"Schwerwiegender Lapsus"
Klaus-Dietmar Henke fordert freie Einsicht
in die Stasi-Akten
Hamburg (ots)
Professor Klaus-Dietmar Henke, Direktor des Hannah-Arendt Instituts für Totalitarismusforschung an der TU Dresden, glaubt, dass der gegenwärtige Streit um das Stasi-Unterlagen-Gesetz auf einen unbedacht formulierten Zusatz in § 3 des StUG, der in der Praxis der Gauck-Behörde lange ignoriert wurde, zurückgeht. Dort heißt es, das man aus den Akten über Personen nur etwas erfahren darf, "soweit sie nicht Betroffene oder Dritte sind".
Henke: "Dies stellt das Gesetz einer vernünftigen Informationslegung aus personenbezogenen Unterlagen sofort wieder infrage ... Entscheidendes wäre verdeckt oder aus dem Kontext gerissen: Zensur, Doping, die politische Justiz, die Gewalt an der Grenze, der Windmühlenkampf gegen ein verkorkstes Wirtschaftssystem, Rivalitäten innerhalb der SED und so weiter. Über die NS-Verbrecher in mehr als 2000 Aktenbänden erführen wir dann natürlich auch nichts mehr, weil sie vom MfS zielgerichtet beobachtet und somit Betroffene' sind. Die Unberufensten könnten sich zu Opfern stilisieren."
Greift der Bundestag nicht ein, der im Januar noch einmal über das StUG beraten wird, so Henke weiter, werden die Benutzungsmöglichkeiten für die Stasi-Unterlagen weit hinter jene in anderen Archiven zurückfallen. Das gilt für die NS-Zeit genauso wie für die SED-Bestände. Unsichere Archivare würde eine restriktive Position dazu ermuntern, den Paravent "Datenschutz" noch beherzter zwischen sich und dem Benutzer aufzubauen.
Den kompletten ZEIT-Beitrag (DIE ZEIT Nr. 3, EVT 10.01.2002) zu dieser Meldung stellen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
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