Neuer Diesel-Smart stößt mehr Feinstaub aus als ein moderner Stadtbus - Cityauto bleibt der "Dreckspatz von Mercedes"
Berlin (ots)
Deutsche Umwelthilfe beklagt "fortgesetzte Luftvergiftung" und kündigt "kreative Aktionen" an, sollte der heute präsentierte neue Diesel-Smart ab Frühjahr 2007 ohne vollwertigen Partikelfilter ausgeliefert werden - Schadensersatzklage wegen Unterlassungserklärung, die DaimlerChrysler unter Vorspiegelung falscher Tatsachen gegen DUH erwirkt hat
Der am heutigen Donnerstag in Stuttgart erstmals vorgestellte Smart fortwo der zweiten Generation geht in seiner Dieselvariante erneut ohne vollwirksamen Partikelfilter an den Start. Das runderneuerte Citymobil, das ab Frühjahr 2007 ausgeliefert werden soll, stößt damit ein Vielfaches der gesundheitsschädlichen Feinstaubpartikel aus, die zum Beispiel ein moderner Stadtomnibus mit geregeltem Partikelfilter an die Umgebung abgibt. Mit dem Verzicht auf die in Neuwagen inzwischen gängige Abgasreinigungstechnik ausgerechnet in einem Stadtwagen unterläuft der DaimlerChrysler-Konzern die Bemühungen von Städten und Kommunen, die Feinstaubbelastung entlang der Hauptverkehrsadern wirksam zu reduzieren. Auf die "fortgesetzte Luftvergiftung" hat die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) heute in Berlin hingewiesen.
"DaimlerChrysler missachtet rücksichtslos die Bemühungen von Städten und Kommunen, die gesundheitsgefährdende Feinstaubbelastung in den Ballungsräumen zu reduzieren. Während die übrigen deutschen Pkw-Hersteller ihre neuen Diesel-Modelle mit geregelten Partikelfiltern ausstatten, demonstriert DaimlerChrysler Chef Zetsche ausgerechnet beim Stadtauto Smart, wie man durch falsche Entscheidungen eine Automarke kaputt macht", kommentierte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch die Präsentation des neuen Smart. Und er prophezeit: "Ein Dreiliterauto mit schmutzigem Diesel wird in Deutschland nicht zu verkaufen sein."
Resch warf dem DaimlerChrysler-Konzern vor, mit der Entscheidung gegen einen geregelten Dieselpartikelfilter für die neue Smart-Modellreihe "fortgesetzten Wortbruch" zu begehen. Anlässlich der Jahreshauptversammlung im April 2005 hatte der vormalige Vorstandvorsitzende Jürgen Schrempp (bereits damals auf Druck der DUH) unmissverständlich erklärt: "Die Dieselvariante des Smart fortwo-Nachfolgers wird von der Markteinführung an mit Dieselrußfilter ausgestattet sein". Unter Schrempps Nachfolger Dieter Zetsche geschieht jetzt das Gegenteil. Der neue Diesel-Smart erhält nach übereinstimmenden Berichten von SPIEGEL und AutoBild keinen Partikelfilter. Um zumindest die derzeitigen Mindestanforderungen von Euro 4 (25 mg PM/km) zu erfüllen, kommt im Abgasstrang ein so genannter PM-Kat als Billiglösung zum Einsatz.
Mit dem "Dreckspatz von Mercedes" fordert DaimlerChrysler Politik und Verbraucher gleichermaßen heraus. Bei allen anderen Pkw der "Mercedes Car Group" und auch den Diesel-Neuwagen der übrigen deutschen Autohersteller kommen geregelte Partikelfilter zum Einsatz, die den Dieselruß zu mehr als 99 Prozent herausfiltern und deren Partikelemissionen bei unter 1 mg PM/km liegen. Sie alle unterschreiten damit locker den zukünftigen Grenzwert der Euro-5-Norm von 5 mg/km, der seit Januar 2005 als so genannte "Pre-Norm" europaweit gültig ist. Die DUH wird potenzielle Smart-Kunden aus Gründen der Luftreinhaltung ausdrücklich vor dem Kauf des Diesel-Smart warnen - auch weil er wegen der schlechten Abgaswerte "enorm schnell an Wert verlieren" werde.
Resch kündigte an, die Deutsche Umwelthilfe werde Städte und Gemeinden, Pkw-Flottenbetreiber, sowie Mietwagenunternehmen auffordern, keine schmutzigen Diesel-Pkw wie den nun vorgestellten Smart mehr in ihre Fuhrparks aufzunehmen. Außerdem plant die DUH gemeinsam mit anderen Umweltorganisationen dezentrale und "kreative Aktionen" vor den Smart-Centern in Deutschland.
Verärgert zeigte sich Resch insbesondere darüber, dass DaimlerChrysler noch Mitte Juni juristisch gegen die DUH vorgegangen war, als die Umweltorganisation öffentlich gemacht hatte, dass der neue Diesel-Smart - wie schon sein Vorgänger - über keinen geregelten Dieselpartikelfilter verfügen werde. Genau so ist es jetzt gekommen. Der Stuttgarter Konzern hatte von der DUH unter Androhung gerichtlicher Schritte eine Unterlassungserklärung verlangt, mit dem Argument, die Entscheidung sei noch nicht gefallen. Die Umwelthilfe verlangt nun Schadenersatz für die ihr im Verlauf der rechtlichen Auseinandersetzung entstandenen Kosten. Außerdem erwägt die Organisation, mit einer Strafanzeige wegen Betrugs gegen den Konzern vorzugehen. "Die Staatsanwaltschaft muss in diesem Fall bei Smart und DaimlerChrysler ermitteln, wann genau unternehmensintern die Entscheidung für den Verzicht auf einen geregelten Dieselpartikelfilter im neuen Smart gefallen ist", erklärte DUH-Anwalt Dr. Remo Klinger. Es sei dem Unternehmen offenbar darum gegangen, eine öffentliche Debatte über die Fehlentscheidung im Vorfeld der Smart-Präsentation zu unterbinden.
Ursprünglich plante die Bundesregierung, für schmutzige Diesel-Neuwagen wie den Smart eine einmalige Strafsteuer von 300 Euro zu erheben. Dagegen lief DaimlerChrysler-Chef Zetsche Sturm. Gegenüber dem Bundesumweltministerium, aber auch in den Ländern erhöhte der Stuttgarter Konzern massiv den Lobbydruck. In einem der DUH vorliegenden Schreiben an das Berliner Umweltministerium vom 19. Mai 2006, spricht sich DaimlerChrysler gegen eine "Strafzahlung" in Form eines Malus aus.
"Es beeindruckt schon, wie schnell nach dieser persönlichen Intervention des DC-Vorstandsvorsitzenden die sinnvolle Malusregelung für Dieselstinker vom Tisch war. Heute tagen die Finanzminister der Länder erneut über die zukünftige Rußfilterförderung. Die Malus-Regelung ist inzwischen vom Tisch", sagte Resch.
Die Auseinandersetzung über den hohen Feinstaub-Ausstoß des Citymobils Smart läuft bereits seit Jahren. Im Sommer 2004 hatte die DUH in Berlin einen Smart mit voll funktionstüchtigen, geregeltem Partikelfilter der Öffentlichkeit vorgestellt und damit schon damals die Behauptung der Autohersteller widerlegt, wonach es nicht möglich sei, Kleinwagen mit Partikelfiltern auszustatten.
Für Rückfragen: Jürgen Resch, Deutsche Umwelthilfe e. V., Bundesgeschäftsführer, Hackescher Markt 4, 10178 Berlin; Tel.: Mobil.: 0171 3649170, Fax.: 030 258986-19, E-Mail: resch@duh.de
Dr. Remo Klinger, Rechtsanwaltskanzlei Geulen und Klinger, Schaperstr. 15, 10719 Berlin, Tel.: 030884728-0, Fax: -10, E-Mail: klinger@geulen.com
Dr. Gerd Rosenkranz, Deutsche Umwelthilfe e. V. - Leiter Politik, Hackescher Markt 4, 10178 Berlin; Tel.: 030 258986-0, Fax.: 030 258986-19, Mobil: 0171 5660577, E-Mail: rosenkranz@duh.de
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