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Deutsche Umwelthilfe e.V.

Dienstaufsichtsbeschwerde und Strafanzeige wegen Schwermetallbelastungen um Abfallanlage Pohritzsch in Sachsen

Berlin (ots)

Behörden wussten bereits seit Monaten von
"bleikontaminiertem Staub" -Nach Rechtsauffassung der Deutschen 
Umwelthilfe ist die unterlassene Warnung der vom Giftstaub belasteten
Anwohner auch strafrechtlich relevant - DUH-Bundesgeschäftsführer 
Resch: "Auf dem Weg zur größten Mülldeponie Mitteleuropas verweigert 
Sachsen seinen Bürgern systematisch ihre Rechte"
Die Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) hat angekündigt, gegen die für
die Überwachung der Abfallbehandlungsanlage S.D.R. Biotec 
Verfahrenstechnik GmbH im nordsächsischen Pohritzsch verantwortlichen
Behördenleiter Dienstaufsichtsbeschwerde und zudem Strafanzeige zu 
stellen. Letzter Auslöser für den Schritt sei das in einer am 
vorgestrigen Montag veröffentlichten Pressemitteilung des 
Landratsamts Nordsachsen in Torgau enthaltene Eingeständnis gewesen, 
dass das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie bereits 
Ende 2008 aufgrund eigener Staubniederschlagsmessungen von 
"Auffälligkeiten im Bezug zu Immissionen bleikontaminiertem Staub" 
wusste, erklärte die Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation. 
Daraufhin hat das Landratsamt Nordsachsen zwar nach eigenem Bekunden 
"Bodenproben zur Abklärung von möglichen Bodenbelastungen 
angeordnet", diese jedoch nicht sofort durchgeführt. Darüber hinaus 
wurden die betroffenen Anwohner in keiner Weise über das 
offensichtliche Risiko informiert.
Erst nach Veröffentlichung von festgestellten 
Schwermetallbelastungen durch die DUH wurde - über ein Jahr nach dem 
ersten Hinweis auf Gefahr im Verzug für Anwohner um die Anlage - 
gestern durch das Landratsamt Nordsachsen vorsorglich darauf 
hingewiesen, dass "im unmittelbaren Umkreis der Fa. S.D.R. Biotec 
Pohritzsch direkte Bodenkontakte möglichst vermieden werden sollten" 
und dass außerdem der Verzehr von Wintergemüse vorübergehend 
eingeschränkt werden sollte.
Das Eingeständnis eines tatsächlichen Risikos hoher 
Schwermetallbelastungen in dem der Abfallbehandlungsanlage 
benachbarten Wohngebiet erfolgte von den Behörden erst, nachdem die 
DUH Ende vergangener Woche eigene Messungen von Bodenproben 
veröffentlicht hatte. Darin war der zulässige Bleigehalt um den 
Faktor sechs und der für das Schwermetall Cadmium sogar um den Faktor
elf überschritten gewesen. Bereits seit einem Jahr, konkret seit 
Februar 2008, weist die Deutsche Umwelthilfe auf die in Fotos 
dokumentierten, offensichtlich schwermetallhaltigen Staubemissionen 
der Abfallbehandlungsanlage hin. Doch anstelle diesen Hinweisen 
sofort nachzugehen, Bodenproben zu nehmen und den Schwermetallgehalt 
untersuchen zu lassen wiegelten die für die Überwachung zuständigen 
Behörden und das Umweltministerium mehrfach ab und behaupteten im 
April 2008 gar, die auf den Fotos deutlich sichtbaren Staubwolken 
seien "Wasserdampf".
Zuletzt am 13.01.2009 verlangte die DUH Auskunft über die 
Ergebnisse der Staubimmissionsmessungen vom Umweltministerium. Mit 
Schreiben vom 21.01.2009 wurden der DUH diese Werte verweigert und 
darüber hinaus angekündigt, die Untersuchungen würden bis August 2009
verlängert werden, erst danach würde die DUH diese Ergebnisse 
erhalten.
Ebenso unkooperativ verhielt sich das zuständige 
Regierungspräsidium Leipzig bei der Forderung der DUH nach 
behördlichen Bodenproben. Über Monate hinweg weigerte sich diese 
Behörde, die zum Gesundheitsschutz zwingend notwendigen 
Untersuchungen durchzuführen. Zum großen Erstaunen der DUH erhielt 
bisher der Betreiber der Abfallbehandlungsanlage die Auflage, 
eigenständig Bodenproben entnehmen und untersuchen zu lassen. Für die
DUH nicht überraschend jeweils ohne Befund.
"Es hat sich bei der Verkehrsüberwachung bewährt, dass die Polizei
die Einhaltung der Verkehrsregeln überwacht. Würde man die in Sachsen
offensichtlich übliche Praxis der Selbstüberwachung von 
Abfallbehandlungsanlagen auf den Straßenverkehr übertragen, so hieße 
dies, die Autofahrer wäre selbst dafür verantwortlich, den 
Verkehrsbehörden ihre Geschwindigkeitsübertretungen zu melden ", so 
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH. "Auf dem Weg zur größten
Mülldeponie Mitteleuropas verweigert Sachsen seinen Bürgern 
systematisch ihre Rechte. Was wir erleben, ist der zynische Umgang 
von Behörden mit der Gesundheit der Anwohner. Risiken werden immer 
erst dann öffentlich eingestanden, wenn Beweise vorliegen, die oft 
genug Dritte beibringen müssen, in diesem Fall die Deutsche 
Umwelthilfe in Kooperation mit den Betroffenen", erklärte 
DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.
Hintergrund
Bereits im Februar 2008 hat die DUH das Regierungspräsidium Leipzig 
auf die hohen Staubbelastungen um die Abfallbehandlungsanlage in 
Pohritzsch aufmerksam gemacht und Bodenproben gefordert. 
Bereitgestellte Fotos ließen vermuten, dass die vor Ort vorgefundene 
Staubbelastung direkt von der Abfallbehandlungsanlage ausgeht. Nach 
schriftlicher Aussage des Regierungspräsidiums Leipzig wurde die 
Anlage "regelmäßig überwacht". Die Behörde habe hinsichtlich der 
Staubemissionen der Anlage selbst und der Umgebung "keinerlei 
Beanstandungen festgestellt". Ohne jegliche Bodenproben genommen und 
analysiert zu haben, stellte das Regierungspräsidium Leipzig der DUH 
gegenüber fest: "Ein Verdacht auf Gesundheitsgefahr für die Bürger 
durch die Abfallbehandlung der S.D.R. Biotec Verfahrenstechnik GmbH 
in Pohritzsch liegt nicht vor". Auch der damalige Staatsminister 
Wöller hat auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/ Die 
Grünen im sächsischen Landtag am 17. März 2008 versichert, dass es 
zur Sammlung von Staubproben in der Umgebung der Anlage "keine 
Veranlassung" gäbe.
Auf wiederholte Forderungen der DUH hat das Sächsische 
Umweltministerium im April 2008 eine Staubmessung durch das 
Regierungspräsidium Leipzig angekündigt. Bodenanalysen wurden jedoch 
weiterhin abgelehnt. Daraufhin hatte die DUH selbst drei Bodenproben 
aus der Umgebung der Anlage analysieren lassen. In der Probe eines 
angrenzenden Wohngebiets hat ein staatlich anerkanntes Prüflabor 
Bleikonzentrationen 2.340 Milligramm pro Kilogramm und 
Cadmiumkonzentrationen von 223 Milligramm pro Kilogramm Trockenmasse 
festgestellt. Die entsprechenden Grenzwerte für Wohngebiete liegen 
bei 400 bzw. 20 Milligramm pro Kilogramm Trockenmasse.
Sowohl Blei als auch Cadmium sind sehr giftig und 
gesundheitsschädigend. Blei schädigt über einen langen Zeitraum schon
in niedrigen Konzentrationen die Nerven. Laut Umweltbundesamt stehen 
die neurotoxischen Effekte beim Menschen durch Bleivergiftungen im 
Vordergrund. Bei Cadmium sind langfristig Schädigungen der Nieren zu 
erwarten. Beide Metalle sind auch krebsauslösend. Untersuchungen 
lassen u. a. auf ein erhöhtes Lungenkrebsrisiko nach langjähriger 
Exposition von hohen Cadmiumkonzentrationen in Form atembarer Stäube 
schließen.

Pressekontakt:

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Deutsche Umwelthilfe e.V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Mobil.: 0171 3649170, resch@duh.de

Maria Elander, Leiterin Kreislaufwirtschaft, Deutsche Umwelthilfe
e.V., Hackescher Markt 4, 10178 Berlin Tel.: 030 24 00867-41, 0160
533 73 76, elander@duh.de

Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik und Presse DUH, Hackescher Markt
4, 10178 Berlin, Mobil: 01715660577, Tel.: 0302400867-21, Fax:
0302400867-19,E-Mail: rosenkranz@duh.de

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