Deutsche Umwelthilfe: EU gewährt Autoherstellern "Urlaub vom Klimaschutz"
Berlin (ots)
Bevorstehende EU-Abgasregelung unterstützt Spritfresser-Strategie der deutschen Autohersteller - Klimaschutz absurd: Spritverbrauch und Klimagasausstoß dürfen bis 2012 sogar noch ansteigen - Selbst das Langfristziel für 2020 wird durch eine "Revisionsklausel" entwertet - Nach dem Durchmarsch der Autolobby bei Bundesregierung und in der EU: DUH fordert Bundestag und Bundesrat auf, dieser für den Klimaschutz verheerenden Regelung durch ein Bonus-Malus System entgegenzuwirken
2. Dezember 2008: Nach über einem Jahr Verhandlung über die Eindämmung der wachsenden CO2-Emissionen von Pkw in Europa droht nun ein so genannter "Kompromiss", der in kommenden Jahren sogar einen weiteren Anstieg der durchschnittlichen Abgaswerte erlauben soll. Auch mittelfristig bedeutet die sich abzeichnende Einigung ein Desaster für die EU-Klimapolitik.
"Die EU verabschiedet sich damit vom Klimaschutz im Verkehrsbereich. Die hier bisher geltenden Minderungsziele werden damit absehbar weit verfehlt. Der unter massivem Druck vor allem der deutschen Autohersteller und ihrer Bundesregierung zustande gekommene angebliche Kompromiss erlaubt bis 2012 sogar noch eine Zunahme des durchschnittlichen Spritverbrauchs sowie der CO2-Emissionen. Es ist ein Danaergeschenk an die Automobilhersteller, die nun vier weitere Jahre übermotorisierte und schwergewichtige Fahrzeuge auf den Markt zu bringen", erklärte Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH). "Die deutsche Autoindustrie hat in Brüssel einen Pyrrhussieg gelandet, an dessen Ende ihr Niedergang auf den nationalen und internationalen Märkten stehen könnte. Die Klimakanzlerin und ihr Umweltminister stehen just in dem Moment auf der Klimabremse, in dem die USA auf das Gaspedal treten. Das ist nicht nur Politik gegen das Klima, sondern auch gegen die Industrie", sagte Resch.
Nach Berechnungen der Deutschen Umwelthilfe erhöhen sich die damit erlaubten Pkw-Emissionen im Rahmen des bevorstehenden Kompromisses von 158 g CO2/km im Jahr 2007 auf über 160 g CO2/km in 2012. Ermöglicht wird dies durch der vereinbarten Übergangsfristen ("Phase-in"), der pauschalen Anrechnung sog. Eco-Innovations, pauschaler Biosprit-Gutschriften sowie anderer Schlupflöcher. Selbst der für das Jahr 2015 für dann alle Fahrzeuge bei 120 g CO2/km liegende Wert erhöht sich durch die ausgehandelten pauschalen Gutschriften auf einen Wert zwischen 135 - 144 g CO2/km. Selbst der ehrgeizig wirkende Zielwert für 2020 in Höhe von 95 g CO2/km ist durch eine "Revisionsklausel" für 2013 entwertet. Zum Zeitpunkt der Revisionsbetrachtung darf der durchschnittliche CO2-Ausstoß so hoch sein wie heute. Folglich ist das bekannte Klagelied von den unrealistischen Zielen fest programmiert.
Der DUH-Bundesgeschäftsführer nannte es eine "Propagandalüge der Autohersteller", wenn sie nun behaupteten ein schnelles Umsteuern sei wegen der langen Entwicklungszeiträume nicht möglich. "Die Operation Klima- und Ressourcenschutz muss und kann jetzt stattfinden, nicht 2015 oder 2020", verlangte Resch. Als erstes müssten kleiner dimensionierte Motoren mit angemessener Leistung eingesetzt werden, auch Sprit sparende Getriebe und insgesamt leichtere Fahrzeuge könnten sehr schnell realisiert werden. Wie ein fertig konstruiertes Fahrzeug in kürzester Frist verkaufsbereit umkonstruiert werden könne, habe Daimler bei der Markteinführung des Kleinstwagen Smart bewiesen, als dieser in seiner ursprünglichen Version die Sicherheitsansprüche nicht erfüllte. Innerhalb von nur neun Monaten sei seinerzeit ein komplett neues Fahrzeug entwickelt und produzeirt worden.
Statt der Autoindustrie einen "jahrelangen Urlaub vom Klimaschutz" zu gewähren, müsse die Regierung jetzt "Maßnahmen ergreifen, die effiziente Pkw wirksam fördern und Spritfresserei unter Strafe stellen." Dazu müsse zum Beispiel die CO2-basierte Kfz-Steuer entsprechend ausgestaltet und das Dienstwagenprivileg abgeschafft werden. Besonders effiziente Pkw könnten ganz von der Kfz-Steuer befreit und Spritfresser wie in anderen Ländern überproportional belastet werden. Die Abschreibung von Dienstwagen dürfe nur für Fahrzeuge weiter bestehen, die den aktuell geltenden Zielwert von 140 g CO2/km unterschreiten.
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