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Der Tagesspiegel

Der Tagesspiegel: Bernd Wilms über die Zukunft des Deutschen Theaters

Berlin (ots)

Bernd Wilms, Intendant des Deutschen Theaters noch
bis 2006, hat Kultursenator Thomas Flierl scharf kritiisiert. In
einem Gespräch mit dem Tagesspiegel (Ausg. vom 7. 1. 05) sagte er:
"Wir haben eine sehr gute Spielzeit am Deutschen Theater - die beste,
seit ich hier Intendant bin. Deswegen erlebe ich das kulturpolitische
Gerangel mit einer Mischung aus Wut und Amüsement. Ich sehe kein
Theater in Berlin, das gegenwärtig besser dasteht als das Deutsche."
"Die Gesprächsresistenz des Senators ist enorm. Es glaubt mir
keiner, aber ich hatte in Flierls zweieinhalb Amtsjahren nicht ein
einziges ernsthaftes Gespräch mit ihm über das Deutsche Theater. Als
die Entscheidung für Christoph Hein fiel, habe ich vom Senator eine
SMS bekommen. Das heißt, einmal haben wir doch über das Theater
gesprochen, an dem Tag, als klar war, dass ich nicht weitermache.
Flierl hat mich gefragt, wen ich als meinen Nachfolger vorschlage,
aber da war Christoph Hein schon längst in der Szene unterwegs."
"Der Senator will "kein Theater, das so vielfältig ist wie die
Welt". Genau das versuchen wir aber. Das ist die schönste Utopie.
"Linie", "Einheit", "Bedeutung", das klingt ja furchtbar. Die
Sehnsucht nach klaren Verhältnissen, die Angst vorm Disparaten, vor
der Überforderung, der Verunsicherung - alles verständlich, aber
spießig. Wir werden uns noch eine ganze Weile damit abfinden müssen,
dass es keine Moral und keine Ästhetik gibt, die man getrost nach
Hause tragen kann."
Zur Frage, ob Wilms am DT unter Umständen doch verlängern würde,
erklärte er: "Ich bin doch nicht mein eigenes Interim. Ich glaube,
dass jetzt ernsthaft jemand gefunden werden muss."
Über die Ost-West-Problematik im Theater meint Wilms: "In manchen
Köpfen entsteht die DDR erst jetzt: ein politisches Wunschbild .
Könnte es nicht mal wieder so sein, wie es nie war? Das ist die
Haltung, und ich verstehe das. Das gibt es in jeder Biografie. Man
muss natürlich auch bedenken, dass der DDR-Teil des Deutschen
Theaters die kürzere Geschichte war, im Ganzen. Das sind alles
merkwürdige, scheinbar an keinerlei Realität nachzuvollziehende
Fantasien und Wunschwelten. Zu Schauspielern passt das nicht. Die
sind zu geerdet. Die wollen ganz einfach auf der Bühne stehen und
große Rollen zeigen. Ost und West ist ein politisches,
kulturpolitisches Problem. Aber kein Arbeitsproblem im Theater."
Bei Rückfragen Tagesspiegel Kultur 26009 345/445
ots-Originaltext: Der Tagesspiegel

Rückfragen bitte an:

Der Tagesspiegel
Thomas Wurster
Chef vom Dienst
Telefon: 030-260 09-419
Fax: 030-260 09-622
Email: thomas.wurster@tagesspiegel.de

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