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DIE ZEIT

ZEIT: Der Streit um die Ausstellung des Malers Willi Sitte geht weiter

Hamburg (ots)

Bernhard von Loeffelholz: "Der Künstler war im politischen Bereich
zugleich Täter"
Martin Warnke: "Sitte hat die Kulturfunktionäre immer wieder
irritiert; er lässt sich in keine Schublade einschließen
Bernhard von Loeffelholz, Mitglied des Verwaltungsrates des
Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg, und Martin Warnke,
Kunsthistoriker an der Universität Hamburg, äussern sich in der
jüngsten Ausgabe der Wochenzeitung DIE ZEIT zum Streit um den Maler
Willi Sitte, ehemaliger  Präsident des Verbandes Bildender Künstler
der DDR (1974 bis 1988).
Eine für 2001 geplante Ausstellung Willi Sittes im Germanischen
Nationalmuseum in Nürnberg wurde verschoben, da das Ziel des
Projektes, "das Geflecht von Anpassung und Widerstand", nicht
umgesetzt werden konnte. Von Loeffelholz protestiert: "Im Katalog
sollten keine Autoren zu Wort kommen, die Sitte ablehnend
gegenüberstehen. Dissidenten schieden gleich als parteiisch aus."
Über Willi Sitte: "Aus seiner kommunistischen Grundüberzeugung, die
sein künstlerisches Handeln bestimmt, macht er bis heute keinen Hehl.
Das könnte man als Charakterfestigkeit achten, wenn er sich als
Künstler nur im Möglichkeitsbereich einer besseren Gegenwelt bewegt
hätte. Willi Sitte war aber im politischen Wirklichkeitsbereich
zugleich Täter. Als ZK-Mitglied legte er im Tandem mit Kurt Hager die
Kunstdoktrin seiner Partei verbindlich fest, und als
Verbandspräsident setzte er sie mit allen Mitteln durch." Es bedarf
daher noch weiterer Vorarbeiten, "um eine seriöse Präsentation von
Willi Sitte zu veranstalten. Sein Werk soll der Öffentlichkeit nicht
vorenthalten werden, aber sein Wirken auch nicht."
Martin Warnke: "Versucht man von dem Funktionär abzusehen und
Willi Sittes Leistung als Künstler zu würdigen, so sieht man sich
einer künstlerischen Produktivkraft gegenüber, in der alle
Möglichkeiten und alle Abgründe der Kunstentwicklungen des
vergangenen Jahrhunderts enthalten sind ... In der antifaschistischen
Themenwahl, nicht aber in deren künstlerischer Gestaltung, reiht er
sich in die Phalanx des Sozialistischen Realismus sowjetischer
Prägung ein. Sittes Kunst hat deshalb die Kulturfunktionäre der
Partei immer wieder irritiert. Er wurde 1956 für ,ideologische
Verirrungen, Inkonsequenz und für revisionistische Erscheinungen
unter Künstlern in Halle' verantwortlich gemacht."
"Im Westen hat das persönliche Stilgebaren Sittes immer wieder
Bewunderer und Sammler gefunden", sagt Warnke,  "erst nach der Wende
von 1989 regten sich Kräfte, die wenigstens postum klare und korrekte
Verhältnisse herstellen und Sitte in eine Schublade einschließen
wollten, ein Unterfangen, das gegenüber einem so vielschichtigen und
problematischen Werk kaum gelingen kann."
Diese PRESSE-Vorabmeldung aus der ZEIT Nr. 9/2001 mit
   Erstverkaufstag am Donnerstag, 22. Februar 2001, ist unter
   Quellen-Nennung DIE ZEIT zur Veröffentlichung frei. Der
   Wortlaut des ZEIT-Textes kann angefordert werden.
Für Rückfragen steht Ihnen Elke Bunse, ZEIT-Presse- und
Öffentlichkeitsarbeit (Tel. 040/ 3280-217, Fax -558, e-mail: 
bunse@zeit.de) gern zur Verfügung.

Original-Content von: DIE ZEIT, übermittelt durch news aktuell

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