WDR 2 testet neue Bahnpreise: Große Preisunterschiede je nach Beratung
Köln (ots)
"Seit 1835 machen wir die Preise, jetzt sind Sie dran" - den Werbeslogan der Deutschen Bahn AG sollten Kunden wörtlich nehmen, wenn sie beim neuen Tarifsystem sparen wollen. Denn je nach Beratung können sich die Preise für ein und die selbe Reise deutlich unterscheiden. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung des Kölner Instituts für Angewandte Verbraucherforschung zur Beratungsqualität beim neuen Preissystem im Auftrag der WDR 2-Verbrauchersendung "Quintessenz" (WDR 2, Mo.-Sa., 14.30-15.00 Uhr). So lagen zwischen dem niedrigsten und dem höchsten Preis je nach Beratung Preisunterschiede von fast 100 Prozent. Zwar wurden die Rabatte nach den neuen Plan- und Spartarifen weitgehend ausgeschöpft. Doch häufig wiesen die Berater nicht auf preiswertere Verbindungsalternativen hin.
So wurde bei einer Modell-Familie, die Mitte Januar von Bielefeld nach Stuttgart reisen möchte, häufig die zwar schnellste, aber auch teuerste Verbindung herausgesucht. Dabei hätte die Familie mit einmal mehr umsteigen über 50 Euro sparen können. Auch den Kauf einer Bahncard empfahlen die wenigsten Berater, obwohl er sich schon bei einer weiteren längeren Reise für die Familie gelohnt hätte.
Sogar über 120 Euro betrug die Preisdifferenz im Fall eines siebenköpfigen Kegelclubs aus Wanne-Eickel, der einen Wochenendausflug nach Cochem an der Mosel plant. Nur wenigen Beratern fiel auf, dass sich durch die Kombination von Gruppensparpreis für die Hinfahrt und Wochenendticket für die Rückfahrt kräftig sparen lässt. Gerade beim Beispiel Kegelclub zeigte sich, dass es auch beim neuen Preissystem durchaus Mängel in punkto Transparenz gibt: In einigen Zügen war der günstigste Gruppensparpreis bereits vergriffen, durch ein Ausweichen auf den normalen Mitfahrer-Rabatt hätten die Kegelbrüder aber immer noch rund 60 Euro sparen können. Doch diese Variante wurde in keinem Beratungsgespräch angeboten.
Auch auf die Konditionen einer Buchung wurde nicht in allen Fällen hingewiesen - mit unter Umständen schwerwiegenden Folgen. So bei einem älteren Ehepaar aus Aachen, das eine Hin- und Rückfahrt zum Frankfurter Flughafen buchen will. Nur vier von 15 Beratern machten darauf aufmerksam, dass das Zug-Ticket verfällt, wenn die beiden Urlauber die Verbindung für die Rückfahrt verpassen - etwa durch einen verspäteten Flieger.
Fazit der Untersuchung: Das neue Preissystem ist bei weitem nicht so transparent, wie von der Bahn-Werbung behauptet - vor allem durch eine Fülle unterschiedlicher Verbindungspreise, abhängig von Schnelligkeit, Umsteigehäufigkeit und Komfort der Züge. Bahnkunden sollten daher nicht allein auf die Reiseauskunft am Bahnschalter oder im Reisebüro vertrauen, sondern sich vorher über mögliche Verbindungen informieren und während des Beratungsgespräches gezielt nach Alternativen fragen. So lässt sich durch einmal mehr umsteigen oder eine Verbindung später viel Geld sparen.
Für die Untersuchung führte das Institut für Angewandte Verbraucherforschung Anfang Dezember insgesamt 45 Beratungsgespräche - 30 in Reisezentren der Bahnhöfe und Reisebüros in ganz Nordrhein-Westfalen sowie 15 mit Callcentern der Bahn.
Die Ergebnisse werden am Donnerstag, 19.12.2002, 14.30 Uhr, im Verbrauchermagazin "WDR 2 Quintessenz" im Einzelnen vorgestellt.
Redaktion: Wolfgang Landmesser
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