Betrugsfilterskandal: Die Odyssee der Betroffenen
Berlin (ots)
Die Folgen der gescheiterten Kulanzregelung: Betrugspartikelfilter vor Gericht - wie sich die Weigerung von Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee konkret auswirkt, die Zulassung mangelhafter Dieselfilter rückwirkend zu kassieren - Deutsche Umwelthilfe berichtet über Betroffene der Betrugsfiltermi¬sere und appelliert an Tiefensee, das "Staatsversagen" zu beenden - Das dem Verkehrsminister Tiefensee unterstellte Kraftfahrtbundesamt versagt Betroffenen Hilfestellung vor Gericht.
Berlin, 26. November 2008: Die Weigerung von Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD), die Zulassung betrügerischer Dieselpartikelfilter rückwirkend zurückzunehmen, macht es für die 40.000 Betroffenen praktisch unmöglich, ihre mangelhaften Filter gegen funktionstüchtige zu tauschen, ohne auf hohen Kosten sitzen zu bleiben. Die von den Ministern Gabriel und Tiefensee vor genau einem Jahr beschlossene "Kulanzregelung" wird zwischenzeitlich von den Herstellern und Verbauern der unwirksamen Systeme gegen die von ihnen betrogenen Autohalter eingesetzt. Kunstvoll nutzen dabei die Werkstattketten PitStop und A.T.U. die Strategie der unterlassenen Hilfestellung der Bundesregierung und sperren sich erneut gegen den kostenlosen Filtertausch selbst in den Fällen, bei denen sie zuvor tausende von "Gutscheinen" ausgegeben haben. Unter Hinweis auf den Fortbestand der steuerlichen Förderung und Feinstaubplaketten bestreiten Filterverkäufer kühl die Funktionsuntüchtigkeit der Systeme des Betrugsfilterherstellers GAT - und finden Gehör bei den Richtern.
Einen von vielen hundert der DUH vorliegenden Fallbeispiele: Am 31. Mai 2007 erwarb der Halter eines Mercedes E 320 CDI bei einem Händler für über 1000 Euro einen GAT-Filter, den er bei einer Werkstatt an seinem Wohnort im hessischen Dillenburg montieren ließ. Nachdem sich herausgestellt hatte, dass der eingebaute Filter zu den nicht ordnungsgemäß funktionierenden Partikelfiltersystemen gehört, verlangte der Betroffene zunächst die Behebung des Mangels. Da die Firma GAT immer wieder öffentlich ankündigte, alsbald funktionstüchtige Ersatzfilter kostenlos bereitzustellen, ließ sich der Betroffene zunächst vertrösten. Erst als dieses Versprechen nicht eingehalten wurde, verlangte er im Juni 2008 bei dem Händler die Rückabwicklung des Kaufvertrags. Der Händler lehnte ab, woraufhin der betroffene Autohalter selbst den Austausch gegen einen funktionstüchtigen Filter der Firma Twintec vornehmen ließ. Insgesamt entstanden ihm Kosten von fast 1.600 Euro, deren Rückerstattung er nun mit einer Klage beim Amtsgericht Dillenburg gegen den Lieferanten des GAT-Betrugsfilters erwirken will.
Die Rechtsvertreter des beklagten Händlers erklärten daraufhin gegenüber dem Gericht kühl, der verkaufte Filter verfüge nach wie vor über eine allgemeine Betriebserlaubnis, "sämtliche steuerliche Vorteile" seien dem Kläger zugeflossen und im Übrigen sei die "Behauptung des Klägers, der Filter würde nicht funktionieren, durch nichts belegt, schon gleich gar nicht bewiesen". Der zunächst eingebaute GAT-Filter sei also "nicht mangelhaft" gewesen, folglich die Klage zurückzuweisen. Der Versuch einer gütlichen Einigung vor Gericht scheiterte. In der anschließenden Gerichtsverhandlung erklärte die Richterin, da die Aufhebung der Zulassung des eingebauten GAT-Filters nicht rückwirkend gelte, müsse der betroffene Autohalter die "Mangelhaftigkeit des streitgegenständlichen Rußpartikelfilters" beweisen.
Ein solcher Nachweis ist im konkreten Fall schon deshalb nicht mehr zu führen, weil der Betrugsfilter inzwischen ausgebaut ist. Aber auch in anderen Fällen sind betroffene Autohalter nicht in der Lage, diesen Nachweis zu führen, weil ein gerichtsverwertbarer Funktionstest die Kosten für den Filter bei weitem übersteigen würde. Da bisher die Bundesregierung sich weigert, die amtlichen Zulassungen für die unwirksamen und auf der Basis gefälschter Prüfergebnisse genehmigten Filter zurückzunehmen, müssen die betroffenen Autohalter in jedem Einzelfall vor Gericht die Mängel beweisen. Dabei hilft es nicht, dass Nachmessungen des KBA sowie des ADAC ergeben haben, dass die Filtersysteme der Firmen GAT-Katalysatoren, Bosal und Tenneco/Walker die gesetzlich geforderten Filterleistungen nicht erbringen.
Die Anwältin des Klägers hat im Übrigen das dem Bundesverkehrsministerium unterstellte Kraftfahrtbundesamt (KBA) mehrfach schriftlich gebeten, ihr die zwischenzeitlich im Herbst 2007 erfolgte Löschung der Zulassung des betroffenen GAT-Filters offiziell zu bestätigen. Das KBA verweigert diese Auskunft bis heute. Die Information des Betroffenen über die Löschung der Zulassung des entsprechenden Filtersystems erfolgte bisher nur über den ADAC.
"Die DUH erreichen täglich neue Horrormeldungen über vergebliche Versuche geprellter Autohalter, die von der Bundesregierung vor einem Jahr verkündete so genannte Kulanzregelung in der Praxis umzusetzen. Zwischenzeitlich ist der Filteraustausch zum Erliegen gekommen, ermutigt vom rechtswidrigen Verhalten des Verkehrsministers verweigern GAT und Einbauwerkstätten die Umsetzung der Kulanzregelung", sagte DUH-Bundesgeschäfts¬führer Jürgen Resch. Die Weigerung des dem Verkehrsminister Tiefensee unterstellten KBA, den betroffenen Autohaltern in ihrem Kampf um ihr Recht wenigstens von Amts wegen zu bestätigen, dass das jeweilige Filtermodell wegen erwiesener Mängel nicht mehr über eine Lizenz verfügt, sei "dabei nur der Gipfel der Ignoranz. Tiefensee versucht den Skandal auch seines Hauses zu Lasten der Betroffenen auszusitzen".
Resch appellierte an den Verkehrsminister, der sich entgegen einer Aussage seiner eigenen Pressesprecherin in der Bundespressekonferenz am vergangenen Montag weiter weigert, die Zulassungen für Betrugsfilter nachträglich zu entziehen: "Machen Sie diesem andauernden Staatsversagen endlich ein Ende. Entziehen Sie den Betrugsfiltern mit Wirkung für die Vergangenheit die Betriebserlaubnis und lassen Sie nicht länger 40.000 betrogene Autofahrer im Stich".
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