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Der Tagesspiegel

Der Tagesspiegel: Debatte über die weiteren Sozialreformen

Berlin (ots)

Die SPD will den Bürgern vorerst keine weiteren
Belastungen mehr zumuten. „Die Schmerzgrenze für die Menschen ist
erreicht“, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD, Rainer
Wend, dem Tagesspiegel. Dies gelte insbesondere für Kleinverdiener.
Deshalb seien die meisten in der Fraktion erleichtert über den
Kurswechsel des Kanzlers bei der Pflegeversicherung.
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte indes, die
Entscheidung dürfe kein Vorbote eines umfassenden Reformstopps sein.
Wend verlangte, dass es vorerst keine weiteren finanziellen
Belastungen durch Sozialreformen geben dürfe. Sonst sei zu
befürchten, „dass der gesamte Reformprozess der Agenda 2010
diskreditiert wird“. Die Grünen interpretieren die
Kanzler-Entscheidung dagegen nicht als Ende der Reformen im
Sozialbereich. Die Pflege-Entscheidung sei „eine vorübergehende
Abweichung von einem Kurs, an dem wir festhalten wollen“, sagte
Göring-Eckardt dem Tagesspiegel. Gerade die Pflege- Reform dürfe nun
nicht um Jahre aufgeschoben werden. Schröder habe lediglich „einen
konkreten Vorschlag von Sozialministerin Ulla Schmidt vom Tisch
genommen“, sagte Parteichef Reinhard Bütikofer dem Tagesspiegel: „Die
Konsequenz daraus ist, dass Ulla Schmidt einen neuen Vorschlag machen
muss, der die Probleme löst.
Wend kündigte zugleich Reformen bei Innovation und Bildung an. So
sollen die Bedingungen für Genforscher verbessert werden. „Wenn wir
das Thema Innovationen ernst meinen, werden wir nicht um die Freigabe
von Embryonen zu Forschungszwecken herumkommen“, sagte er. Diskutiert
werde in der Koaltion auch, sämtliche Kosten für Pflege,
Kinderbetreu-ung und haushaltsnahe Dienstleistungen von der Steuer
absetzbar zu machen. „Wir müssen Beschäftigung im Niedriglohnsektor
mobilisieren und Schwarzarbeit bekämpfen“, warb Wend für die
Wiedereinführung des so genannten Dienstmädchenprivilegs, die auch
die Union will. Die Wirtschaft rief die Regierung auf, den
Reformprozess fortzusetzen. „Deutschland braucht nicht weniger,
sondern mehr Reformen“, sagte Ludwig Georg Braun, Präsident des
Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), dem Tagesspiegel.
Industriepräsident Michael Rogowski sieht ohne Reformen sogar den
Aufschwung in Gefahr: „Nur wenn die Regierung mit weiteren Reformen
die Wachstumskräfte stärkt, wird er sich festigen. Sonst könnte das
Wachstum am Jahresende wieder abbröckeln.“ Manfred Weber,
Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken, nannte es
„fatal, wenn wir zweieinhalb Jahre vor der nächsten Bundestagswahl
schon wieder in Tatenlosigkeit versinken“. Die Geschäftsführerin des
Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller, Cornelia Yzer, sagte,
es sei "kaum vorstellbar, wenn der Kanzler jetzt seine Reformen auf
Eis lege. "Der Reformbedarf ist gewaltig", sagte sie dieser Zeitung.
"Der Reformprozess muss dringend weitergehen." Die Gesundheitsreform
sei bislang nur eine "Kostendämp- fungsreform", sagte Yzer. Die
strukturellen Reformen stünden noch aus.
Inhaltliche Rückfragen richten Sie bitte an:
Der Tagesspiegel, Ressort Politik, Telefon 030/26009-389
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Thomas Wurster
Chef vom Dienst
Telefon: 030-260 09-419
Fax: 030-260 09-622
Email: thomas.wurster@tagesspiegel.de

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