Köhler will Bewusstsein für Afrika stärken
Hamburg (ots)
Bundespräsident Horst Köhler will die Afrika-Politik zu einem Schwerpunkt seiner Amtszeit machen: "Ich will das Bewusstsein in unserem Land stärken, dass uns Afrika etwas angeht. Ich will über die fünf Jahre meiner Amtszeit versuchen, einen kontinuierlichen Dialog mit afrikanischen Reformern aufzubauen", sagt Köhler der ZEIT. Am kommenden Montag bricht Köhler zu einer zehntätigen Reise nach Sierra Leone, Benin, Djibouti und Äthiopien auf. Der frühere Chef des Internationalen Währungsfonds betont, dass Afrikas Anteil am Welthandel auch mit verarbeiteten Produkten zunehmen müsse: "Wir dürfen diesen Kontinent nicht mehr auf Rohstofflieferung reduzieren". Bei der Aufgabe, in der Welthandelsorganisation den entsprechenden Spielraum für eine Öffnung ihrer eigenen Märkte zu schaffen, täten sich sowohl Europäer wie Amerikaner aber schwer, kritisiert Köhler. "Uns steht beim Aufräumen mit Doppelstandards noch einiges bevor".
Dabei hätten Deutschland und Europa am Fortkommen des Kontinents ein ureigenes Interesse: "Wenn Afrika sich nicht entwickelt, werden die Afrikaner in immer größerer Zahl in ihren Nussschalen über das Mittelmeer kommen", sagt Köhler. Darüber hinaus dürften offene Märkte und freier Welthandel nicht in Misskredit geraten: "Unsere Existenz als Exportnation hängt davon ab. Wenn Afrika im Chaos versinkt, wenn die Afrikaner keine fairen Chancen erhalten, dann delegitimiert das die Globalisierung."
Nach Ansicht des Bundespräsidenten könnte Deutschland dabei eine besondere Aufgabe übernehmen: "Es gibt ein Potenzial für eine positive deutsche Rolle in Afrika." Die Afrikaner sind nach Meinung Köhlers der Ansicht, Deutsche seien "weniger von eigenen Interessen geleitet als die traditionellen Kolonialmächte". Deutschland solle es daher "vor allem um die Menschen und ihre Chancen in Afrika gehen".
An der Entwicklungszusammenarbeit kritisiert der Bundespräsident, sie habe sich bislang zu sehr auf das Verteilen von Geld für Projekte konzentriert und müsse mehr Aufmerksamkeit auf die Förderung der Demokratie und den Aufbau funktionierender staatlicher Institutionen in afrikanischen Ländern richten. Deutschland solle das versprochene Ziel der Industrienationen, 0,7 Prozent des Bruttosozialprodukts für die Entwicklungszusammenarbeit auszugeben, "schrittweise und langfristig" erreichen.
Auf die Frage, ob er in den ersten Monaten seiner Amtszeit manchmal zu sehr polarisiert habe und der Tagespolitik zu nahe gekommen sei, antwortet der Bundespräsident: "Nein".
Das komplette Interview der ZEIT Nr. 50 vom 2.12.2004 stellen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
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