ARD-Sendung "Boulevard Bio" - Schröder: Antisemitismus-Debatte der FDP schadet Deutschlands Ansehen
Köln (ots)
Bundeskanzler Gerhard Schröder hat die FDP-Führung erneut aufgefordert, den Antisemitismus-Streit und die Diskussion um den Verbleib des früheren Grünen-Abgeordneten Jamal Karsli in der Düsseldorfer FDP-Fraktion zu beenden. "Die müssen das in Ordnung bringen, sonst ist die FDP keine ernstzunehmende politische Kraft mehr", sagte Schröder am Dienstag abend in der Sendung "Boulevard Bio" im Ersten. Die vom stellvertretenden FDP-Vorsitzenden Jürgen W. Möllemann begonnene Antisemitismus-Diskussion "schadet dem Ansehen Deutschlands im Ausland ", sagte Schröder. Ihn beschäftige insbesondere, dass sich die FDP-Ehrenvorsitzenden Hans-Dietrich Genscher und Otto Graf Lambsdorff bei der Sondersitzung des FDP-Landesvorstandes am Montag abend in Düsseldorf nicht hätten durchsetzen können und sich wie "Schuljungen" behandeln ließen. Der FDP-Landesvorstand hatte sich am Vortag für den Verbleib des umstrittenen Politikers Karsli als Mitarbeiter in der FDP-Fraktion entschieden.
Schröder nahm zugleich den Schriftsteller Martin Walser vor Antisemitismus-Vorwürfen in Schutz. Hintergrund ist ein unveröffentlichtes Buch Walsers, in dem der Autor nach Angaben einiger Literaturkritiker eine antisemitische Haltung erkennen lassen habe. Schröder wollte sich zu dem Buch nicht äußern, da er es nicht kenne. Walser habe aber in früheren Diskussionen "in seltener Klarheit seine Verurteilung des Holocausts deutlich gemacht", sagte Schröder. Auch der Literaturnobelpreisträger Günter Grass, der als weiterer Gast in die Sendung eingeladen war, wies die Antisemitismus-Vorwürfe gegen Walser zurück. In Walsers umfangreiches Lebenswerk finde sich "keine einzige Zeile, die auch nur einen Hauch von Antisemitismus hat." Die ganze Auseinandersetzung sei ein "Feuilleton-Krieg" und ein "unfairer Vorgang ersten Ranges".
Schröder äußerte in der ARD-Sendung auch Verständnis für die Sorgen der Deutschen vor übertriebenen Preiserhöhungen im Zuge der Euroumstellung. In wichtigen Dienstleistungsbereichen gebe es den Versuch, Kasse zu machen, sagte er. Die Inflationsrate von unter zwei Prozent zeige aber, dass dies nicht für alle Bereiche gelte. Schröder riet den Verbrauchern "aufzupassen und sich verbraucherbewusst zu verhalten". Außerdem müssten die "schwarzen Schafe" benannt und mit "Kaufenthaltung bestraft" werden. Inzwischen begännen die Preise sich aber wieder zu normalisieren, sagte der Kanzler.
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