EU-Kommissar Verheugen: "Wenn einem nichts mehr einfällt, dann wird Europa verdroschen"
Hamburg (ots)
Der deutsche EU-Kommissar für die Industrie, Günter Verheugen, kritisiert in der ZEIT die allgemeine Haltung gegenüber Europa. "Ich weiß wohl, dass die Versuchung sehr groß ist, sich über vermeintliche Absurditäten lustig zu machen. Für die meisten gibt es gute Gründe. Es stört mich, dass die EU von Populisten aller Art benutzt wird, um billigen Beifall einzuheimsen. Wenn einem nichts mehr einfällt, dann wird Europa verdroschen."
Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber etwa kritisiere die EU wider besseres Wissen. "Nehmen Sie die berühmte Regel über die Sicherheit von Traktorensitzen. Sie ist einst von Deutschland eingebracht worden, weil ein Hersteller aus Bayern besonders sichere Sitze erfunden hatte und sich durch eine Richtlinie einen Wettbewerbsvorteil erhoffte. Ausgerechnet der Ministerpräsident des Freistaates benutzt das Beispiel nun gern, um in den heimischen Bierzelten über Europa herzuziehen."
Defizite bei der EU sieht Verheugen trotzdem. Zur Zeit prüfe man alle anstehenden Richtlinien. "Sollten sie überflüssig sein, werden wir sie zurückziehen." Doch zuviel Deregulierung könne auch gefährlich sein. "Wenn Ideologie ins Spiel kommt, dann ist Deregulierung ein Kampfbegriff, der bedeutet: Wir wollen einen Markt ohne Grenzen und Werte." Stattdessen brauche Europa einen sozialen und ökologischen Rahmen. "Ich will nicht weniger Europa, sondern ein besseres", so Verheugen.
Das komplette Interview der ZEIT Nr. 24 vom 9. Juni 2005 senden wir Ihnen gerne nach 17.00 Uhr zu.
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