FZ: "Bazooka" und Brandmauern Kommentar der Fuldaer Zeitung zur Euro-Schuldenkrise:
Fulda (ots)
Schien es eine Zeit lang so, als entfalte die "Bazooka" der Europäischen Zentralbank, die die Banken mit mehr als einer Billion Euro billigen Geldes flutete, nachhaltig Wirkung, so flammt die Euro-Schuldenkrise nun scheinbar unversehens wieder auf. Doch es ist kein Zufall, dass ausgerechnet die französische Präsidentschaftswahl mit dem desaströsen Abschneiden von Amtsinhaber Nicolas Sarkozy neues Misstrauen über die Zukunftsfähigkeit der Union schürte. Denn mit dem umtriebigen Konservativen droht Stabilitätshüterin Angela Merkel der wichtigste Verbündete im Kampf um die Konsolidierung der Staatsfinanzen von der Fahne zu gehen. Der Sozialist François Hollande, der sich anschickt das Ruder im Élysée-Palast zu übernehmen, will die Koordinaten in der Euro-Zone hin zu mehr Wachstum verschieben und das Spardiktat des Fiskalpaktes schon wieder aufweichen. Das hieße, wenn er denn genug Verbündete in den europäischen Hauptstädten fände - und die Chancen dafür stehen wahrlich nicht schlecht: neue schuldenfinanzierte Ausgabenprogramme, das Verschieben dringend notwendiger Strukturreformen und die Degradierung der Europäischen Zentralbank zur reinen Gelddruckmaschine. Mehr Wettbewerbsfähigkeit auf den Weltmärkten erreicht man indes nicht mit Sozialromantik, sondern durch innovative Produkte mit einem knallhart konkurrenzfähigen Preis-Leistungs-Niveau. Bundesbank-Chef Jens Weidmann hatte vollkommen recht, als er vor nachlassendem Reformeifer und dem reflexartigen Ruf nach immer mehr billigem Geld warnte. Die in zahllosen Krisengipfeln errichteten Brandmauern - so hoch sie auch sind - werden das Feuer nicht löschen können. Sie verhindern aber die Ansteckungsgefahr. Die wieder ansteigende Zinskurve für italienische Anleihen und der massive Druck auf Spanien sind aber nur ein laues Lüftchen verglichen mit dem Sturm, der droht, wenn die mächtigen Ratingagenturen erst einmal ernsthaft an Frankreichs Bonität rütteln. Mit dem politischen Chaos in den Niederlanden und Rumänien hat die Schuldenkrise bereits neun europäische Regierungen hinweggefegt. Sarkozy könnte der nächste sein, der aus dem Amt gejagt wird. Zugleich ist Großbritannien, zwar nicht Mitglied der Euro-Zone, so doch eine wichtige Wirtschaftsmacht, in die Rezession geschlittert. Allmählich wird es immer einsamer um die deutsche Konjunkturlokomotive, die sich immense Lasten aufgeladen hat. Wenn die ungedeckten Schecks plötzlich fällig werden sollten, droht Europa endgültig die Kernschmelze.
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