Nach der Welt AG: Daimler schickt Diesel-Smart als Feinstaub-Schleuder an den Start
Berlin (ots)
In der neuen Dieselversion bleibt der Smart der "Dreckspatz von Mercedes" - BUND Baden-Württemberg und Deutsche Umwelthilfe kündigen Protestaktionen vor Smart-Verkaufscentern und "kreative Aktionen" an - Einstweilige Verfügung wegen irreführender Smart-Werbung wird Ende Mai vor dem Landgericht Stuttgart verhandelt
16. Mai 2007: Daimler bleibt sich treu: Auch nach der teuren Scheidung von Sorgenkind Chrysler will der Stuttgarter Konzern die neue Dieselversion seiner Kleinstwagen-Tochter Smart ab diesem Monat ohne vollwertigen Rußpartikelfilter ausliefern. Mit 13 Milligramm Partikelmasse pro gefahrenem Kilometer (mg/km) stößt der Stadtwagen erheblich mehr der gefährlichen Feinstaubpartikel aus als ein moderner, gefilterter Stadtbus. Darüber hinaus ist der neue Smart for two cdi offensichtlich die einzige deutsche Neuvorstellung unter den Diesel-Pkw, die die Euro 5 Partikelwerte nicht einhält. Darauf haben die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) und der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), Landesverband Baden-Württemberg, anlässlich einer gemeinsamen Pressekonferenz in Berlin hingewiesen und gleichzeitig Protestaktionen vor Smart-Verkaufscentern und andere "kreative Aktionen" gegen die "Feinstaub-Schleuder" aus dem Haus Mercedes angekündigt.
Die baden-württembergische BUND-Vorsitzende Brigitte Dahlbender erinnerte daran, dass in Deutschland jährlich bis zu 19.000 Menschen vorzeitig an Dieselruß sterben und damit fast viermal so viele wie im Straßenverkehr. Die Lebenserwartung aller Deutschen sinkt nach neuesten Schätzungen wegen der Feinstaubbelastung um neun Monate, ein bis drei Monate gehen auf das Konto des Diesel-Smogs. Die Abgase eines herkömmlichen Dieselmotors sind etwa zehn Mal krebserregender als die eines Benziners. "Es ist umwelt- und gesundheitspolitisch ein Skandal, dass ausgerechnet das Stadtauto Smart, das vorrangig in den mit Feinstaub ohnehin hoch belasteten Ballungszentren verkehren wird, immer noch mit einem unzulänglichen Partikelminderungssystem ausgestattet wird", kritisierte Dahlbender. Ab September 2009 seien 5 mg/km in der europäischen Abgasnorm Euro 5 verbindlich vorgeschrieben. Technisch möglich und in allen voll gefilterten Diesel-Pkw schon heute erreicht, sei sogar erheblich weniger. "Gerade in Stuttgart, der Heimatstadt des Smart-Mutterkonzerns, wo am Neckartor der EU-weit gültige Partikelgrenzwert im vergangenen Jahr 175 Mal überschritten wurde, ist aus gesundheitlichen Gründen eine maximal mögliche Senkung der Partikel dringend geboten. Der Wert von 13 mg/km beim Diesel-Smart ist absolut indiskutabel. Der Gesetzgeber bestraft Smart-Käufer zu recht mit einer Strafsteuer, weil er die Euro 5 Partikelwerte nicht erreicht", so Dahlbender. BUND-Mitglieder würden deshalb noch im Frühsommer damit beginnen, potenzielle Smart-Kunden mit "kreativen Aktionen" über die besondere Rußpartikelproblematik des Smart cdi zu unterrichten.
"Der Daimler-Konzern beweist einmal mehr, dass er alles kann - nur nicht Wort halten und saubere Stadtautos produzieren. Dieter Zetsches Vorgänger Jürgen Schrempp hat im April 2005 öffentlich erklärt, der neue Diesel-Smart erhalte einen vollwertigen Dieselpartikelfilter. Dieter Zetsche blieb es vorbehalten, diese Zusage zu brechen", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Es helfe wenig, wenn sich Konzernvertreter heute brüsteten, mit dem Smart cdi "das Serienfahrzeug mit dem niedrigsten CO2-Emissionswert weltweit" zu verkaufen, wenn der Zweisitzer gleichzeitig mehr der hoch gefährlichen Rußpartikel ausstoße, als alle anderen neuen Dieselmodelle aus deutscher Produktion. Resch: "Der neue Diesel-Smart als schmutzigster Pkw aus der Mercedes Car Group trägt den Titel ´Dreckspatz von Mercedes´ vollkommen zu recht." Die DUH forderte Zetsche auf, den Verkauf solange einzustellen, bis der Diesel-Smart mindestens so sauber sei wie jeder moderne Stadtbus mit geregeltem Partikelfilter. Andernfalls würden die Umweltorganisationen den Verbraucherinnen und Verbrauchern vor den Smart-Centern die schlechten Abgaswerte plastisch nahe bringen.
Die DUH hat unterdessen vor dem Landgericht Stuttgart gegen die Smart GmbH den Erlass einer Einstweiligen Verfügung wegen irreführender Werbung beantragt. Der Autobauer hatte in einem Werbeauftritt im Internet erklärt, der Smart "mit serienmäßigem Dieselpartikelfilter (offenes System) erzielt extrem niedrige Emissionswerte". "Diese Aussage führt potenzielle Kunden hinters Licht", erklärte die Leiterin Recht und Verbraucherschutz der DUH, Cornelia Ziehm. Angesichts der Tatsache, dass heute offensichtlich weit über 80 Prozent der in Deutschland neu zugelassenen Diesel-PKW über einen vollwertigen Partikelfilter verfügten, die alle Ruß-Emissionen von deutlich unter 5 mg/km aufwiesen, "können 13 mg/km schlechterdings nicht als extrem niedrig qualifiziert werden. Alles andere wäre unlauterer Wettbewerb zu Lasten der Gesundheit der Bürger und der Umwelt", so Ziehm. Diese Sichtweise habe der DUH auch das zuständige Umweltbundesamt (UBA) offiziell bestätigt. Aus fachlicher Sicht sei die Beschreibung der Emissionen von 13,1 mg/km als "extrem niedrig" nicht gerechtfertigt, heißt es in einer so genannten "verbindlichen Auskunft" des UBA. "Extrem niedrig" bedeute heute vielmehr ein "Emissionsniveau in der Größenordnung von 1 mg/km oder darunter", so die UBA-Experten. Der DUH-Antrag wird am 30. Mai vor dem Landgericht Stuttgart verhandelt.
In einem Mailwechsel im Vorfeld des DUH-Antrags auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung hatte smart außerdem erklärt, der Smart for two cdi werde wegen des mangelhaften Filters "steuerlich nicht mit einer Strafe belegt". Die Aussage ist nach Überzeugung der DUH eindeutig falsch, denn im Zuge der kürzlich in Kraft getretenen steuerlichen Stützung nachgerüsteter Partikelfilter werden seit dem 1. April im Gegenzug alle neu zugelassenen Diesel-Pkw, die nicht die künftige Euro 5 Abgasnorm erreichen, mit einer Art "Strafsteuer" belastet. Das trifft auch den Diesel-Smart, der doch angeblich über "extrem niedrige" Emissionswerte verfügt. Interessant: Als die Bundesregierung im Juni 2006 die inzwischen in Kraft getretene Regelung vorbereitete, versuchte DaimlerChrysler-Chef Zetsche Bundesumweltminister Sigmar Gabriel mit aller Macht von genau dieser Regelung abzubringen. Nach einem Telefonat mit dem Minister ließ er seine Sicht der Dinge in einem Schreiben an das BMU noch einmal festhalten. DaimlerChrysler, hieß es damals, halte "eine ´Strafzahlung´ in Form eines Malus für Pkw ... für bedenklich." Ziehm: "Inzwischen ist das eingetreten, was DaimlerChrysler damals verhindern wollte. Nur will der Konzern das nun nicht mehr zugeben."
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Dr. Brigitte Dahlbender, BUND LV Baden-Württemberg, Vorsitzende,
Paulinenstr. 47, Stuttgart, Tel.: 0711 6203060, E-Mail:
brigitte.dahlbender@bund.net
Jürgen Resch, Deutsche Umwelthilfe, Bundesgeschäftsführer, Hackescher
Markt 4, 10178 Berlin; Mobil: 0171 3649170, Fax: 030 258986-19,
E-Mail: resch@duh.de
Dr. Cornelia Ziehm, Deutsche Umwelthilfe, Leiterin Recht und
Verbraucherschutz, Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Mobil:
0160/5337376, E-Mail: ziehm@duh.de
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