CSU-Landesgruppe
Dr. Ramsauer: "Interview mit dem Münchner Merkur"
Berlin (ots)
In der heutigen Ausgabe des "Münchner Merkur" erschien nachfolgendes Interview mit dem Parlamentarischen Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, Dr. Peter Ramsauer:
Frage (Holger Eichele): Die Mazedonien-Mission hat den Bundestag gespalten. Wie bewerten Sie den Umstand, dass SPD-General Müntefering Abweichlern in seiner Fraktion mit drastischen Konsequenzen drohte?
Antwort: Der Chef-Dompteur sieht, dass seine SPD auf dem besten Wege ist, als Chaospartei zur alten Hochform aufzulaufen. Wäre so eine Schlappe früher der Koalition aus CDU/CSU und FDP passiert, wäre der Teufel los gewesen. Für die Regierung Schröder ist das ein machtpolitischer Super-GAU. Die SPD-Führung ist besorgt, dass es in der Zuwanderungsfrage ähnlich läuft - deshalb Münteferings Einschüchterungskampagne. Undenkbar, dass wir in unserer Fraktion so zur Peitsche greifen würden.
Frage: Auch 16 CSU- und 45 CDU-Abgeordnete haben der Fraktionsführung die Gefolgschaft verweigert. Landesgruppenchef Glos drohte den Abweichlern: "Wenn wir regieren, wäre das anders." Das klingt wie ein Peitschenhieb.
Antwort: Nein, das war keine Drohung. Wir versuchen unsere Abgeordneten von der Linie zu überzeugen und akzeptieren es auch, wenn jemand anders abstimmt. In der Opposition müssen wir keine Mehrheiten zustande bringen. Da können wir uns eine gewisse Vielfalt von Auffassungen leisten.
Frage: Die Unionsfraktion - ein Hort des Freigeistes? Beobachter sagen das Gegenteil: Die Führung sei unfähig zur Richtungsvorgabe, das Bodenpersonal unregierbar.
Antwort: Unsinn. Die Zustimmung zum Mazedonien-Einsatz wurde schon Anfang Juli an klare Bedingungen geknüpft. Seither hat sich eine Reihe von Dingen verändert, es begann eine Debatte über die Ausrüstung der Bundeswehr. Die Führung der Unionsfraktion hätte es sich leicht machen und bei ihrem Nein bleiben können. Doch wir sind den schwereren Weg gegangen. Das ist ein Beweis für Führungsstärke.
Frage: Offenbar wird der Bundestag über eine Verlängerung des Bundeswehr-Einsatzes in Mazedonien abstimmen. An welche Bedingungen knüpft die Union diesmal ihr Plazet?
Antwort: Unser mühsames Ja von vorletzter Woche bedeutet nicht automatisch eine erneute Zustimmung zu einer möglichen Verlängerung des Mandats. Aber wenn es nur darum geht, die Operation "Essential Harvest" zu Ende zu bringen, gibt es keinen Grund, Nein zu sagen. Unter neuen Vorzeichen aber müsste über die Mission neu diskutiert werden.
Frage: Sowohl Grünen-Chefin Roth als auch die CDU-Vorsitzende Merkel halten das Zuwanderungsgesetz von Innenminister Schily für "nicht zustimmungsfähig". Glauben Sie noch an einen Kompromiss?
Antwort: Nein. Schilys Privatentwurf enthält so viele schwammige "Kann"-Bestimmungen, dass es unterm Strich zu einer dauerhaften Erweiterung von Zuwanderung kommen würde. Genau das will die Union nicht. Die Grünen fordern noch mehr Zuwanderung. Kommt Schily auf die Grünen zu, bewegt er sich von uns noch weiter weg. Erfüllt Schily unsere Forderungen, gehen ihm die Grünen von der Fahne. Für mich ist unvorstellbar, dass ein Zuwanderungsgesetz mit der Zustimmung von CSU/CDU und Grünen verabschiedet wird. Wir müssen verhindern, dass Rot-Grün fundamentalste gesellschaftspolitische Weichenstellungen vornimmt, die irreversibel sind.
Frage: Damit wird der Streit um Zuwanderung zum Wahlkampfthema.
Antwort: Vermutlich. Mein Credo ist: Kontrast statt Konsens. Mit verwaschenen Varianten zur Regierungspolitik können wir die Wahl nicht gewinnen.
Frage: Der Kanzlerkandidaten-Kandidat ist hin- und hergerissen. Erst sagte Stoiber Nein, dann Jein, dann wurde es eine private Entscheidung, später wieder eine politische. Verstehen Sie den Parteichef noch?
Antwort: Was Edmund Stoiber sagt, liegt in der Kontinuität dessen, was immer schon gesagt wurde: Die Entscheidung über die Kandidatur fällt im Frühjahr 2002. Dieser Zeitplan ist Erfolg versprechend. Laut Umfragen befürwortet die Öffentlichkeit eine Kandidatur Stoibers in hohem Maße. Das ist eine große Verantwortung, die da auf ihn zukommt. Deshalb sagt Stoiber zurecht, dass die Frage der Kandidatur keine ganz private Entscheidung ist.
Frage: Die Geschichte lehrt, dass eine starke CDU immer selbst den Kandidaten stellte, und dass eine schwache CDU nicht in der Lage war, einen CSU-Mann zu tragen.
Antwort: Aber deshalb verbietet es sich nicht für einen starken CSU-Mann, Kanzlerkandidat zu sein. Die CSU ist eine bayerische Partei, hat aber einen bundes- und europapolitischen Auftrag. Wenn man das ernst nimmt, muss man auch bundespolitisch seinen Mann stehen.
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