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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Euro

Bielefeld (ots)

»Ihr könnt darauf vertrauen, dass der Euro eine stabile Währung sein wird. Das funktioniert.« Das Zitat stammt von Wolfgang Schäuble und ist 14 Jahre alt. Zu dieser Zeit gab es in Deutschland noch die D-Mark, in Frankreich den Franc, in Griechenland die Drachme. Europa diskutierte die Währungsgemeinschaft - ein ehrgeiziges Projekt, für das die Politiker warben. Der Euro sollte Europa verändern, und er hat Europa verändert. Man täte dem heutigen Finanzminister Unrecht, ihm diesen Satz angesichts der Turbulenzen im Euroraum vorzuhalten. Niemand ahnte damals etwas von Hedgefonds, die mit den eingesammelten Milliarden wohlhabender Anleger weltweit auf Jagd nach der bestmöglichen Rendite gehen sollten. Dazu fand und erfand die Finanzbranche Möglichkeiten, durch hochriskante Spekulationen in kurzer Zeit Gewinne in Millionenhöhe einzustreichen. Auch die Verschuldung der Staaten war in den 90er Jahren bei weitem nicht so dramatisch wie heute. Während die Politik den Schuldenaufbau selbst verursachte, steht sie den Spekulationen hilflos gegenüber. Selbst ein Kraftakt wie das 750 Milliarden Euro umfassende Rettungspaket für Griechenland und weitere angeschlagene Länder in Europa hat den Fall des Euro nur kurzfristig bremsen, letztlich aber nicht aufhalten können. Dass die Gemeinschaftswährung gestern auf ein Vier-Jahres-Tief absackte, spiegelt die Befürchtung der Märkte wider, die notwendigen Sparanstrengungen der Länder könnten weiteres Wachstum abwürgen. Die Sorge ist berechtigt. So hat es Europa mit zwei in sich verflochtenen Problemen zu tun: einerseits die Bekämpfung der erdrückenden Schuldenlast, die die Gefahr sozialer Spannungen in sich birgt, andererseits das Unterbinden von Spekulationen gegen den Euro als Gemeinschaftswährung. Dass der Euro jetzt einen Wert von 1,22 Dollar erreicht hat, stellt an sich keine Gefahr dar. Im Gegenteil: Die Wirtschaft kann ihre Produkte preiswerter in die USA verkaufen. Das sichert hierzulande Arbeitsplätze. Die Gefahr ist, dass es für den Euro noch weiter runtergeht. Einig sind sich Experten wie Politiker, den Spekulanten das Handwerk zulegen. Doch wie? Die diskutierte Finanzmarkttransaktionssteuer - eine Art Mehrwertsteuer auf alle Finanztransaktionen - ist ideologisch umstritten. Doch sie wäre ein Anfang im Kampf gegen das moderne Raubrittertum. Natürlich muss sie international abgestimmt werden, um zu funktionieren. London und Washington müssen mitziehen, im besten Fall auch die asiatischen Regierungen. Es ist fraglich, ob dieser Kraftakt gelingt. Dennoch: Deutschland muss als stärkste Wirtschaftsmacht in Europa den ersten Schritt machen. Es stimmt, was der Politiker Hans Peter Friedrich (CSU) über die Steuer sagt: »Sie ist weder Allheilmittel noch Teufelszeug, sondern eine Möglichkeit, im Derivate-Handel ein bisschen den Risikohunger der Spekulanten einzudämmen.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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