Der Tagesspiegel: Der Entführer und Mörder des Bankierssohns Jakob von Metzler reicht vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Beschwerdeverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland ein
Berlin (ots)
Magnus Gäfgen, der Entführer und Mörder des Bankierssohns Jakob von Metzler, hat vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg ein Beschwerdeverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eingereicht. Das berichtet der Berliner "Tagesspiegel" in seiner Dienstagsausgabe. Grund für die Klage ist die Folterandrohung, der Gäfgen nach seiner Festnahme ausgesetzt war.
Gäfgens Anwalt schreibt in der Straßburger Klage, bei dem Vorgang handele es sich um die massivste in der Nachkriegsgeschichte Deutschlands bekannt und beweisbar gewordene Verletzung des Menschenrechts und des Folterverbots". In der Schrift, die dem "Tagesspiegel" vorliegt, heißt es weiter, die Verurteilung Gäfgens zu lebenslanger Haft basiere im Kern auf dem durch massivste Gewaltanwendungen erpressten Geständnis. Eine effektive Wahrnehmung der Verteidigungsrechte" sei nicht mehr möglich gewesen, nachdem die erdrückenden Beweise durch Folter erlangt worden waren.
Der Frankfurter Polizeivizepräsident Daschner hatte damals angeordnet, Gäfgen zur Rettung des Lebens des entführten Kindes" nach vorheriger Androhung, unter ärztlicher Aufsicht, durch Zufügung von Schmerzen (keine Verletzungen) erneut" zu befragen, wie er in einem Vermerk festhielt. Die Veröffentlichung des Vermerks hatte zu einer großen Debatte geführt, ob in besonderen Fällen Folter und ihre Androhung legitim sein könnte.
Klageziel in Straßburg sei, die Verurteilung Deutschlands zu erreichen, sagte Gäfgens Anwalt dem "Tagesspiegel". Deutschland habe "die Garantie des Folterverbots massiv verletzt". Weiter heißt es in der Schrift: "Durch eine massive Menschenrechtsverletzung wurde das Beweismittel erfoltert, das den gesamten Prozess bestimmte."
Die letzte Entscheidung des Straßburger Gerichtshofs in einem solchen Fall hatte 1999 zu einer Verurteilung Frankreichs geführt, schreibt der "Tagesspiegel". Der Betroffene hatte damals wegen seiner Behandlung in Polizeihaft ein Entschädigung von 500 000 Francs bekommen. Gäfgen strebt dagegen keine Entschädigung an. Würde nach einer üblichen Bearbeitungsdauer von fünf Jahren seiner Beschwerde entsprochen, könne das nach Angaben des Anwalts zu einer Wiederaufnahme des Verfahrens führen. Nur so wäre im Sinne der Verteidigung das Urteil noch zu korrigieren. Außerdem habe der Spruch Auswirkung für die Haftdauer. Eine festgestellte Verfahrensverletzung bliebe nicht ohne Wirkung auf die Strafvollstreckungskammer. Sie entscheidet schließlich, wie lange das "Lebenslänglich" von Gäfgen effektiv dauert.
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