Rechtsphilosoph Reinhard Merkel: Antiterrorflug-Abschussgesetz verletzt Grundrecht auf Leben
Hamburg (ots)
Reinhard Merkel, Professor für Strafrecht und Rechtsphilosophie an der Universität Hamburg, kritisiert das völlige Fehlen einer öffentlichen Diskussion um das Antiterrorflug-Abschussgesetz. "Am 18. Juni hat der Bundestag ein Gesetz verabschiedet, das einen beispiellosen Tabubruch im rechtlichen Fundament der Gesellschaft normiert", schreibt Reinhard Merkel in der ZEIT. Das Luftsicherungsgesetz (Paragraph 14, Absatz 3) erlaube dem Staat die gezielte, vorsätzliche und massenhafte Tötung unschuldiger Bürger, um andere unschuldige Bürger aus einer Lebensgefahr zu retten.
Rechtsphilosoph Merkel: "Es ist ausgeschlossen, rechtmäßig unbeteiligte Dritte zu töten, um das eigene oder das Leben anderer, und wären es Millionen, zu retten. Niemand kann rechtlich verpflichtet sein, aus Solidarität das eigene Leben für noch so viele andere herzugeben, die er nicht bedroht. Dass es ihm auch der Staat nicht aus Gründen einer solidarischen Pflicht nehmen darf: das eben stellen die Grundrechte klar." Vielleicht sei ein solches Gesetz heute unumgänglich, meint Merkel; aber zumindest müsse man sich seine Konsequenzen klar machen.
Gestatte sich der Staat die Opferung von Menschenleben zugunsten Dritter, wie es Paragraph 14 jetzt dem Verteidigungsminister erlaube, so entziehe er den Betroffenen ihre Grundrechte. Merkel: "Käme etwa der Staat der erpresserischen Forderung von Terroristen nach, einen Unschuldigen vor laufenden Kameras öffentlich hinzurichten, weil sich nur so die angedrohte Zündung einer versteckten Atombombe in einer deutschen Großstadt verhindern lässt, so handelte er ohne Zweifel unrecht. Wer das nicht glauben mag, stelle sich vor, er selbst sei der Hinzurichtende."
Den kompletten ZEIT-Beitrag der Meldung (ZEIT Nr. 29 mit Erstverkaufstag am Donnerstag, 08. Juli 2004) stellen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
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