Börsen-Zeitung: Willkommene Heuschrecken, Kommentar von Christoph Ruhkamp zum unerwartet schnellen Verkauf der Eon-Immobilientochter Viterra an die Deutsche Annington
Frankfurt (ots)
Das wäre vor zehn Jahren noch völlig undenkbar gewesen: Kurz vor einer Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen erwirbt ein Finanzinvestor britischer Provenienz ein riesiges Wohnungspaket vom regional heimischen Eon-Konzern. Darin enthalten sind auch noch zahlreiche ehemalige Werkswohnungen. Dennoch hält sich der Widerstand gegen den Deal in Grenzen.
Als Terra Firma vor Jahren in Deutschland startete, musste der Fonds noch mit starkem politischem Widerstand kämpfen. Schon die CDU- Regierung unter Helmut Kohl hätte es als sehr unpassend empfunden, die Wohnungen aus dem Bundeseisenbahnvermögen an einen Private- Equity-Fonds zu verkaufen, der damals noch in japanischer Hand (Nomura) war. Im Jahr 2001 konnte die Terra-Firma-Tochter Deutsche Annington die Eisenbahnerwohnungen dann doch erwerben.
Was sich seitdem verändert hat, ist nicht die politische Landschaft. Das Misstrauen gegenüber ausländischen Investoren hat sich kaum verringert, wie sich an SPD-Chef Münteferings Rhetorik ablesen lässt, der Finanzinvestoren mit Heuschrecken vergleicht. Verändert haben sich vielmehr die Sicht deutscher Unternehmen auf ihre Immobilien und die Haushaltslage der öffentlichen Hand. Beides sorgt dafür, dass zahlungskräftige Heuschrecken mittlerweile willkommen geheißen werden. Deshalb gingen die bundeseigene Gagfah an Fortress, die Berliner GSW an Cerberus und das ThyssenKrupp-Wohnungsportfolio an Morgan Stanley.
Für den Immobilienmarkt sind diese Verkäufe ein Effizienzgewinn. Die Wohnungen kommen in die Hände von Unternehmern, die sich mit der Sanierung von Gebäuden auskennen. Die Verwaltung erfolgt nun mit weniger durchschnittlichem Aufwand. Kaum eine der hiesigen Immobiliengesellschaften wollte sich dieser Aufgabe stellen. Zu mühsam und zu riskant erschien das Geschäft. Vielleicht fehlte es auch einfach am Know-how für die Finanzierung. Es brauchte jemanden von außen, um den Markt in Bewegung zu bringen.
Die verkaufenden Unternehmen nutzen die Gelegenheit, um Eigenkapital für ihr Kerngeschäft freizuschaufeln. Mit rund 2,4 Mrd. Euro Gewinn rechnet Eon aus dem Viterra-Verkauf. Der Erlös steht nun für Akquisitionen im Energiegeschäft zur Verfügung etwa in Italien oder in Osteuropa, deren Energiemärkte derzeit dereguliert werden.
(Börsen-Zeitung, 18.5.2005)
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