Zuverlässigkeitsprüfung von Krümmel-Betreiber Vattenfall vor den Wahlen abschließen
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Berlin (ots)
Vor der Sondersitzung des Bundestags-Umweltausschusses fordert Deutsche Umwelthilfe klare Entscheidung der Aufsichtsbehörden über Zuverlässigkeit von Vattenfall Europe - Entzug der Betriebsgenehmigung zum Schutz der Bevölkerung geboten - "Sündenregister" von Vattenfall wächst weiter
Die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) hat die Atomaufsichten in Schleswig-Holstein und im Bund eindringlich aufgefordert, noch vor den Bundes- und Landtagswahlen am 27. September zu entscheiden, ob sie den AKW-Betreiber Vattenfall Europe weiter für befähigt halten, Atomkraftwerke in Deutschland zu betreiben oder nicht. "Fast drei Monate zwischen dem Beginn der Zuverlässigkeitsprüfung und dem Wahltag reichen für eine fundierte Entscheidung", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer Baake. "Alles andere wäre eine Irreführung der Bevölkerung im Vorfeld der Bundestagswahl, mit dem offensichtlichen Ziel, Krümmel nach der Wahl wieder ans Netz zu bringen und dem Konflikt mit dem schwedischen Staatskonzern auszuweichen". Die Wählerinnen und Wähler hätten ein Anrecht darauf zu wissen, wie es nach der Wahl mit dem Pannenreaktor vor den Toren Hamburgs weitergehen soll, erklärte Baake anlässlich der Sondersitzung des Umweltausschusses des Bundestags am morgigen Mittwoch.
Den Entzug der Betreiberlizenz sehe das Atomgesetz zwar nur als letztes Mittel vor, um zu einem wirksamen Schutz der Bevölkerung vor den Katastrophenrisiken der Atomenergienutzung zu kommen. Doch bleibe den Ministern Christian von Boetticher (CDU) und Sigmar Gabriel (SPD) "angesichts des beispiellosen Sündenregisters, das Vattenfall in den vergangenen Jahren angesammelt hat, kaum eine andere Wahl." Im Fall von Vattenfall sei der Punkt erreicht, an dem der Staat handeln müsse.
Baake erinnerte an die Parallelitäten des spektakulären Transformatorbrandes in Krümmel vor zwei Jahren und der erneuten Havarie Anfang Juli diesen Jahres, nachdem der Reaktor zwei Jahre lang keinen Strom geliefert hatte. Außerdem seien schwere Störfälle und eine mangelnde Sicherheitskultur in den letzten Jahren an allen vier Vattenfall-AKW-Standorten (Brunsbüttel und Krümmel in Deutschland, Forsmark und Ringhals in Schweden) aufgetreten. Obwohl nach dem Transformatorbrand im Sommer 2007 die verantwortliche Führungsspitze von Vattenfall Europe ausgetauscht worden sei, habe dies offenbar keine positiven Folgen für die Sicherheits- und Kommunikationskultur des Unternehmens gehabt. Deshalb reiche auch die Auswechselung des Kraftwerksdirektors im aktuellen Fall nicht aus, um die dramatischen Zweifel an der Zuverlässigkeit und Fachkunde zu heilen.
Auch dieses Mal habe "Vattenfall vor und nach der Notabschaltung des Reaktors am 4. Juli mit einer Mischung aus Unfähigkeit und Ignoranz reagiert", sagte die Leiterin Energiewende und Klimaschutz der DUH, Cornelia Ziehm. So habe
-am 4. Juli nicht Vattenfall die Atomaufsicht in Kiel zuerst von der Schnellabschaltung unterrichtet, sondern die Polizei;
-der Vorstandsvorsitzende von Vattenfall Europe, Tuomo Hattaka, nicht von seinen Mitarbeitern von der erneuten Notabschaltung des Meilers in Krümmel erfahren, sondern durch einen Anruf des schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen;
-Vattenfall eine mit der Atomaufsicht fest vereinbarte Überwachungseinrichtung - einer so genannten Teilentladungs- Detektion - in dem dann am 4. Juli ausgefallenen Maschinentransformator AT 02 vor dem wieder Anfahren nicht installiert; -der Konzern noch am 9. Juli in einer Pressemitteilung behauptet, die Betriebstüchtigkeit des fünf Tage zuvor havarierten Transformators AT 02 sei im Vorhinein von Gutachtern des TÜV Nord "uneingeschränkt bestätigt" worden, was diese umgehend als "nicht zutreffend" zurückwiesen. In einem internen Protokoll erklärt der TÜV Nord, man habe im Gegenteil die Installierung der Messeinrichtung vor der Wiederaufnahme des Leistungsbetriebs verlangt;
- Vattenfall gegen die Auflage zum Einbau einer Audioeinrichtung zur Stimmaufzeichnung in der Schaltwarte die Gerichte angerufen und
-wiederum am 9. Juli und bis heute den Eindruck vermittelt, als sei es nach dem Kurzschluss im Maschinentransformator völlig bestimmungsgemäß zu einer Reaktorschnellabschaltung gekommen. In Wirklichkeit hätte sich nach Überzeugung von Fachleuten der Reaktor weiter selbst mit Strom versorgen und auch nicht Not abschalten müssen, wenn die elektrischen Schutzeinrichtungen bestimmungsgemäß funktioniert hätten.
"Allein diese Auflistung fördert grundlegende Mängel und Schwächen bei den verantwortlichen Personen und in der Organisation des Betriebs zu Tage. Nimmt man die Ereignisse in Krümmel von vor zwei Jahren sowie die Situation in Ringhals und Forsmark hinzu, so ist offensichtlich auch künftig ein erhöhtes Sicherheitsrisiko zu besorgen. Verhält es sich aber so, besteht, wie das Bundesverwaltungsgericht höchstrichterlich entschieden hat, Anlass für die Versagung beziehungsweise den Widerruf der Betriebsgenehmigung", erklärte Ziehm. Bezüglich der technischen Abläufe bei beiden Transformator-Havarien seien noch viele Fragen offen. Der Reaktor dürfe nicht wieder ans Netz gehen.
Ziehm: "Die noch bei Vattenfall verbliebenen Kunden können dem Konzern jetzt die endgültige Beendigung seines AKW-Engagements erleichtern, indem sie massenhaft zu konzernunabhängigen Ökostrom-Händlern wechseln." Der Wechsel könne beispielsweise unter www.atomausstieg-selber-machen.de binnen weniger Minuten vollzogen werden.
Anhang: DUH-Hintergrund: "Fatale Tradition - zuverlässig bei Vattenfall sind nur Pannen und Unfälle"
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Dr. Cornelia Ziehm, Leiterin Klimaschutz und Energiewende, Deutsche
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