Pressestimmen: Hat die Opposition Macht, Herr Schäuble?: Der Vizechef der Unionsfraktion über Krieg und Kanzlerreden
Berlin (ots)
Der CDU-Politiker Wolfgang Schäuble sieht durch die Irak-Krise Chancen für ein neues Verhältnis zwischen Europa und den USA. Dem "Tagesspiegel am Sonntag" sagte Schäuble, auch die USA könnten aus der Krise lernen: "Die amerikanische Politik wird ja nicht nur ganz stolz darauf sein, dass sie es im Sicherheitsrat noch nicht einmal geschafft hat, eine einfache Mehrheit für ihre Resolution zustande zu bringen." Eine positive Veränderung sei aber nur dann möglich, "wenn sie sich darauf verlassen kann, dass die Europäer und vor allem die Deutschen verlässliche Partner sind". Er hoffe, dass auch die Europäer begriffen, "dass man Europa nicht in Gegnerschaft zu Amerika, sondern nur in der transatlantischen Partnerschaft formen kann".
Schäuble vertrat die Ansicht, dass Deutschland in der Irak-Krise eine größere Rolle in der Weltpolitik gespielt habe als jemals zuvor in der Nachkriegsgeschichte. Insofern stimme der Satz "Germany is not relevant" nicht mehr, den Paul Wolfowitz geprägt habe, der Berater von US-Verteidigungsminister Rumsfeld. Die neue Rolle sei aber durch "unverantwortliche Politik" entstanden. "Ich fürchte, dass das deutsche Vorgehen einen sehr unglücklichen Einfluss auf die französische Politik gehabt hat. Bis dahin hatten sich deutsche Regierungen immer darum bemüht, die französische Politik in einer Balance mit dem Verhältnis zu Amerika zu halten. Nachdem Berlin sich aber offen gegen Washington stellte, hat die französische Politik Ende Januar die Balance verloren", sagte Schäuble. Der Bundesregierung empfahl Schäuble, sich an den Kosten des US- Aufmarschs am Golf zu beteiligen: "Wer die Abrüstungsfortschritte gut heißt, muss bereit sein, über eine Beteiligung an diesem militärischen Druck zu reden, wenn er von Washington und London gefragt wird."
Die Regierungserklärung des Kanzlers vom Freitag kritisierte Schäuble scharf. Schröders Rede habe "den Rest kleiner Hoffnungen noch einmal enttäuscht", er könne dem Land jetzt "nur noch einen Dienst erweisen: Den Weg für eine bessere Regierung freimachen." Seiner Meinung nach sei dies "bald so weit", sagte Schäuble. "Man konnte die wachsende Resignation in den Reihen der SPD während der Regierungserklärung ja sehen."
Zum Auftritt von Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber im Bundestag sagte Schäuble, die Union sei sich in den grundsätzlichen Fragen "völlig einig". Dass die Unionsfraktion andere Reformbeschlüsse getroffen habe als die von Stoiber präsentierten, hindere "niemanden, auch nicht den Vorsitzenden der besonders erfolgreichen CSU, eigene Vorschläge zu machen." Auch die Auseinandersetzung um die Rolle der Gewerkschaften sei kein Grundsatzstreit in der Union: Fraktionsvize Friedrich Merz habe nicht die Rolle der Gewerkschaften bestritten, sondern "den Machtanspruch einiger Gewerkschaftsfunktionäre, die sich quasi an die Stelle des Gesetzgebers setzen".
ots-Originaltext: Der Tagesspiegel
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