Der Tagesspiegel: Modrow greift PDS-Führung um Bisky an
Berlin (ots)
Der PDS-Ehrenvorsitzende Hans Modrow hat die Parteiführung unter Lothar Bisky nach einem Bericht des "Tagesspiegels" (Samstag- Ausgabe) in ungewöhnlich scharfer Form kritisiert. In einem Papier, das der Zeitung vorliegt, warf er ihr vor, zur Basis ein offenbar gestörtes Verhältnis zu haben. Die Führungs- und Funktionärselite der PDS hebe sich nicht selten von der Parteibasis ab, nehme deren Mehrheitsmeinung kaum zur Kenntnis oder setze sich darüber hinweg, schreibt Modrow in einem Denkanstoß zu Entwicklungsproblemen und krisenhaften Erscheinungen in der PDS.
In dem Papier stellt Modrow laut "Tagesspiegel" fest, dass die Parteibasis zu 70 Prozent aus Genossen bestehe, die älter als 60 sind. Die älteren Mitglieder verfügten über beachtliche intellektuelle Potenziale, doch sei ihre Meinung den Leitungsgremien bis hin zum Bundesvorstand nur ungenügend bekannt. Diese Entwicklung führe zu Passivität, Resignation bis hin zum Parteiaustritt von überzeugten Sozialisten. Zugleich habe es die PDS auch nach jüngsten Wahlerfolgen in Ostdeutschland nicht vermocht, ausreichend neue Mitglieder zu gewinnen, kritisiert Modrow. Versuche, sie im Westen analog zum Osten als starke linke Kraft zu etablieren, seien gescheitert.
Der Ehrenvorsitzende mahnte, die PDS müsse berechenbarer und standfester werden. Die stärkere Orientierung auf Regierungsfähigkeit, die auch von Bisky verfochten wird, lehnt Modrow ab. Er wendet sich in seinem "Denkanstoß" auch gegen Demutsgesten gegenüber der SPD und ständig wiederkehrende Entschuldigungen für die Politik der SED. Mit einäugiger Sicht auf die DDR, schreibt Modrow, mit dem Verschweigen oder der Verleugnung ihrer historischen Leistungen, könne die Partei auf Dauer nicht den Anspruch erheben, kompetente Stimme des Ostens zu sein.
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