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McKinsey & Company

"Wir brauchen keine Reform, wir brauchen eine Bildungsexplosion"
McKinsey präsentiert Vier-Punkte-Plan zur grundlegenden Verbesserung des Bildungssystems

Berlin (ots)

- SPERRFRIST:  16.00 Uhr -
Kongress in Berlin: Unternehmensberatung fordert mehr
Investitionen in frühkindliche Bildung, Qualitätstests in Schulen,
Autonomie für Schulen und ein auch über Studiengebühren finanziertes
Investitionsprogramm für Hochschulen
Die Reform des Bildungssystems in Deutschland ist nach Überzeugung
der Unternehmensberatung McKinsey & Company die soziale Aufgabe des
21. Jahrhunderts. "Deutschland verspielt seine Zukunft, wenn es nicht
gelingt, das Bildungswesen durch eine Qualitätsoffensive grundlegend
zu erneuern und wieder zum Vorbild für andere Länder zum machen",
sagte der Deutschlandchef von McKinsey, Jürgen Kluge, zum Abschluss
des zweitägigen McKinsey-Bildungskongresses am Freitag in Berlin.
"Wir brauchen keine Reform, wir brauchen eine Bildungsexplosion",
appellierte Kluge an die zahlreichen prominenten Vertreter aus
Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur.
In einem Vier-Punkte-Plan fordert McKinsey den massiven Ausbau der
frühkindlichen Bildung und die konsequente Qualitätsmessung und
-sicherung an Schulen. Außerdem benötigen die Bildungsinstitutionen
nach Ansicht von McKinsey mehr Eigenverantwortung sowie ein
milliardenschweres Investitionsprogramm für die Hochschulen, das auch
durch Studiengebühren finanziert wird.
Rund 400 Kongressteilnehmer, darunter Bundestagspräsident Wolfgang
Thierse, der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Wolfgang
Clement, der saarländische Ministerpräsident Peter Müller, der
Mainzer Kardinal Karl Lehmann, der Regisseur Robert Wilson, der
Aufsichtsratsvorsitzende der Deutschen Bank Rolf E. Breuer und die
Nobelpreisträgerin Christiane Nüsslein-Volhard unterstrichen in
Berlin ihre Forderungen nach einer schnellen Umsetzung von Lösungen
der Bildungsmisere.
Grundlage der Diskussionen während des Kongresses war ein Manifest
zur Bildung, ein Appell führender Wissenschaftler an die Politik, das
Bildungssystem an die Erfordernisse einer dynamischen Gesellschaft
anzupassen. Autoren des Manifestes sind der Historiker Johannes
Fried, der Soziologe Hans Joas, der Neurobiologe Wolf Singer, der
Bildungsforscher Jürgen Baumert sowie der Philosoph Jürgen
Mittelstraß.
Kluge verglich die Situation des deutschen Bildungssystems mit
Krisen in der Wirtschaft: "Es handelt sich beim deutschen
Bildungssystem um einen Sanierungsfall." Bildung sei die
volkswirtschaftlich wichtigste Investition. "Entweder gelingt es uns,
mit hervorragend ausgebildeten Menschen die weltweite Deutungshoheit
in den Wachstumsbereichen der Wirtschaft, in Wissenschaft und Kultur
zu erlangen, oder das Land versinkt in Bedeutungslosigkeit,
wirtschaftlich, sozial und kulturell." Kluge kritisierte das deutsche
Bildungssystem als eines der schlechtesten in Europa verbunden mit
einem hohen Maß an sozialer Ungerechtigkeit.
Früh investieren, anstatt spät reparieren
Als ersten Schritt fordert McKinsey 270.000 neue Krippen- und
680.000 weitere Ganztagesplätze in Kindergärten. Derzeit gehen in
Deutschland zwar 89 Prozent der Kinder ab drei Jahren in einen
Kindergarten. Aber nur für 25 Prozent gibt es ganztägige
Betreuungsangebote. Krippenplätze stehen nur für 7 Prozent der
Unter-Dreijährigen zur Verfügung. Ebenso mangelt es nach Ansicht von
McKinsey deutlich an der pädagogischen Qualität der
Kindertagesstätten und der Ausbildung des Personals.
Deshalb sei es notwendig, die Förderung von Kindergärten an
Qualitätskriterien und unabhängig von der Trägerschaft auszurichten.
Dann wäre es auch für private Anbieter attraktiv, Kindergärten zu
betreiben. Parallel sollten Kindertagesstätten zukünftig nach
nachgefragten und nicht nach angebotenen Plätzen gefördert werden.
Zur Verbesserung der frühkindlichen Bildung seien auch eine höhere
Qualifikation sowie höhere Gehälter für Erzieher und Erzieherinnen
und der Aufbau von integrierten Angeboten zur Unterstützung von
60.000 sozial schwachen Kindern notwendig.
Der Finanzbedarf dieser Reformen beläuft sich nach Berechnungen
der Unternehmensberater auf rund 4 Milliarden Euro. Diese Summe
entspreche genau der Kindergelderhöhung im Jahr 1999, betonte Kluge
und schlug entsprechende Umschichtungen vor.
Konsequente Qualitätsmessung und -sicherung
Zur Verbesserung der Qualität vor allem in Schulen spricht sich
McKinsey für die systematische, flächendeckende und jährliche Messung
von Schülerleistungen aus. Die vergleichenden Studien von PISA und
TIMSS kämen dieser Forderung nur punktuell nach. Der Beschluss der
Kultusministerkonferenz zur Festlegung nationaler Bildungsstandards
weise zwar in die richtige Richtung, gehe aber nicht weit genug.
McKinsey schlägt deshalb jährlich einheitliche Tests in den
Kernfeldern Deutsch, Mathematik, Naturwissenschaften und eine
Fremdsprache für alle Schulen flächendeckend vor, ergänzend dazu
Inspektionen der Schulen vor Ort.
Mehr Freiräume für Bildungsinstitutionen
Nach Ansicht von McKinsey sind die Schulen in Deutschland deutlich
überreguliert. Anreize zu verstärktem Engagement gebe es kaum.
Variable, leistungsabhängige Gehaltsbestandteile fehlten völlig.
"Künftig sollten die Schulen und Lehrer selbst entscheiden, mit
welchen Methoden und Inhalten sie die vorgegebenen Lernziele
erreichen wollen", sagte Kluge. Die Schulleitung müsse
Personalentscheidungen von der Einstellung, über die
Personalentwicklung bis hin zur Entlohnung eigenständig treffen
können. Stärkere Leistungsanreize für Lehrer könnten ein wesentlich
motivierender Faktor sein. In Neuseeland z.B. machen Kluge zufolge
Bonuszahlungen bereits 38 Prozent der Vergütungen aus, im
OECD-Schnitt 11 Prozent. Solche Leistungsanreize fehlten in
Deutschland fast vollständig.
Bildung als Investition verstehen und Investitionen fördern
Zur Verbesserung der finanziellen Ausstattung der Hochschulen
spricht sich McKinsey für die Einführung von Studiengebühren aus,
deren Höhe von den Hochschulen selbst festgelegt werden solle. Als
Richtlinie empfehlen die Unternehmensberater eine Summe von 2.000 bis
4.000 Euro im Jahr, die den Hochschulen direkt zufließen sollten.
Zusätzlich sprach sich Kluge für die Einführung von Trimestern aus,
um die Hochschuleinrichtungen besser auszulasten und die
Studienzeiten zu verkürzen.
Zeitgleich mit der Einführung von Studiengebühren muss nach
Ansicht von McKinsey die Förderung verändert werden. Allen Studenten
sollte künftig zur Finanzierung der Studiengebühren ein
Bildungsdarlehen unabhängig vom Einkommen der Eltern angeboten
werden. Der Zinssatz sollte dabei deutlich unter der Verzinsung der
Bundesanleihe liegen. Die Rückzahlung erfolge über die
Einkommenssteuer. Die Fortsetzung der Darlehenszahlung ist nach
diesem Modell, das in Neuseeland erfolgreich praktiziert wird, an den
Nachweis des Studienfortschritts gekoppelt.
Eine Modellrechnung von McKinsey geht bei 3.000 Euro
Studiengebühren im Jahr von zusätzlichen Einnahmen für die
Hochschulen in Höhe von 4,2 Milliarden Euro aus. Das vorgeschlagene
Darlehensprogramm zur Finanzierung der Studiengebühren kostet den
Staat schätzungsweise jährlich rund 1,5 Milliarden Euro. Diese Kosten
entstehen durch die Zinssubventionen in Höhe von 200 Basispunkten und
den möglichen Ausfall von Krediten. Diesen Kosten steht nach
Berechnungen der Berater jedoch ein Nutzen von rund 2 Milliarden Euro
jährlich entgegen als Folge einer Verkürzung der Studiendauer.
Den Vorwurf, dass dadurch sozial benachteiligte Studenten künftig
vom Lehrbetrieb ausgeschlossen werden, begegnete Kluge mit dem
Argument: "Der durchschnittliche Hochschulabsolvent benötigt bei
einer um knapp vier Prozent erhöhten Einkommenssteuer zehn Jahre zur
Rückzahlung. Seine monatliche Belastung liegt in dieser Zeit bei
anfänglich etwa 100 Euro im Monat und steigt mit dem Gehalt auf
maximal 200 Euro an." Dies sei vertretbar, wenn man bedenkt, dass
sich die Investition Studium für den einzelnen Studenten schon heute
mit 7 Prozent verzinst. In den führenden Hochschulnationen mit
Studiengebühren USA und Großbritannien sei diese Verzinsung mit über
17 Prozent noch deutlich höher.
Der Kongress ist der Höhepunkt der Initiative McKinsey bildet. Sie
wurde im vergangenen Jahr von der Unternehmensberatung gestartet. Im
Rahmen von sechs Werkstattgesprächen diskutierten renommierte
Wissenschaftler mit Studenten und Vertretern aus Politik, Wirtschaft,
Wissenschaft und Kultur über Grundzüge einer Bildungsreform in
Deutschland. Ihre Erkenntnisse sind in einem Manifest zusammengefasst
mit dem Titel "Die Zukunft der Bildung" (erscheint bei der edition
suhrkamp Mitte September). Auf dem Kongress wurde dieses Buch
erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Das Manifest lehrt nach
Ansicht des McKinsey-Chefs vor allem eines:  "Jedes Reformbemühen
muss auf einem Fundament stehen, das breiter ist als institutionelle
Strukturen und gewichtiger als finanzielle Überlegungen. Dieses
Fundament ist das Wissen um die Funktion von Bildung und Kultur als
Kitt unserer Gesellschaft."
Weitere Informationen zur Initiative McKinsey bildet. und zum
Kongress finden Sie auch im Internet unter www.mckinsey-bildet.de.
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McKinsey & Company 
Telefon:  (02 11) 1 36-46 32  
GE-External_Communications@McKinsey.com

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