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WDR-Studie: In Deutschland lebende Türken nutzen deutsche und türkische Fernsehprogramme selbstverständlich nebeneinander -

Köln (ots)

Gutes Image der Öffentlich-Rechtlichen bei
Informationen und Ratgeber- und Service-Sendungen
Die meisten in Deutschland lebenden jungen Türkinnen und Türken 
nutzen deutsche und türkische Fernsehprogramme gleichrangig 
nebeneinander. Während in türkischen Programmen vorwiegend Serien, 
aber auch Nachrichten und Filme eingeschaltet werden, nutzen 
türkische Zuschauerinnen und Zuschauer im deutschen Fernsehen vor 
allem Informations- und Ratgebersendungen sowie Wissensmagazine, 
Comedy und Spielfilme. Das sind einige der wichtigsten Ergebnisse 
einer ersten umfassenden Studie der WDR-Medienforschung zu 
Einstellung und Mediennutzung junger Türkinnen und Türken im Alter 
von 14 bis 49 Jahren in Nordrhein-Westfalen. "Die Ergebnisse zeigen 
sehr klar, dass die meisten in Deutschland lebenden Türkinnen und 
Türken sich nicht in ein Medien-Ghetto zurückziehen. Sie nutzen 
deutsches und türkisches Fernsehen ganz selbstverständlich 
nebeneinander und sehen in diesem Mix auch einen Ausdruck ihrer durch
zwei Länder und Kulturen geprägten Lebensstile", Dr. Claudia Schmidt,
Hauptabteilungsleiterin Kommunikation, Forschung und Service.
Die Studie stützt sich auf mehrere Gruppendiskussionen über 
Selbstverständnis und Mediennutzung sowie auf eine repräsentative 
Umfrage unter 500 in NRW lebenden Jugendlichen und Erwachsenen 
türkischer Herkunft zur Mediennutzung. Die qualitative Untersu-chung 
ergab, dass sich die jüngeren Türken unmittelbar und offensiv zu 
ihrem "Türkisch-Sein" bekennen und ein trotzig-stolz ausgeprägtes 
Bewusstsein für die türkische Identität haben ("Ich bin Türke."). Sie
definieren sich stark über Herkunft und Religion. Die 30- bis 
49-Jährigen (meistens erste und zweite Generation der in Deutschland 
lebenden Türken) sehen ihre Identität differenzierter: Sie fühlen 
sich einerseits in Deutschland recht gut integriert, bekennen sich zu
ihren türkischen Wurzeln und haben eine starke Bindung an die Türkei.
Sie sehen sich als "Türken in Deutschland" und gestalten ihren Alltag
souverän.
Der Umfrage zufolge nutzen 60 Prozent der Türkinnen und Türken 
deutsche Fernsehprogramme und 70 Prozent die über Kabel und Sa-tellit
verfügbaren türkischen Programme. Je nach Altersgruppe gibt es jedoch
Unterschiede: Die jüngeren Türken nutzen weit mehr deut-sche 
Programme als die älteren. Unter den 14- bis 29-Jährigen gaben 68 
Prozent an, deutsche und türkische Programme einzuschalten. Bei den 
30- bis 49-Jährigen überwiegt dagegen die Nutzung türkischer Sender 
(72 Prozent) vor der deutscher Angebote (55 Prozent).
Die deutschen und türkischen Programme erfüllen dabei 
unter-schiedliche Funktionen für die Identitäts- und Meinungsbildung.
Am türkischen Fernsehen schätzen die Türkinnen und Türken die 
Emotionalität, die nicht nur in fiktionalen Angeboten sondern auch in
Nachrichten und Magazin-Sendungen vermittelt wird. Türkisches 
Fernsehen bietet in ihren Augen Familienfernsehen im klassischen 
Sinne: Es ermöglicht das Zusammenkommen der Familie vor dem 
Fernseher, thematisiert familiäre Bindungen und lässt jeden zum Teil 
der Zuschauergemeinde werden. Deutsches Fernsehen dagegen steht für 
Sachlichkeit und Distanz. Es gilt inhaltlich als substanzieller, 
seriöser, glaubwürdiger und objektiver in der Berichterstattung.
ARD und ZDF wird die höchste Kompetenz bei Informationssendun-gen 
attestiert, während bei den kommerziellen deutschen Program-men in 
erster Linie Unterhaltungssendungen geschätzt werden. Besonders bei 
Nachrichten, politischen Magazinen und Reportagen, Service-Sendungen 
und regionalen Informationen haben die öffentlich-rechtlichen Sender 
ein gutes Image.
Der WDR hebt sich unter den ARD-Sendern noch mal ab, da er im 
Ur-teil der Türkinnen und Türken "der einzige Sender ist, der sich 
detailliert mit Migranten in Deutschland auseinandersetzt". Diese 
positive Einschätzung bezieht sich im Hörfunk insbesondere auf "WDR 
Funkhaus Europa", das sich in 16 Sprachen und in Deutsch an 
Zuwande-rer und Deutsche wendet. Aber auch WDR Fernsehen genießt vor 
allem mit CosmoTV und Dokumentationen zum Thema Migration ein 
ausgesprochen hohes Ansehen.
Die Untersuchung zeigt weiter, dass Integrationsangebote vor allem
dann wirksam sind, wenn sie in attraktiven und stark genutzten 
Sen-dungen und Genres eingebunden sind. Eine besondere Rolle spielen 
hier Serien und Spielfilme. Auch Dokumentation, Reportagen und 
Magazine, die die Lebenswirklichkeit der türkischen Zuschauerinnen 
und Zuschauer aufgreifen und Orientierung bieten, sind in dieser 
Hinsicht wichtige Formate.
Obgleich die Programmqualität des deutschen Fernsehens generell 
geschätzt wird, ergibt sich bei anderen Punkten ein durchaus 
kriti-sches Bild. Deutlich wird der Wunsch nach einem positiveren 
Bild der Türkei im deutschen Fernsehen und nach einer stärkeren 
Präsenz von Moderatoren und Darstellern türkischer Herkunft. Der 
Aussage "Das Bild, das im deutschen Fernsehen von der Türkei gezeigt 
wird, ist oft zu negativ" stimmten 72 Prozent der Türkinnen und 
Türken zu. 75 Prozent wünschen sich im deutschen Fernsehen mehr 
Hinter-grundinformationen aus der Türkei.
Auch bei den sehr beliebten fiktionalen Sendungen gibt es Hinweise
auf kulturell bedingte Zugangsbarrieren zum deutschen Fernsehen. Der 
Aussage "Die Serien im deutschen Fernsehen zeigen oft zu wenig 
Gefühl" stimmte die Mehrheit der Befragten (60 Prozent) zu. Rund die 
Hälfte des türkischen Fernsehpublikums gab auch an, die Probleme und 
Handlungen der Serien im deutschen Fernsehen oft nicht nachvollziehen
zu können.
Die WDR-Untersuchung bestätigt zudem die starke Bedeutung von 
Identität stiftenden Akteuren im Fernsehen. Eine stärkere Präsenz von
Präsentatoren, Moderatoren und Schauspielern mit türkischem 
Hintergrund könnte auch zu einer stärkeren Bindung an die deut-schen 
Fernsehprogramme beitragen.
Weitere Details der Studie "Zwischen den Kulturen - Fernsehen, 
Ein-stellungen und Integration junger Erwachsener mit türkischer 
Her-kunft in Nordrhein-Westfalen" werden im Rahmen der Europäischen 
Medienkonferenz am 23. und 24. November in Essen in der Zeche 
Zollverein präsentiert. Darüber hinaus ist die WDR-Studie Gegenstand 
eines Fachseminars am 24. November im Essener Colosseum-Theater. Zu 
den Referenten gehört u. a. Prof. Dr. Joachim Trebbe, Universität 
Freiburg/Schweiz.
Hinweis: Das Fachseminar ist auch für Journalisten offen.
Termin: 24.11.2006, 14.00-16.00 Uhr,  Colosseum-Theater Essen, 
Altendorfer Straße 1, 45127 Essen. Bitte melden Sie sich per e-mail 
(wdr.pressestelle@wdr.de) an, wenn Sie teilnehmen wollen.
Eine Zusammenfassung der Studie kann in der WDR-Presselounge 
(www.wdr.de/unternehmen/presselounge) heruntergeladen oder in der 
Pressestelle bestellt werden (Tel.: 0221/220 8376).

Pressekontakt:

Uwe-Jens Lindner
WDR-Pressestelle
Tel. 0221/220-8475
uwe-jens.lindner@wdr.de

Original-Content von: WDR Westdeutscher Rundfunk, übermittelt durch news aktuell

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