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Perspektive statt Krise
Kommentar der "Fuldaer Zeitung" (22. Juli 2023) zur Geburtenrate

Fulda (ots)

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass die Veröffentlichung der für unsere überalterte Gesellschaft verheerenden Geburten-Statistik in diesem Jahr zusammenfällt mit politischen Plänen, familienpolitische Leistungen deutlich einzuschränken. Das Ehegatten-Splitting - eigentlich erfunden, um berufstätigen Paaren die Entscheidung für Kinder zu erleichtern - soll nach dem Willen des SPD-Chefs abgeschafft werden; das Elterngeld, aus demselben Anlass eingeführt, will die Ampel für Besserverdienende streichen; und bei der Kindergrundsicherung gibt es schon Streit um die Kosten, bevor diese Art von Familienunterstützung überhaupt eingeführt wurde. Ermutigt man so Paare, sich für Kinder zu entscheiden?

Mag sein, dass die gestern vorgelegten Zahlen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie zu sehen sind: Das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung mutmaßt, dass durch die Impfung viele Frauen geplante Schwangerschaften aufgeschoben hätten. Mag sein, dass auch in anderen europäischen Ländern die Pandemie und die Impfung mitverantwortlich dafür sind, dass die Geburtenrate 2022 stark gesunken ist. Dennoch steht unterm Strich, dass in Deutschland viel zu wenige Kinder geboren werden, um dem Arbeitskräftemangel, der schon jetzt schlimme Auswirkungen hat, in Zukunft entgegenzuwirken. 1,46 Kinder pro Frau wurden 2022 geboren, 2,1 Kinder müssten es sein.

In den Internet-Netzwerken kursiert ein Text, in dem die staatlichen Leistungen für Familien aufgewogen werden gegen die Leistungen, die Asylbewerber erhalten. Wenn solche Vergleiche gerne auch mal auf "Fake News" basieren, so ist kaum zu übersehen: Kinderkriegen wird Eltern in Deutschland nach wie vor viel zu schwer gemacht - angefangen von der medizinischen Versorgung bis hin zu hohen Hürden bei Adoptionen. Die Debatte um das Elterngeld ist dafür symptomatisch: Akademikerpaare, denen man ja gerade die Entscheidung fürs Kind erleichtern will, erreichen schnell die Grenze von 150 000 Euro, ab der kein Elterngeld mehr gezahlt werden soll. Die Halbierung der bisherigen Grenze wird die Entscheidung gegen Kinder bei gewissen Paaren sicher begünstigen.

Wobei Geld nicht alles ist. Doch ob Kinderbetreuung, Bildungsangebote, Chancengerechtigkeit - es hakt ja überall. Dazu kommt ein immer schlechter werdendes gesellschaftliches Klima. In der Krise mit ihren Begleiterscheinungen fehlt vielen für Kinder einfach die Perspektive. Die Politik ist sicher nicht an allem Schuld, doch sie muss die Rahmenbedingungen für eine kinderfreundliche Gesellschaft schaffen. Sonst schaffen wir uns langfristig ab. / Bernd Loskant

Pressekontakt:

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Bernd Loskant
Telefon: 0661 280-445
Bernd.Loskant@fuldaerzeitung.de

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