Navid Kermani fordert von europäischen Muslimen kritische Auseinandersetzung mit dem Terrorismus
Hamburg (ots)
Nach dem Mord an dem holländischen Filmemacher Theo van Gogh sieht der in Berlin lebende Islamwissenschaftler Navid Kermani die europäischen Muslime unter einem Rechtfertigungszwang. In der ZEIT schreibt er: "Sie merken allmählich, dass sie sich mit dem Problem des Terrorismus auseinander setzen müssen. Dass sich das Ressentiment gegen sie verschärft, wenn im Namen ihrer Religion weltweit Anschläge verübt werden." Die meisten Moslems in Europa hätten das lange Zeit nicht eingesehen: "Ihre Reaktion war eher: Das hat mit uns nichts zu tun, weshalb sollen wir uns dafür rechtfertigen."
In Deutschland, so Kermani, fehle den Muslims der Ort, an dem sie sich öffentlich wirksam äußern könnten. "Eine islamische Öffentlichkeit gibt es so gut wie nicht, und nur einzelne, zudem fast immer säkular ausgerichtete Intellektuelle und Schriftsteller muslimischen Glaubens nehmen an den öffentlichen Debatten teil."
Während in großen Teilen der islamischen Welt inzwischen eine selbstkritische, offene Debatte über den Terrorismus geführt werde, reagierten in Deutschland die Imame und muslimischen Verbandsvertreter immer noch defensiv und verharrten in der Opferrolle: "Sie sind keine Intellektuellen, die den geistigen Horizont, die Ausbildung, den Hintergrund, das Wissen und damit auch das Selbstbewusstsein haben, sich selbst grundsätzlich infrage zu stellen."
Laut Kermani fühlen sich viele Muslime selbst der zweiten, dritten Generation nicht aufgenommen in das deutsche Gemeinwesen. Das Ressentiment, das Muslimen immer häufiger begegnet, verstärkt den Drang, sich eine kulturelle Identität zu schaffen, mit der sie sich von der Mehrheitsgesellschaft abgrenzen. Der Rückzug gerade junger Muslime bestätige aber nur die Vorbehalte, die viele Deutsche hegten: "Ein Teufelskreis aus Ablehnung und Abgrenzung, der dringend zu durchbrechen wäre, wenn der Islam in Deutschland einen Platz finden soll."
Den kompletten Beitrag der ZEIT Nr. 48 vom 18. November 2004 stellen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
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