Die Gemeinnützige Hertie-Stiftung hat im Jahr 2005 rund 27 Millionen Euro für neue Modellprojekte bereitgestellt
Frankfurt am Main (ots)
- Jahrespressekonferenz einer der größten deutschen Privatstiftungen: Vermögensanlage erreicht im Jahr 2005 Performance von 12,9 Prozent
- Konzept der Reformstiftung erfolgreich: "Export" der Modelle auch ins Ausland
Die Gemeinnützige Hertie-Stiftung (GHS) hat für ihre Projektarbeit im Jahr 2005 rund 27 Mio. EUR bereitgestellt. Im laufenden Jahr wird das Fördervolumen vergleichbar sein. Das teilte der Vorstandsvorsitzende, Dr. Michael Endres, heute auf der Jahrespressekonferenz am Sitz der Stiftung in Frankfurt am Main mit. Mit einem Vermögen von derzeit rund 820 Mio. EUR zählt die GHS zu den größten deutschen Privatstiftungen. In ihren Förderbereichen Neurowissenschaften, Europäische Integration und Erziehung zur Demokratie hat sie in den vergangenen sechs Jahren Projektmittel in Höhe von rund 154 Mio. EUR bereitgestellt. "Unser Konzept einer Reformstiftung ist aufgegangen", so Dr. Michael Endres. "Vieles von dem, was wir in den vergangenen Jahren modellhaft begonnen haben, hat sich in der Praxis bewährt und seinen Weg in die Bundesländer und sogar ins europäische Ausland genommen."
In ihrer Vermögensanlage erzielte die Hertie-Stiftung 2005 einen Wertzuwachs von 12,9 Prozent. Dieser Erfolg ist vor allem der Vermögensaufteilung zu verdanken, die einen Aktienanteil von rund einem Drittel des Gesamtvermögens vorsieht. Ihren Anteil der festverzinslichen Wertpapiere hat die Stiftung im Laufe des vergangenen Jahres auf knapp 50 Prozent reduziert und zugleich die Immobilien auf nunmehr rund 14 Prozent des Vermögens aufgestockt. Die Erträge aus dem Vermögensmanagement stiegen 2005 im Vergleich zum Vorjahr um 27 Prozent auf 33,2 Mio. EUR. An Projektmitteln hat die Stiftung im vergangenen Jahr 26,8 Mio. EUR bereit gestellt, ein Drittel mehr als im Vorjahr. Darin enthalten sind 6,8 Mio. EUR Drittmittel, die von anderen Stiftungen, von Unternehmen und Privatpersonen sowie von der öffentlichen Hand für Modellprojekte der GHS eingeworben werden konnten.
Auch für die Projektarbeit zog Dr. Endres eine positive Bilanz des vergangenen Jahres: "Ich bin überzeugt, dass wir in unseren Förderbereichen - in der Hirnforschung, der Integration von Zuwanderern und der sprachlichen Bildung, aber auch bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie und schließlich bei der Belebung unserer Bindungen zu Mittel- und Osteuropa - wichtige Akzente haben setzen können."
In den Neurowissenschaften hat die Stiftung im vergangenen Jahr mit ihrer "Hertie-Senior-Forschungsprofessur" Neuland betreten. Sie soll einen herausragenden Wissenschaftler auszeichnen, der sich zum Ende seiner beruflichen Laufbahn ausschließlich der Forschung widmen möchte und für den der Zeitpunkt seiner Emeritierung nicht das Ende seiner Karriere bedeutet. Ausgewählt wurde Prof. Dr. Thomas Brandt, der Direktor der Neurologischen Klinik der Ludwig-Maximilians-Universität München. Er wird die Professur im Juli 2006 durch Bundesbildungsministerin Schavan erhalten. Das Hertie-Institut für klinische Hirnforschung, bereits 2003 das wissenschaftlich beste neurologische Institut in Deutschland, hat seine Publikationsleistung im Jahr 2005 weiter erhöht und vier Wissenschaftspreise erhalten. Zugleich hat ein Cluster-Antrag unter Leitung des Hertie-Instituts die Endauswahl der deutschen Exzellenzinitiative erreicht. Eine Evaluation hat überdies ergeben, dass das Einzelantragsverfahren der Stiftung im Bereich der Multiple-Sklerose-Forschung von allen internationalen Förderprogrammen dieses Feldes pro Euro die höchsten Forschungsleistungen erbringt.
Im Förderbereich Europäische Integration hat die Hertie School of Governance (HSoG) im vergangenen Jahr ihre Anerkennung als private Hochschule erhalten, die Fakultät aufgebaut, Executive-Seminare durchgeführt und den ersten Studiengang ihres "Master of Public Policy"-Programms eröffnet. 30 Studierende aus 18 Ländern wurden für diesen Studiengang zugelassen. Die HSoG hat inzwischen vier nationale und sechs internationale Partnerschaften geknüpft, darunter mit Sciences-Po und der London School of Economics. Mit einem Kooperationsprojekt ist auch die HSoG bei der Exzellenzinitiative in die Endrunde gekommen. Mit der im Jahr 2005 gegründeten "Europäischen Akademie der Regionen" (EAR) ergänzt die Stiftung bewusst die akademische und internationale Arbeit der Hertie School of Governance. Hierbei geht es vor allem um Austausch und Kooperation von Nachwuchskräften in der Regionalverwaltung. Partner der Stiftung sind die Länder Hessen, Thüringen und Rheinland-Pfalz mit jeweils zwei Partnerregionen aus Osteuropa.
In der Erziehung zur Demokratie stand neben der Sprachkultur die Sprach- und Begabtenförderung von Zuwandererkindern im Mittelpunkt. Das Projekt Deutsch & PC, das in den ersten Grundschulklassen intensiven Deutschunterricht und Medienkompetenz vermittelt, ist im Jahr 2005 von ursprünglich drei auf nunmehr 59 hessische Grundschulen übertragen worden. Die Stiftung hatte gemeinsam mit dem Hessischen Kultusministerium den Anstoß gegeben. Das Kultusministerium führt nun dieses Modellprojekt in der Fläche ein, die Stiftung wird es im kommenden Jahr auch auf andere Bundesländer übertragen. Rund 300 START-Schülerstipendien für begabte Zuwandererkinder aus 53 Nationen hat die Stiftung mit Hilfe von über 50 Partnern bis heute vergeben können; dem Programm liegt eine in der Stiftungslandschaft einmalige Kooperationsstruktur von Ministerien, Kommunen, Stiftungen, Unternehmen und Privatpersonen zugrunde. Mit ihrem vor fünf Jahren entwickelten Projekt Jugend debattiert wirkt die Stiftung im demokratischen Meinungsbildungsprozess mit. Es ist heute mit über 50.000 Teilnehmern der drittgrößte deutsche Schülerwettbewerb und im vergangenen Jahr von Stiftungen in der Schweiz aufgegriffen worden. Außerdem hat Jugend debattiert seinen Weg nach Polen, Tschechien und ins Baltikum gefunden - in deutscher Sprache. Die Stiftung plant einen erweiterten Hauptschulpreis, der den Schulen auch Hilfestellung bei ihrer Qualifizierung und Vernetzung geben wird und die Auszeichnung pädagogischer Spitzenleistungen sinnvoll ergänzt. Dem Themenfeld Beruf und Familie gibt die Stiftung eine stärker betriebswirtschaftliche Orientierung. Das von ihr finanzierte "Forschungszentrum Familienfreundliche Personalpolitik" an der Universität Münster wird die betriebswirtschaftlichen Effekte familienbewusster Maßnahmen erstmals wissenschaftlich fundiert und nach Branchen und Betriebsgrößen differenziert in Datenbanken transparent machen.
Die Stiftung hat im vergangenen Jahr ihr Stipendiatenwerk ausgebaut und erstmals drei eigene Förderprogramme aufgelegt: an der Hertie School of Governance, an den Universitäten Chemnitz und Bamberg, die traditionell über sehr enge Kontakte nach Mittel- und Osteuropa verfügen und - im Bereich Neurowissenschaften - am Frankfurt Institute for Advanced Studies bzw. am Hertie-Institut für klinische Hirnforschung in Tübingen. Gegenwärtig hat die Stiftung rund 100 Stipendiaten und bereits 300 Alumni.
In Hessen ist die Hertie-Stiftung die größte Stiftung. Von ihrer Gesamtfördertätigkeit entfällt rund ein Viertel auf dieses Bundesland. Zahlreiche wichtige Pilotprojekte der GHS sind in Hessen begonnen worden und manche konnten auf der Grundlage der hier gemachten Erfahrungen ausgeweitet werden. Insgesamt wurden in den Jahren 2000 bis 2005 Fördermittel in Höhe von annähernd 30 Mio. EUR für Projekte in Hessen vergeben, darunter ist die Wiedererrichtung der im Herbst 2005 eröffneten Alten Stadtbibliothek in Frankfurt am Main mit 4,35 Mio. EUR die größte Einzelförderung. Im Jahr 2005 flossen 5,7 Mio. EUR in hessische Projekte, etwa in das kafka-Projekt, bei dem die Stiftung erstmals Frankfurter Studierenden ermöglichte, ein zweimonatiges qualifiziertes Praktikum in einer ostmitteleuropäischen Partnerstadt zu absolvieren. Oder in die Schülerfahrten in mittel- und osteuropäische Metropolen, ein Wettbewerb mit dem Ziel, an den Schulen Interesse an den östlichen Nachbarn zu wecken. Neu im vergangenen Jahr war auch das Projekt ffm - Förderkurse für Migrantenkinder im Alter zwischen 10 und 16 Jahren, mit dem die Stiftung ihren Projektzyklus für Zuwandererkinder in Frankfurt vervollständigte.
Die Gemeinnützige Hertie-Stiftung baut auf dem Lebenswerk des 1972 verstorbenen Stifters Georg Karg, Inhaber der Hertie Waren- und Kaufhaus GmbH, auf. In Fortführung seiner Pläne und auf Initiative der Kinder und Erben, Brigitte Gräfin von Norman und Hans-Georg Karg, wurde am 10. Dezember 1974 die "Gemeinnützige Hertie-Stiftung zur Förderung von Wissenschaft, Erziehung, Volks- und Berufsbildung" mit Sitz in Frankfurt am Main gegründet. 97,5 Prozent der Anteile der Hertie Waren- und Kaufhaus GmbH wurden in diese Stiftung eingebracht. Seit 1998 ist dieses Kapital nicht mehr unternehmerisch gebunden.
Diesen Pressetext sowie den aktuellen Tätigkeitsbericht können Sie im Netz herunterladen: www.ghst.de
Kontakt:
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