Technische Universität München
Klima-Kipp-Punkte erkennen: Wie die einst grüne Sahara zur Wüste wurde
TECHNISCHE UNIVERSITÄT MÜNCHEN
PRESSEMITTEILUNG
TUM-Wissenschaftler entwickeln neue Methode zur frühzeitigen Erkennung von Klima-Kipp-Punkten
Wie die einst grüne Sahara zur Wüste wurde
- Historischer Beweis für neue Methode
- Genauigkeit der Frühwarnsignale verbessert
- Vorteil durch realistischere Simulation
Abrupte Veränderungen in komplexen Systemen wie dem globalen Klimasystem sind extrem schwer vorherzusagen. Forschern der Technischen Universität München (TUM) und des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) ist es nun gelungen, eine neue Methode zu entwickeln, um solche Kipp-Punkte im Voraus zu erkennen. Sie testeten die Zuverlässigkeit ihrer Methode erfolgreich an einer der gravierendsten abrupten Klimaveränderungen der Vergangenheit: der Verwandlung der einst grünen Sahara in eine Wüste.
Von der letzten Eiszeit bis vor etwa 6000 Jahren war die Region, die heute als Sahara bekannt ist, eine üppige, grüne Landschaft, in der es von Leben wimmelte. Diese Periode endete abrupt und verwandelte diese blühende Region in die heutige trockene Landschaft. Wissenschaftler rätseln seit langem, wie die langsamen Veränderungen der Sonneneinstrahlung aufgrund von Schwankungen in der Erdumlaufbahn zu einem so abrupten, großflächigen Klimawechsel führen konnten. Dieses Rätsel wirft ein Schlaglicht auf die allgemeine Herausforderung, abrupte Veränderungen in natürlichen Systemen zu verstehen und vorherzusagen, die häufig mit Kipp-Punkten in Verbindung gebracht werden.
Die neue Studie von Andreas Morr und Prof. Niklas Boers, Forscher an der TUM und am PIK, stellt eine fortschrittliche Methode zur Früherkennung vor, die genauere und zuverlässigere Frühwarnungen ermöglicht, insbesondere unter realistischeren äußeren Bedingungen. Traditionelle Methoden gehen davon aus, dass zufällige Störungen in einem System zeitlich unkorreliert sind. Dies ist jedoch für Klimasysteme nicht realistisch, da angenommen wird, dass das Wetter eines jeden Tages unabhängig vom Vortag ist. In Wirklichkeit hängt das Wetter von morgen stark von dem von heute ab. Diese Diskrepanz verringert die Zuverlässigkeit herkömmlicher Methoden für Frühwarnsignale. Die neue Methode von Morr und Boers geht diese Einschränkung an, indem sie Faktoren für die Systemstabilität entwickelt, die speziell für realistischere Klimabedingungen ausgelegt sind.
Bei der Anwendung ihrer Methoden auf die Wüstenbildung in der Westsahara stellten sie eine deutliche Frühwarnung vor dem Verlust der Vegetation fest, was als Überschreiten eines Kipppunkts zu verstehen ist. "Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass das abrupte Ende der afrikanischen Feuchtperiode wahrscheinlich durch eine Schwächung der Stabilität des Systems verursacht wurde, als sich die Bahnkonfiguration der Erde änderte und das System allmählich auf einen Kipppunkt zusteuerte", sagt Andreas Morr.
Niklas Boers fügt hinzu: "Die von uns entwickelte fortschrittliche Nachweismethode verbessert unsere Fähigkeit, potenzielle Kipp-Punkte in verschiedenen natürlichen Systemen zu überwachen und darauf zu reagieren. Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass großflächige KlimaKipp-Punkte wie dieser im Prinzip vorhergesehen werden können, was hoffentlich ein rechtzeitiges Eingreifen ermöglicht."
Durch die Verbesserung der Genauigkeit von Frühwarnsignalen unterstützt die Forschung bessere Bereitschafts- und Reaktionsstrategien, die letztlich dazu beitragen, Ökosysteme und menschliche Gesellschaften vor den schwerwiegenden Auswirkungen potenzieller KlimaKipp-Punkte zu schützen, die durch den anthropogenen Klimawandel überschritten werden könnten.
Veröffentlichung:
Andreas Morr und Niklas Boers: "Detection of Approaching Critical Transitions in Natural Systems Driven by Red Noise" veröffentlicht in der Zeitschrift Physical Review X der American Physical Society, 4. Juni 2024 https://doi.org/10.1103/PhysRevX.14.021037
Referenzen: A. Morr und N. Boers, "Detection of approaching critical transitions in natural systems driven by red noise", Phys. Rev. X 14, 021037 (2024).
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
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