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Deutsche Umwelthilfe e.V.

Autopolitik der Bundesregierung in der Sackgasse

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Berlin (ots)

Gemeinsame Pressemitteilung
Deutsche Umwelthilfe und Verkehrsclub Deutschland kritisieren 
Kfz-Steuerkonzept und so genannte Umweltprämie - CO2-Steuer steuert 
gegen den Klimaschutz - Spritschlucker mit PS-starken Dieselmotoren 
müssen zukünftig weniger zahlen als bisher - Andere 
EU-Mitgliedstaaten fördern sparsame Pkw über attraktive Anreize und 
bremsen Spritschlucker mit hohen CO2-bezogenen Steuern - 
Verschrottungsprämie ohne ökologische Wirkung - Verbände fordern 
Konjunkturspritze für ÖPNV und Hilfsprogramm zum Einbau von 
Dieselfiltern in Nutzfahrzeuge
16. Januar 2009: Als konjunkturpolitisch weitgehend wirkungslos 
und ökologisch kontraproduktiv haben die Deutsche Umwelthilfe (DUH) 
und der Verkehrsclub Deutschland (VCD) die im Rahmen des 
Konjunkturprogramms der Bundesregierung beschlossenen Hilfen für die 
Automobilindustrie kritisiert. Die Eckpunkte für eine am CO2-Ausstoß 
orientierte Kfz-Steuer und der als "Umweltprämie" verbrämte reine 
Kaufzuschuss zur Ankurbelung des Autoabsatzes seien inakzeptabel. 
Nach dem 1,3 Milliarden Euro schweren Kfz-Steuererlass im ersten 
Konjunkturprogramm, der Spritfresser um ein Mehrfaches höher fördert 
als Klima schonende Pkw, habe sich die Bundesregierung nun zum 
zweiten Mal binnen weniger Wochen für ebenso kurzfristige wie 
kurzsichtige Interessen der Autohersteller und gegen den Klimaschutz 
entschieden, erklärten DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch und der
verkehrspolitische Sprecher des VCD, Gerd Lottsiepen, in Berlin.
"Jahrelang haben Bund und Länder die am CO2-Ausstoß orientierte 
Kfz-Steuerreform diskutiert, um den Individualverkehr Richtung 
Klimaschutz zu steuern - und nun sollen zukünftige Autokäufer 
ausgerechnet für die übelsten Klimakiller weniger zahlen als bisher",
sagte Resch. Mit dem Konzept eines "Sockelbetrags" und nur schwach 
steigenden Belastungen pro Gramm CO2-Ausstoß, die zudem erst bei 120g
CO2-Ausstoß pro Kilometer ansetzen, fehle für die Autobauer außerdem 
der Anreiz, Sprit sparende Fahrzeuge mit deutlich niedrigeren 
CO2-Emissionen voranzutreiben oder innovative Antriebe wie etwa 
Erdgas-, Hybrid- oder Elektro-Motoren weiter zu entwickeln. Je nach 
der endgültigen Ausgestaltung der immer noch zwischen SPD und CDU/CSU
strittigen Sockelbeträge würden großvolumige Diesel SUVs wie der Q7 
von Audi mit 500 PS um bis zu 520 EUR jährlich von der Kfz-Steuer 
entlastet (s. Tabelle im Anhang).
Allerdings gebe es nach DUH-Informationen auch vier Tage nach der 
Einigung im Koalitionsausschuss und zwei Tage nach dem 
Kabinettsbeschluss über die Ausgestaltung des Sockels noch keine 
Einigung in der Koalition, sagte Resch. "Die Bundesregierung muss 
sich von ihrem untauglichen Konzept einer Koppelung von Sockelbetrag 
und CO2-bezogener Komponente verabschieden. Von allen derzeit in der 
Regierung diskutierten Alternativen ist dabei eine Kombination von 
Hubraum- und CO2-Komponente für Dieselmotoren besonders widersinnig. 
Der einheitliche Sockelbetrag ist eine Sackgasse, aus der es keinen 
in sich schlüssigen Ausweg gibt." Nach Überzeugung der DUH sollte die
Bundesregierung für besonders effiziente Pkw von zum Beispiel weniger
als 90 g CO2/km Kaufanreize schaffen und hohe Kraftstoffverbräuche 
stark überproportional belasten. Ein solches Konzept hatte der VCD 
bereits vor knapp zwei Jahren ausgearbeitet und gemeinsam mit der DUH
der Öffentlichkeit vorgestellt.
Die Deutsche Umwelthilfe präsentierte eine Übersicht über die 
Steuer- und Abgabenpolitik für den Pkw Sektor in anderen 
EU-Mitgliedstaaten. Über mit dem CO2-Ausstoß stark steigende Steuern,
über Kaufanreize von teilweise mehreren tausend Euro für Klima 
schonende Pkw und hohe Strafsteuern bei der Zulassung von 
Klimakiller-Fahrzeugen versuchten Länder wie Frankreich, Portugal, 
Norwegen, Schweden oder die Benelux-Staaten, ihren Fahrzeugbestand 
erfolgreich in Richtung Klimaschutz zu steuern. "Die Bundesregierung 
baut dagegen einen Schutzwall um die Fehlentwicklungen in der 
deutschen Autoindustrie und programmiert so auf mittlere Sicht den 
weiteren Niedergang der Branche",  sagte Resch.
Der verkehrspolitische Sprecher des VCD, Gerd Lottsiepen, 
kritisierte insbesondere die von der Bundesregierung beschlossene 
Verschrottungsprämie in Höhe von 2.500 Euro für mindestens neun Jahre
alte Autos: "Der Begriff ´Umweltprämie´ ist völlig irreführend. Die 
Bundesregierung verfolgt mit der Geldspritze für die Autoindustrie 
keinerlei ökologische Zielsetzung. Sie subventioniert vielmehr die 
internationale Autoindustrie und verteilt nach dem Zufallsprinzip 
Geld an Autokäufer." Von der Regelung profitieren würden nur 
Autofahrer, für die es zufällig gerade in diesem Jahr Sinn mache, 
einen Neuwagen oder neuen Gebrauchten zu kaufen und die noch dazu 
einen relativ wertlosen Gebrauchtwagen besitzen. Diese Schnittmenge 
sei nicht sehr hoch, weil Besitzer älterer Gebrauchtwagen oft nicht 
über die finanziellen Mittel verfügten, sich einen Neuwagen 
anzuschaffen.
Neue Pkw seien zudem nicht immer umweltfreundlicher als alte 
Fahrzeuge. Durch die Umweltprämie würden aber Autokäufer auch dann 
gefördert, wenn sie einen Pkw verschrotten, der weniger Kraftstoff 
verbraucht oder weniger gesundheitsschädigende Abgase ausstößt als 
das Neufahrzeug. Ein neun Jahre alter Benziner blase beispielsweise 
weniger gesundheitsschädigende Stickoxide und Partikel in die 
Umgebung, als ein durchschnittlicher Diesel-Pkw aus dem 
Produktionsjahr 2009. Beim Kraftstoffverbrauch und beim Ausstoß des 
Treibhausgases CO2 fänden sich in der VCD Auto-Umweltliste 1999/2000 
Fahrzeuge, die wegen ihres niedrigen Spritverbrauchs heute noch als 
beispielgebend gelten. So verbraucht der damals produzierte 
Volkswagen Lupo 3L TDI 2,99 Liter Diesel und emittiert 81 Gramm CO2 
pro Kilometer. Zum Vergleich: Der sparsamste Serien-Pkw des Baujahres
2009, der smart cdi, hat einen CO2-Ausstoß von 88 g CO2. Der neue VW 
Golf 1.4, vor wenigen Wochen mit viel Werbung in den Markt gebracht 
wurde, verbraucht genau so viel Sprit wie ein vergleichbarer zehn 
Jahre alter Golf.
Darüber hinaus seien zahlreiche Details der Verschrottungsprämie 
noch nicht geklärt: Zum Beispiel, ob die Alt-Pkw als Ersatzteillager 
in Einzelteile zerlegt oder ins Ausland exportiert werden dürfen oder
in die Schrottpresse müssen. Sollte letzteres der Fall sein, werde es
wenig Nachfrage für die Verschrottungsprämie geben, weil viele 
Gebrauchtwagen auf dem Markt mehr bringen als 2.500 Euro. Lottsiepen:
"Die sogenannte Umweltprämie ist eine 1,5 Milliarden Euro teure 
Mogelpackung, die zum Missbrauch einlädt und der Umwelt eher schadet 
als nutzt. Sie ist auch durch Verbesserungen im Detail nicht zu 
retten".
Lottsiepen forderte stattdessen Investitionen in den öffentlichen 
Personenverkehr (ÖPNV), die viel höhere Beschäftigungs- und 
Umwelteffekte zur Folge hätten. Würde der Umweltverbund durch 
modernere Fahrzeuge und bessere Verbindungen gestärkt, führe dies zu 
mehr Fahrgästen in Bussen und Bahnen und somit zu einem Aufschwung 
bei Busherstellern und im Schienenfahrzeugbau. Mehr Bus-, Lok- und 
Straßenbahnfahrer würden gebraucht, dazu mehr Service- und 
Wartungskräfte. So könnten zigtausende Jobs geschaffen und eine 
zukunftsfähige Verkehrspolitik eingeleitet werden.
"Die Nachfrage für einen modernen ÖPNV steigt", sagte der 
VCD-Experte. Aber wegen der klammen öffentlichen Kassen bestehe hier 
ein Investitionsstau. Der VCD fordere deshalb Förderprogramme für 
Busse und Bahnen mit moderner Umwelttechnik. ÖPNV-Fahrzeuge würden 
zudem zu einem deutlich höheren Anteil als Pkw in Deutschland gebaut,
auch die Fahrzeugindustrie würde profitieren. In ihrem 
Konjunkturprogramm II gehe die Bundesregierung von Kosten in Höhe von
200.000 Euro für jeden geretteten Arbeitsplatz aus. Mit einem solchen
Zuschuss fahren zusätzlich eingesetzte Linienbusse über 100.000 
Kilometer - inklusive der Lohnkosten für Fahrer und Servicepersonal 
sowie der Abschreibung für den Bus.
Resch und Lottsiepen erklärten, sie seien keineswegs grundsätzlich
gegen konjunkturfördernde Umweltprämien im Autobereich. So wäre es 
nach Überzeugung von DUH und VCD vernünftig, Dieselpartikelfilter in 
Nutzfahrzeugen zu fördern, wovon allerdings im Konjunkturprogramm der
Regierung keine Rede sei. Partikelfilter in Transportern und Lkw 
würden die Luftqualität in den Ballungszentren nachhaltig verbessern.
Weil sie hauptsächlich in heimischen mittelständischen Betrieben 
gefertigt und in ortsansässigen Werkstätten eingebaut werden, hätte 
ein solches Programm tatsächlich eine konjunkturfördernde Wirkung.

Pressekontakt:

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer DUH, Hackescher Markt 4, 10178
Berlin; Mobil.: 01713649170, Fax.: 0302400867-19, E-Mail:
resch@duh.de

Gerd Lottsiepen, Verkehrspolitischer Sprecher VCD,
Rudi-Dutschke-Straße 9, 10969 Berlin, Mobil: 01718824449, E-Mail:
gerd.lottsiepen@vcd.org

Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik & Presse DUH, Hackescher Markt 4,
10178 Berlin; Tel.: 03024008670, Mobil: 01715660577, Fax:
030240086719, E-Mail: rosenkranz@duh.de

Almut Gaude, VCD-Pressestelle, Tel.: 03028035112, Mobil: 01716052409,
E-Mail: presse@vcd.org

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