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Gesetzliche Krankenkassen fordern strukturelle Reformen statt einseitige Belastungen der Versicherten

Bonn (ots)

Entlastung durch Steuerreform wird durch Mehrbelastungen bei der
   Gesundheitsreform verfrühstückt
Angesichts einer offenbar kurz bevorstehenden Einigung über eine
gemeinsame Gesundheitsreform appellierten die Spitzenverbände der
gesetzlichen Krankenkassen an die Politik, diese einmalige Chance zu
einer grundlegenden Strukturreform zu nutzen. Um das Vertrauen der
Wähler in die Politik nicht zu gefährden, sollten die Reformen sozial
ausgewogen und gerecht gestaltet werden, forderten die Kassen. Sie
warnten davor, einseitig die Versicherten für die derzeitigen
Einnahmeprobleme sowie für ungelöste Kapazitäts- und
Qualitätsprobleme im Gesundheitswesen mittels Leistungsausgrenzungen
und Zuzahlungen büßen zu lassen. Bleibt es bei den sich abzeichnenden
Leistungsausgrenzungen und Zuzahlungen, drohe Patienten und
Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen ein jährliches Notopfer
in zweistelliger Milliardenhöhe, durch das allerdings der
Beitragssatz in der gesetzlichen Krankenversicherung nur
vorübergehend sinken dürfte. Die Einkommensvorteile aus der
Steuerreform würden so vor allem den Versicherten mit mittlerem
Einkommen genommen, während untere Einkommensschichten durch die
Härtefallregelung schnell die Zuzahlungsgrenze erreichen würden.
Steuerentlastungen würden so der großen Mehrheit der Versicherten
wieder genommen durch Zusatzbeiträge, erhöhte Zuzahlungen und
Praxisgebühren. Da die sozial notwendigen Härtefallregelungen nicht
aus Steuergeldern finanziert werden sollen, sondern von den
Mitgliedern der jeweiligen Kasse aufzubringen seien, programmiere
eine derartige Reform auch weitere Wettbewerbsverzerrungen. Insgesamt
rechnen die Kassen daher mit konjunkturdämpfenden Effekten in
zweistelliger Milliardenhöhe. Da vor allem die Arbeitnehmer mit
mittlerem Einkommen bluten müssten, fehle der Konsumnachfrage in
Deutschland damit der entscheidende Impuls. Die rund 7 Milliarden
Entlastung aus der vorgezogenen Steuerreform würden durch einen gut
doppelt so starken Einkommensausfall zunichte gemacht. Dann würden
die Arbeitgeber trotz gesunkener Aufwendungen für
Krankenversicherungsbeiträge auch keine neuen Arbeitsplätze schaffen
können. Eine Ausgliederung des Krankengeldes und des Zahnersatzes in
private Zusatzversicherungen lehnten die Kassen entschieden ab. Die
gesetzlichen Krankenkassen könnten diese Leistungen wesentlich
wirtschaftlicher und preisgünstiger absichern als die private
Versicherungswirtschaft. Auch dürften medizinisch notwenige
Leistungen nicht aus der gesetzlichen Krankenversicherung
herausgenommen werden.
Die Spitzenverbände forderten deshalb die Verhandlungspartner von
Regierung und Opposition auf, im Interesse einer besseren
Versorgungsqualität und von mehr Wirtschaftlichkeit klare Regelungen
zum Vertragswettbewerb bei Ärzten und zugkräftige Maßnahmen zur
Behebung von Über-, Unter- und Fehlversorgung in der gesetzlichen
Krankenversicherung zu beschließen. Um einen Qualitätswettbewerb
unter den Ärzten zu initiieren, müssten die Blockademöglichkeiten der
Kassenärztlichen Vereinigungen fallen. Überkapazitäten in der
vertragsärztlichen und der stationären Versorgung müssten abgebaut
werden können. Flankiert werden müsse diese Maßnahme durch eine
Liberalisierung des Arzneimittelmarktes. Geeignete Instrumente hierzu
seien die Aufhebung des Mehrbesitzverbotes für Apotheken, die
Einführung des Versandhandels, Festbeträge auch für patentgeschützte
Arzneimittel und die Positivliste. Dringend notwendig sei auch die
Einführung der sogenannten vierten Hürde im Arzneimittelbereich zur
Kosten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln.
Die Kassen kündigten entschiedenen Widerstand an, falls die
strukturellen Reformen auf der Strecke blieben und von der Reform nur
Lastenverschiebungen übrig blieben. Solch eine Reform bliebe ohne
nachhaltig stabilisierende Wirkung für die Beitragssätze, weitere
Beitragssatzsteigerungen seien durch Geschenke an die
Leistungserbringer geradezu programmiert. Die Bereitschaft der
Bürger, neue Lasten zu tragen, werde zerstört, wenn die notwendigen
strukturellen Reformen ausblieben und medizinisch notwenige
Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung herausgeschnitten
würden. Repräsentative Umfragen zeigten außerdem, dass ein Abbau von
Leistungen zugunsten stabiler Beitragssätze nicht den Wünschen der
Bürger entspreche. Dann sei eine öffentliche Diskussion erforderlich,
warum so viele Politiker bereit seien, lieber den Patienten
Leistungsausgrenzungen, Zuzahlungserhöhungen und Praxisgebühren für
Arztbesuche zuzumuten, anstatt auch Zahnärzte, Ärzte, Apotheker und
Pharmafirmen dem rauen Wind des Wettbewerbs auszusetzen. Eine
Diskussion wollen die Kassen dann auch anstoßen, welchen Sinn in
einer sozialen Marktwirtschaft eine Reform habe, als deren Folge sich
Leistung für die Mehrheit mit mittleren Einkommen noch weniger lohne
als bisher, während Beamte und Großverdiener in der privaten
Krankenversicherung weiter vor solchen Lasten verschont blieben. Zu
diskutieren sei dann auch der Skandal, dass große Volksparteien durch
diese Reform die Flucht der freiwillig gesetzlich Krankenversicherten
in die private Krankenversicherung programmierten.
Diese Pressemitteilung finden Sie auch im Internet unter 
www.g-k-v.com.

Pressekontakt:

Federführend für die Veröffentlichung:
AOK-Bundesverband
Kortrijker Straße 1
53177 Bonn
Telefon: 0228-843 309 (Udo Barske, Pressesprecher)
Telefax: 0228-843 507 u. 322
email: udo.barske@bv.aok.de

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