FZ: "Ein anachronistischer Konflikt" - Kommentar der "Fuldaer Zeitung" (Dienstagausgabe) zur Lage an der Grenze zwischen Thailand und Kambodscha
Fulda (ots)
Es klingt absurd: Tote an der Grenze zwischen Thailand und Kambodscha - zweier aufstrebender Urlaubsländer, von denen man eigentlich annehmen sollte, dass sie die Schrecken der Kolonialzeit, der Indochinakriege und des Vietnamkonflikts längst hinter sich gelassen haben und sich heute allenfalls um betuchte Touristen balgen. Doch stattdessen schaukelt sich in den vergangenen Tagen ein Jahrzehnte alter Konflikt um einen halbverfallenen Tempel zu einer blutigen Tragödie hoch. Gewiss: Kriege sind schon aus weitaus nichtigeren Anlässen geführt worden. Wie oft waren es etwa allein verletzte Eitelkeiten und persönliche Animositäten unter Königen und Herrschern, deretwegen Tausende von Soldaten in den Tod geschickt wurden? Doch in der heutigen Zeit muten die Scharmützel um die Tempelanlage von Preah Vihear anachronistisch an - zumal es 1962 vor dem Internationalen Gerichtshof schon längst auf zivilem Wege eine Lösung der Gebietsfrage gab. Dabei es scheint so, als komme der aktuelle Konflikt vor allem der seit längerem nur auf wackligem rechtlichen Fundament agierenden Regierung in Bangkok gerade recht, um die Unzufriedenen im Land auf andere Gedanken zu bringen. Der Trick ist nicht neu: Die gezielt geschürte Aufwallung nationaler Gefühle haben schon viele Regierungen in aller Welt für ihre Zwecke zu nutzen gewusst. Da erscheint es fast als ein Segen, dass in Preah Vihear allem Anschein nach nicht auch noch religiöse Konflikte die Lage zusätzlich verschärfen. Die UN, die den umstrittenen Tempel 2008 zum Weltkulturerbe erklärt haben, stehen nun in der Pflicht, die beiden Streithähne zur Ordnung zu rufen - am besten mit einem "Zuckerbrot": einem Konzept für die künftige gemeinsame touristische Vermarktung des Gemäuers.
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