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Bundesärztekammer

Gewebe nicht mit Arzneimitteln gleichstellen - Ärzte, Krankenhäuser und Krankenkassen warnen vor hohen Kosten, überbordender Bürokratie und Gefahren für die Transplantationsmedizin

Berlin (ots)

Hohe zusätzliche Kosten, Überregulierung und eine
Gefährdung der Versorgung mit Gewebetransplantaten - diese Folgen
befürchten Ärzte, Krankenhäuser und Krankenkassen, wenn die Pläne der
Bundesregierung zur Umsetzung der EU-Geweberichtlinie Wirklichkeit
werden sollten. Noch vor Abschluss des parlamentarischen Verfahrens
für das Gewebegesetz und möglichst noch vor Beginn der Sommerpause
will das Bundesgesundheitsministerium (BMG) durch eine Novellierung
der Pharmabetriebsverordnung Fakten schaffen: Nahezu alle
menschlichen Zellen und Gewebe sollen dem Arzneimittelgesetz (AMG)
unterstellt werden. Dagegen haben heute gemeinsam die
Bundesärztekammer, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und die
Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen protestiert.
Beide Rechtsetzungsvorhaben - der Entwurf des Gewebegesetzes und
die Pharmabetriebsverordnung - seien pauschal arzneimittelrechtlich
ausgerichtet, führten zu einer gravierenden Kostenbelastung und seien
zugleich mit einem nicht vertretbaren bürokratischen Aufwand
verbunden. Kliniken, die Gewebe zu Transplantationszwecken - wie
beispielsweise Herzklappen, Knochenmarkzellen oder Augenhornhäute -
entnehmen, konservieren und zur Transplantation abgeben, würden zu
pharmazeutischen Unternehmen oder externen Betriebsstätten von diesen
gemacht, kritisierten die Verbände. Deshalb müsse der Gesetzgeber
Nachbesserungen vornehmen und insbesondere für die Gewebeentnahme
eigene Regelungen losgelöst vom Arzneimittelrecht schaffen.
"Die pauschale Anwendung der Vorschriften des AMG auf alle Gewebe
und alle Prozessschritte der Spende, Beschaffung und Testung führt zu
einer Überregulierung, die weder von der EU-Geweberichtlinie
gefordert, noch vom Stand der medizinischen Wissenschaft her geboten
ist, dafür aber immense zusätzliche Kosten für die Krankenhäuser und
Gewebebanken nach sich zieht", kritisierte Dr. Werner Gerdelmann,
Stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Verbandes der
Angestellten-Krankenkassen (VdAK) und des
Arbeiter-Ersatzkassen-Verbandes (AEV), für die Spitzenverbände der
gesetzlichen Krankenkassen. Es sei davon auszugehen, dass diese
Kosten über die Fallpauschalen - sprich DRG - zu einer Steigerung der
Leistungsausgaben bei den Krankenkassen führten - "und das in einer
Größenordnung, die beitragssatzrelevant sein kann", so Gerdelmann.
Dr. Martin Walger, Geschäftsführer Personalwesen und
Krankenhausorganisation der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG),
zeigte sich erstaunt über den Gesetzentwurf. Er wies darauf hin, dass
die heutige Entnahme-Praxis weder Qualitätsmängel aufweise noch
Sicherheitsdefizite aufgetreten seien. Walger machte deutlich, dass
die Kliniken nach dem aktuellen Gesetzentwurf mit massiven
Verschärfungen der baulichen und organisatorischen Anforderungen
rechnen müssten. "Die dadurch entstehenden Mehrkosten summieren sich
auf einen einstelligen Millionenbereich." Dies sei für die
Krankenhäuser nicht zu schultern. In der Folge müssten die
Krankenhäuser als Betreiber von Gewebeeinrichtungen ausscheiden.
Die Regelungskonzeption des BMG trifft auch deshalb auf Ablehnung
der Verbände, weil die undifferenzierte Unterstellung aller
menschlichen Gewebe und Zellen unter das Arzneimittelgesetz nicht von
der EU-Geweberichtlinie verlangt wird. Allein die Vielzahl
arzneimittelrechtlicher Vorgaben bedingen einen immensen
bürokratischen Aufwand mit zum Teil jahrelangen Bearbeitungszeiten
durch die zuständigen Behörden. "Besonderer Ausdruck dieser
bürokratischen Orientierung ist die Vorwegnahme vieler
Detailregelungen des herstellerbezogenen Arzneimittelrechts in der
Novelle der Pharmabetriebsverordnung. Geschieht dies, so werden die
fehlorientierten arzneimittelrechtlichen Inhalte in einer Weise
vorbestimmt, die dem Gesetzgeber kaum noch Spielraum für die
Gestaltung des Gewebegesetzes lässt", sagte Prof. Dr. jur. Hans
Lilie, Mitglied der Ständigen Kommission Organtransplantation der
Bundesärztekammer.
Im Ergebnis wird aufgrund der jetzt vorliegenden
Umsetzungskonzeption die Existenz vieler Gewebebanken gefährdet, da
sie nicht mehr wirtschaftlich zu führen sind. "Mit einer solchen
undifferenzierten Regelungssystematik, die nur noch Rücksicht auf
sich selbst nimmt, gerät die Patientenversorgung mit großenteils
lebensnotwendigen Gewebetransplantaten ohne jede Not in Gefahr",
warnte Prof. Dr. Gerhard Ehninger, Mitglied des Wissenschaftlichen
Beirats der Bundesärztekammer.
Gemeinsame Pressemitteilung der Bundesärztekammer, der Deutschen
   Krankenhausgesellschaft und der Arbeitsgemeinschaft der
   Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen

Pressekontakt:

Pressestelle der deutschen Ärzteschaft, Tel. (030) 4004 56-700

Original-Content von: Bundesärztekammer, übermittelt durch news aktuell

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