Aus für Rußfilterförderung: Unions-Fraktionschef Volker Kauder am langen Arm von DaimlerChrysler
Berlin (ots)
Forderungen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion bedeuten das Aus für eine steuerliche Förderung des Dieselpartikelfilters in Deutschland - Lobbystrategie von DaimlerChrysler-Chef Zetsche geht auf - Hersteller wollen Filterförderung nicht, weil sie hoffen, ohne sie mehr Neuwagen verkaufen zu können
22. November 2006: Die neuerliche Blockade der Rußfilterförderung durch die CDU/CSU-Bundestagsfraktion bedeutet im Ergebnis keine Verzögerung, sondern faktisch das endgültige Aus für eine steuerliche Förderung des Dieselpartikelfilters in Deutschland. Darauf hat die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) hingewiesen und gleichzeitig auf Basis nichtöffentlicher Äußerungen aus den Führungsetagen der Automobilindustrie gezeigt, dass dieses von vornherein das Ziel der Hersteller war.
"DaimlerChrysler-Chef Dieter Zetsche ist nun am Ziel und kann sich bei Volker Kauder, dem Unionsfraktionsvorsitzenden, dafür bedanken. Der baden-württembergische Bundestagsabgeordnete Kauder hat sich nach unseren Informationen in den vergangenen Tagen persönlich für dieses Desaster stark gemacht, das den Stuttgarter Konzern reich und die Stuttgarter Bürgerinnen und Bürger krank macht", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. "Ausgerechnet in der schmutzigsten Stadt Deutschlands mit über 180 Überschreitungen der Feinstaub-Grenzwerte pro Jahr verhindert ein schwarzer Block aus CDU und rückständiger Automobilindustrie den seit Jahren erwarteten Startschuss für die Filterförderung. Zetsche und Kauder machen sich persönlich schuldig, spätestens seit gestern sind sie verantwortlich für Krankheit und Leid der Dieselrußgeschädigten."
Im Ergebnis bedeute schon die Forderung der Unionsfraktion, die Bundesregierung möge das Gesetz im kommenden Jahr "regulär" in den Bundestag einbringen, für 2007 auf eine Gegenfinanzierung zu verzichten, nicht nur eine mehrmonatige Verzögerung, da hierzu das Finanzierungskonzept komplett neu errechnet und mit den Ländern abgestimmt werden muss. Die bisher vorgesehene Steuererhöhung für Dieselstinker um 1,20 Euro pro 100 ccm Hubraum kann aus verfassungsrechtlichen Gründen offensichtlich nicht rückwirkend zum 1. Januar 2007 in Kraft treten. Vor allem aber blockiere die Forderung der Unionsfraktion, den hubraumabhängigen Malus für schmutzige Dieselfahrzeuge erst nach 2007 zu erheben, die Förderung insgesamt. "CDU und CSU müssen wissen, dass sie mit dieser Forderung eine Einigung mit den Ländern unmöglich machen und es somit zu keiner Filterförderung in Deutschland kommen wird. Schon unter Rotgrün und dann noch einmal im Frühjahr 2006 seien frühere Konzepte an der aus Sicht der Ländermehrheit mangelnden "Aufkommensneutralität" gescheitert. Dies wird sich nun wiederholen", so Resch.
Der DUH-Bundesgeschäftsführer erinnerte daran, dass DaimlerChrysler-Chef Dieter Zetsche, der auch als offizieller "Berater" der Bundesregierung fungiere, im vergangenen Mai fast im Alleingang eine ursprünglich geplante Strafsteuer für Diesel-Neufahrzeuge ohne Dieselpartikelfilter in Höhe von 300 Euro gekippt hatte. Nun stehe auch der zweite Malus für Dieselstinker, die hubraumabhängige Steuerbelastung 1,20 EUR/100 ccm, in Frage. Damals hatten DaimlerChrysler-Mitarbeiter nach einem Gespräch zwischen Zetsche und Bundesumweltminister Gabriel den Lobbyeinsatz ihres Chefs - entgegen den Gepflogenheiten - sogar noch einmal schriftlich in einem Schreiben an das Bundesumweltministerium bekräftigt. Der Brief verfolgte zwei Ansinnen: Als Mindestanforderung an die Politik sollte die geplante Zulassungssteuer in Höhe von 300 Euro für ungefilterte Neufahrzeuge vom Tisch - sie hätte vor allem auf potenzielle Käufer des Diesel-Smart fortwo, der auch in seiner ab 2007 verkauften Version nicht mit einem geregelten Rußfilter ausgestattet sein soll, eine abschreckende Wirkung entfaltet. Darüber hinaus machte DaimlerChrysler in dem Schreiben klar, was der Konzern insgesamt von der Filter-Nachrüstung der rund zehn Millionen Pkw auf deutschen Straßen hält - nämlich nichts. Auf Basis fadenscheiniger und längst widerlegter Zahlen stellte der Stuttgarter Konzern die Frage, "ob die Pkw-Nachrüstung aus Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten der beste Lösungsansatz sei". Mit erstaunlicher Offenheit erklärten die Zetsche-Mitarbeiter, worum es eigentlich geht. Statt einer Nachrüststrategie müsse es gemeinsames Ziel von DaimlerChrysler und Bundesregierung sein "Altfahrzeuge ... schrittweise durch effiziente Fahrzeuge mit neuer Technologie (inkl. serienmäßigen Partikelfilter) zu substituieren." Kurz: DaimlerChrysler wollte Neufahrzeuge verkaufen statt alte nachzurüsten.
"Den ersten Teil der Operation setzte DaimlerChrysler-Chef Zetsche im Frühjahr mit Hilfe ´befreundeter´ Bundesländer wie Baden-Württemberg durch", erklärte Resch, "für den zweiten Teil, die Blockade der Filterförderung insgesamt, steht nun der baden-württembergische Abgeordnete Volker Kauder zur Verfügung, der praktischerweise auch CDU/CSU-Fraktionsvorsitzender ist."
Resch appellierte insbesondere an die Abgeordneten der Unionsfraktion, sich nicht für Partikularinteressen einzelner Konzerne einspannen zu lassen und spätestens kommende Woche einen Antrag auf Filterförderung im Bundestag einzubringen. Nur unter dieser Voraussetzung könne der Bundesrat die Regelung wie ursprünglich geplant bei seiner letzten Sitzung in diesem Jahr am 15. Dezember verabschieden: "Kommen Sie ihrem Wählerauftrag nach, schützen Sie die Menschen vor gefährlichem Feinstaub und setzen Sie nicht mutwillig tausende von Arbeitsplätzen in der mittelständischen Zulieferindustrie aufs Spiel, die schon viel zu lange darauf wartet, dass die Politik endlich ihre Versprächen hält. Wir verlangen von der CDU/CSU Politik für die Menschen und keine Gefälligkeiten für rückständige Automobilkonzerne!"
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