Der Tagesspiegel: Ist das noch sozial, Herr Milbradt?
Sachsens Ministerpräsident
über notwendige Zumutungen für Arbeitslose, die fehlende Lobby für
den Osten und kleinkarierte Politik bei Olympia
Berlin (ots)
Die rot-grünen Hartz-Reformen bringen aus Sicht von Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) allenfalls im Westen etwas. Im Gespräch mit dem in Berlin erscheinenden "Tagesspiegel am Sonntag" sagte Milbradt: "Womöglich funktioniert es noch im Westen, durch Leistungskürzungen die Arbeitslosen zur intensiveren Job-Suche zu animieren. Im Osten sind einfach die Arbeitsplätze nicht da." Milbradt kritisierte, dass die ursprünglichen Beschlüsse der SPD- Bundestagsfraktion "verschlimmbessert" worden seien.
Milbradt plädierte dafür, verstärkt Zuschüsse zu Niedriglöhnen zu ermöglichen. "Jede Arbeit ist besser als Nicht-Arbeit." Er hoffe sehr, dass eine solche Änderung im im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat vereinbart werden könne. "Wenn Arbeitslohn und ergänzender Transfer höher ist als Nicht-Arbeit, ist das doch ein Vorteil. Die Leute wollen doch arbeiten. Das Hauptproblem in Ostdeutschland ist nicht die Menge an Drückebergern, sondern die zu geringe Arbeit."
Der sächsische Regierungschef kritisierte, dass die Debatten in Deutschland fast ausschließlich unter westdeutschem Blickwinkel geführt werden. "Der Westen kann es sich leisten, eine solche Politik zu machen, weil er sehr viel Fett hat. Da ist der Veränderungsdruck geringer." Gegenwärtig habe der Osten auf Bundesebene "überhaupt keine Lobby". Er finde "auf der Bundesebene praktisch nicht statt".
Kritisch äußerte sich Milbradt zur Entwicklung der Olympia- Bewerbung. Er sei zwar "noch nicht so weit, von Chaos zu sprechen". Doch sei "ganz klar, dass Leipzig nur dann international eine Chance hat, wenn aus einer sächsischen Bewerbung eine gesamtdeutsche Bewerbung wird". "Die Bundespolitik muss dahinter stehen, die gesamte Bevölkerung, der Westen. Und das ist bis jetzt nur ungenügend gelungen." Im Augenblick sei die deutsche Politik kleinkariert.
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