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BERLINER MORGENPOST

Berliner Morgenpost: Die S-Bahn steht still - wie Berlin

Berlin (ots)

Musste das so kommen? Die S-Bahn stürzt die Stadt
in ein Verkehrschaos. Züge fallen aus oder sind völlig überfüllt. 
Berliner und Touristen müssen lange warten, auf Regionalbahnen 
umsteigen oder die BVG und das Auto nutzen. Die Fahrt zum 
Arbeitsplatz wird ab Montag, wenn die S-Bahn nur noch ein Viertel 
ihrer Züge einsetzen kann, ein Geduldsspiel. Die Berliner, die nicht 
in den Urlaub gefahren sind, werden verärgert sein - aber die 
Situation ertragen, weil sie sie ertragen müssen.
Das Chaos bei der S-Bahn ist auch ein politisches Lehrstück. Mehr als
200 Millionen Euro bekommt das Tochterunternehmen der Deutschen Bahn 
dafür, dass die Berliner bequem, sauber und sicher durch die Stadt 
kommen. Das legt der Verkehrsvertrag fest, den der Senat mit der 
S-Bahn bis 2017 geschlossen hat. Die S-Bahn hat das Geld gern 
genommen - und weitergereicht an den Mutterkonzern, der an die Börse 
wollte. Gegen die Privatisierung hat sich die rot-rote 
Landesregierung zwar immer ausgesprochen, das finanzielle Auspressen 
der S-Bahn ließ man aber zu. Überwies das Unternehmen 2006 noch neun 
Millionen an die Deutsche Bahn, stieg diese Summe auf 56 Millionen 
Euro im letzten Jahr. Doch der Senat sah tatenlos zu. Niemand 
intervenierte, als eine Werkstatt nach der anderen geschlossen wurde.
Schließlich musste das Eisenbahn-Bundesamt einschreiten, um 
Schlimmeres zu verhindern. Ein einmaliger Fall.
Aber das Treibenlassen, das Sich-nicht-Kümmern, gibt es in vielen 
Politikbereichen. Da brennen fast jedes Wochenende Autos in der 
Stadt, und die Polizei zeigt sich hilflos. Da sollte der Schwerpunkt 
der zweiten rot-roten Koalition Bildung und Wissenschaft sein. Viel 
Geld fließt in diesen Politikbereich. Aber die Charité taumelt von 
einer Finanzkrise in die nächste, und die Schulreform passierte erst 
im vierten Anlauf den Senat, weil die Koalitionspartner sich 
ideologisch verhakt hatten.
Und was ist mit Arbeit und Wirtschaft? In diesem Politikfeld 
konzentriert sich Rot-Rot durch den Aufbau eines teuren dritten 
Arbeitsmarktes, den öffentlichen Beschäftigungssektor für einige 
Tausend Langzeitarbeitslose. Aber 600000 Menschen sind auf 
staatliche Leistungen wie Hartz IV angewiesen. Neue Ideen, wie man 
Berlin beispielsweise als ökologische Vorzeigestadt umbauen und so 
Arbeitsplätze schaffen kann, fehlen. Was aus dem riesigen Areal in 
Tempelhof wird, ist weiter offen. Lange wird es nicht mehr dauern, 
dann kommt eine weitere große Brache dazu: der Flughafen Tegel. Statt
Aufbruch gibt es viel Stillstand. Das, was deutlich wachsen wird, 
sind Berlins Schulden. Allein in diesem und den nächsten zwei Jahren 
um sechs Milliarden Euro.
Am Anfang seiner zweiten Regierungszeit hatte der Regierende 
Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) die Vision einer Stadt der 
Generationen. Heraus kam eine Grundsatzrede, die jedoch nicht mit 
politischem Gestalten unterfüttert wurde. Es fehlt ein Gesamtkonzept 
für die Stadt. Es wird Zeit, dass jemand im Stand endlich sagt, wohin
die Reise gehen soll.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

Original-Content von: BERLINER MORGENPOST, übermittelt durch news aktuell

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