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Bergwaldprojekt e.V.

Tote Bäume stehen lassen, ökologisch passgenaue Baumarten wählen, Verbiss stoppen: So gelingt die Wiederbewaldung in Deutschland

Tote Bäume stehen lassen, ökologisch passgenaue Baumarten wählen, Verbiss stoppen: So gelingt die Wiederbewaldung in Deutschland
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Würzburg (ots)

Deutschland hat in den vergangenen fünf Jahren gut 600.000 Hektar Wald verloren, also etwa die 2,3-fache Fläche des Saarlands. Vor allem Fichten- und Kiefernwälder sind infolge Trockenheit und deren Begleiterscheinungen wie dem Absterben der Feinwurzeln, Massenvermehrung von Schadinsekten wie dem Borkenkäfer und dem Auftreten neuer Pilzkrankheiten flächig abgestorben. Die notwendige Wiederbewaldung der entstandenen Kahlflächen ist in vollem Gange. Um einen nachhaltigen Erfolg zu sichern, setzt das Bergwaldprojekt auf naturnahe Wiederbewaldung, wie aktuell beim sechswöchigen Freiwilligeneinsatz im Harz.

Als großes Hindernis für eine gelingende Wiederbewaldung zeigt sich ein schlechtes Flächenmanagement abgestorbener Bestände. "Entnimmt man großflächig alle abgestorbenen Bäume, löst man die Probleme nicht, sondern schafft neue. Extreme Hitze und Kälte auf Freiflächen, starker Stickstoffeintrag mit massiver Ausbreitung von Himbeeren und Brombeeren, welche die Vermehrung von Reh- und Rotwild und den darauffolgenden Verbiss nicht unbedingt einbremsen, sind die gravierenden Folgen gut gemeinter Großkahlschläge", weiß Peter Naumann, Forstingenieur und Vorstand des Bergwaldprojekts. Zudem führt starker Wind sowie die einsetzende Mineralisierung zu Humusschwund, welche die Wiederbewaldung zusätzlich stark erschwert.

30 Prozent Totholz stehen lassen

Das Bergwaldprojekt favorisiert - nach Möglichkeit - mindestens 30 Prozent des abgestorbenen Bestandes stehen zu lassen. Die jahrzehntelange Erfahrung aus vielen Aufforstungen in ganz Deutschland fasst Naumann so zusammen: "Tote Nadelbäume beginnen zwar bereits nach einem Jahr mit dem Zerfallsprozess, durch ihren Verbleib und ihre Beschattung wird aber die Fläche vor Hitze, Kälte und zu starker Sonneneinstrahlung geschützt. Der noch vorhandene Humus hagert nicht so schnell aus, Feuchtigkeit bleibt länger im Boden und es besteht die Möglichkeit, standortsheimische Schattenbaumarten wie Tanne und Buche frühzeitig in die Wiederbewaldung und den aufzubauenden Bestand mit einzubeziehen."

Zielgenau ökologisch passende Baumarten pflanzen und mit Naturverjüngung mischen

Auf vorhandenen Freiflächen ist eine flächige Wiederbewaldung nicht immer möglich, da der Aufwand zu groß ist. Je nach Standort ist eine kleinflächigere Vorgehensweise mit Pionier- bzw. Vorwaldbaumarten wie Birke, Aspe und Vogelbeere sowie im nassen Bereich mit Grau- und Schwarzerle sinnvoll. Dies schafft in Verbindung mit der Einbringung von lichtliebenden Schlussbaumarten wie Stiel- und Traubeneiche, Winterlinde, Hainbuche, Kirsche, Berg- und Spitzahorn sowie der Esskastanie struktur- und artenreiche Mischbestände. Unterstützend rät Naumann dabei auch, mosaikartig die vorhandene Naturverjüngung miteinzubeziehen: "Auf verbleibenden Freiflächen ohne Pflanzung, in denen sich natürlich auch Fichten wieder ansamen, entsteht die Möglichkeit, möglichst viele standortheimische Baumarten zu beteiligen, um resilientere Wälder für die Zukunft zu schaffen."

Keine Pflanzung ohne Verbissschutz

Oftmals wird bei Pflanzungen am Schutz gespart und so das Risiko des flächigen Ausfalls eingegangen. Der Aufwuchs einer neuen Waldgeneration ist in weiten Teilen Deutschlands nur möglich, wenn die Lichtbaumarten sowie die Tanne durch Zäune und Gatter oder mit Verbissschutzmittel vor Wildverbiss geschützt werden. Naumann dazu: "Eine Transformation der Wälder gelingt nur, wenn eine waldfreundliche Bejagung in Zukunft auch die Naturverjüngung aufkommen lässt." Zusätzlich muss aus Sicht des Bergwaldprojekts eine extensivere Bewirtschaftung der Waldökosysteme mit schwächeren Pflegeeingriffen und einer höheren Bestandesdichte für ein kühleres Waldinnenklima sorgen.

Das Bergwaldprojekt am Brennpunkt Harz

Der Harz ist neben dem Sauerland eines der am stärksten vom Absterben großer Fichtenbestände betroffenen Gebiete. Das Bergwaldprojekt ist dort seit vielen Jahren aktiv und hat alleine im Bereich des Forstamts Bad Lauterberg rund um den Wurmberg seit 2019 bereits über 140.000 standortheimische Bäume gesetzt und durch Privat- und Unternehmensspenden finanziert. Je nach Standort wurden als Vorwaldbaumarten Birke und Vogelbeere in trockeneren Bereichen gepflanzt. An Feuchtstandorten wurden Grau- und Schwarzerle sowie die Aspe verwendet. In vorhandenen, aber abgestorbenen Fichtenalthölzern wurden Tannen und Buchen als Schattenbaumarten gepflanzt. Auf den Freiflächen wurde die Lärche als Lichtbaumart gepflanzt (in deren Schutz später Buchenverjüngung und -pflanzung wachsen kann) sowie Spitz- und Bergahorn eingebracht.

2023 fanden in Absprache mit den Forstverwaltungen in Braunlage und in Clausthal-Zellerfeld bereits wieder vier Einsatzwochen mit zahlreichen Pflanzungen statt. Bis 6. Mai sind Freiwillige derzeit noch in der Waldentwicklungszone im Nationalpark Harz beschäftigt. Dort werden Rotbuchen in den abgestorbenen Fichtenbeständen gepflanzt.

Bergwaldprojekt e.V.

Der Verein Bergwaldprojekt organisiert deutschlandweit Freiwilligen-Einsätze für Moorwiedervernässungen, Waldentwicklung und -pflege sowie für Biotop- und Artenschutz. 2023 beteiligen sich gut 5.000 Freiwillige in 169 Projektwochen und einem Dutzend Einzelpflanztagen an 80 Einsatzorten an den Arbeiten.

Der Verein engagiert sich seit 30 Jahren in der ökologischen Waldentwicklung in ganz Deutschland und hat mit Freiwilligenarbeit und der Pflanzung mehrerer Millionen Bäume bereits Tausende Hektar naturfernen Wald in resiliente und naturnahe Mischwälder umgewandelt.

Ziele der Arbeitseinsätze sind, die Ökosysteme mit ihren Funktionen zu stabilisieren, den beteiligten Freiwilligen die Bedeutung und die akute Bedrohung der natürlichen Lebensgrundlagen bewusst zu machen und daran mitzuarbeiten, die Gesellschaft für einen nachhaltigen Umgang mit den natürlichen Ressourcen zu gewinnen.

HINWEIS FÜR REDAKTIONEN: Sie sind herzlich eingeladen, sich selbst einen Eindruck von den Arbeiten vor Ort zu machen. Vereinbaren Sie dazu bitte mit dem Bergwaldprojekt einen Besuchstermin.

Pressekontakt:

Lena Gärtner
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Bergwaldprojekt e.V.
Telefon: 0931 991 220 11
E-Mail: lg@bergwaldprojekt.de

Original-Content von: Bergwaldprojekt e.V., übermittelt durch news aktuell