.
Die arbeitsmarktpolitische Verantwortung vor Ort, also bei den
lokalen Arbeitsämtern und Kommunen, muss gestärkt werden. Dazu gehört
mehr Entscheidungsfreiheit über die Verwendung finanzieller Mittel
wie auch verstärkter Wettbewerb und Kooperation mit privaten
Arbeitsvermittlern oder Zeitarbeitsfirmen. Nur so lässt sich
erreichen, dass Arbeitslosigkeit nicht länger nur verwaltet,
bewirtschaftet und verdeckt wird, sondern gerade den Problemgruppen
am Arbeitsmarkt wirksam geholfen wird.
Arbeit wird vor Ort geschaffen
Mehr denn je muss einem Grundsatz Geltung verschafft werden, der
da lautet: Arbeit wird vor Ort geschaffen!
Entgegen der von der Bundesregierung vertretenen Auffassung und
entgegen der von ihr betriebenen Politik wird sich die Union wieder
für die Stärkung des Prinzips der Subsidiarität einsetzen. Es sind
die kleinen Einheiten, die kleinen Betriebe, die Städte und
Gemeinden, die besser wissen, wie Beschäftigung entsteht, nicht die
großen anonymen Strukturen und Verwaltungen.
Betriebliche Ebene stärken
Zu den notwendigen Schritten gehört eine Reform des
Betriebsverfassungsgesetzes, die die Bezeichnung Reform auch wirklich
verdient. Die tarifpolitischen Entscheidungsspielräume auf
betrieblicher Ebene müssen gestärkt werden. Wir müssen die
Möglichkeiten für betriebliche Bündnisse für Arbeit erweitern.
Damit schaffen wir die Möglichkeit, in Krisen flexibel zu
reagieren, ohne dass jedes Mal wie bei Holzmann die Kulissen für die
politische Wanderbühne des Bundeskanzlers aufgebaut werden müssen.
V.
Arbeitslosigkeit kein unabwendbares Schicksal
Andere Länder haben uns vorgemacht, was an arbeitsmarktpolitischen
Erfolgen möglich ist. In unserem Lande liegt die offizielle
Arbeitslosenquote nach internationaler Messung bei über 8 Prozent, in
den neuen Ländern ist im Monat Februar 2002 ein historischer
Höchststand erreicht worden. Wir liegen   deutlich über dem
OECD-Durchschnitt, während uns Länder wie Dänemark oder Niederlande
mit 4,5 Prozent bzw. 2,2 Prozent zeigen, was tatsächlich erreicht
werden kann. Hohe Arbeitslosigkeit ist also kein unabwendbares
Schicksal.
Wir dürfen nicht hinnehmen, dass konjunkturelle Aufschwünge, die
in anderen Ländern regelmäßig stärker ausfallen und auch zu mehr
Beschäftigung führen, in Deutschland weitgehend am Arbeitsmarkt
vorbeigehen. Der Teufelskreis aus Wachstumsschwäche, hoher und
stagnierender Arbeitslosigkeit, explodierenden Sozialausgaben und
permanenter Überforderung der öffentlichen Haushalte muss
durchbrochen werden.
Politischer Anspruch
Unser Land bleibt weit hinter seinen Möglichkeiten zurück. Die
Menschen, vor allem diejenigen, die arbeitslos geworden sind, werden
um ihre ganz persönlichen Möglichkeiten und Chancen gebracht. Daran
etwas zu ändern, ist die vordringlichste Aufgabe der Politik. Dabei
müssen wir uns orientieren am Leitbild des mündigen,
eigenverantwortlich und zugleich solidarisch handelnden Bürgers.
Die Umsetzung dieses Leitbildes in konkrete Politik wird nicht
ohne Konflikte und Auseinandersetzungen geschehen. Dafür ist die
Gewöhnung unserer Gesellschaft an den all zuständigen und
allumfassenden Wohlfahrtsstaat wohl schon zu groß. Nichtsdestoweniger
sind diese Reformen notwendig und wir sollten sie beherzt und mutig
auf den Weg bringen.
Mit Ihnen, meine Damen und Herren, wollen wir heute über unsere
Vorstellungen diskutieren. Wir freuen uns, dass Sie in so großer Zahl
unserer Einladung gefolgt sind. Wir haben uns viel vorgenommen - für
heute und vor allem für die Zeit nach der Bundestagswahl. Mit einem
Bundeskanzler Edmund Stoiber wollen wir Deutschland wirklich und
endlich voranbringen.
Deshalb auch Ihnen, lieber Edmund Stoiber, hier in der Mitte des
Ruhrgebietes, in der industriellen Herzkammer Deutschlands, ein
herzliches Willkommen noch einmal und Glückauf - Glückauf für
Deutschland, Glückauf aber auch für Nordrhein-Westfalen und seine
Menschen. Die Union stellt sich gerade hier an Rhein und Ruhr den
Herausforderungen unser Zeit.

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  • 05.03.2002 – 15:45

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    Berlin (ots) - Einladung zur Pressekonferenz zu den aktuellen Arbeitsmarktzahlen mit dem wirtschaftspolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Matthias Wissmann MdB. Zeit: Mittwoch, 6. März 2002, 11:00 Uhr Ort: Fraktionsebene, vor dem Fraktionssitzungssaal im Reichstagsgebäude ots Originaltext: CDU/CSU-Bundestagsfraktion Im Internet recherchierbar: ...