FZ: "Gockel unter sich" - kommentar der "Fuldaer Zeitung" (Samstagausgabe, 23. Juni 2012) zum Wechsel von Gottschalk zu RTL/Bohlen
Fulda (ots)
Showgigant Thomas Gottschalk und Poptitan Dieter Bohlen in einer Sendung - ist das jetzt der ultimative Gipfel der TV-Unterhaltung oder das letzte Aufflackern einer zu Ende gehenden Medien-Epoche? Eher wohl Letzteres. Der Privatsender RTL, so wirkt es jedenfalls, schickt in einem fast verzweifelten Schritt noch einmal die beiden alten Schlachtrösser der Branche in den Kampf um die Quote - und wird es dennoch nie schaffen, noch einmal so viele Deutsche gleichzeitig um das flimmernde Lagerfeuer der Moderne zu versammeln, wie das in den Zeiten des öffentlich-rechtlichen Monopols der Fall war. Dabei macht dem Medium insgesamt nicht nur die Auffächerung in eine kaum noch überschaubare Sendervielfalt zu schaffen. Vielmehr halten immer mehr jüngere Zuschauer die berieselnde Eindimensionalität des Fernsehens für antiquiert. Sie wollen mitmachen, ernstgenommen werden - und tummeln sich deshalb lieber im Internet. Ob sie dort wirklich besser informiert und unterhalten werden, darf bezweifelt werden. Aber es fühlt sich für viele einfach besser an, und das zählt. Gottschalk wirkt schon länger mehr wie ein Fossil - und auch Bohlens Stern strahlt nicht mehr so hell am TV-Himmel wie noch vor wenigen Jahren. Seine mehr oder minder witzigen Sprüche werden wohl noch eine Weile als Filmschnipsel durchs Netz kursieren, aber die quälend langatmige Demütigung von meist talentfreien, aber dafür nah ans Wasser gebauten oder/und vorbestraften sogenannten Kandidaten wollen immer weniger Menschen vor der Glotze mitverfolgen. Da wird auch kein abgehalfterter "Wetten, dass ...?"-Moderator helfen, dessen zuletzt in der ARD penetrant zum Vorschein kommende Egomanie zu ZDF-Zeiten offenbar nur von papageienhafter Verkleidung und respektloser Schlagfertigkeit gegenüber großkopferten oder gernegroßen Showgästen kaschiert wurde. Möglicherweise hat es durchaus seinen Reiz, die beiden alternden Gockel respektive Streithähne einmal vor laufenden Kameras aufeinander loszulassen. Eine Castingshow als Feigenblatt bräuchte man dafür aber eigentlich nicht.
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