Börsen-Zeitung: Rechenexempel MTU, Kommentar zum Börsengang des Triebwerkszulieferers von Michael Flämig
Frankfurt (ots)
Der Triebwerkszulieferer MTU Aero Engines und der Bezahlfernsehsender Premiere werden dieser Tage häufig in einem Atemzug genannt. Eigentlich müssten in solchen Fällen wenigstens die Zuhörer nach Luft schnappen. Sicherlich: Beide Unternehmen sind bis dato die wichtigsten deutschen Börsengang-Vertreter 2005. Dies ist jedoch die einzige Gemeinsamkeit. Geschäftsmodelle und Strategie könnten unterschiedlicher kaum sein. Aus Anlegersicht bedeutet dies: Premiere war eine Glaubensfrage. MTU ist ein Rechenexempel.
Die IPO-Pressekonferenz von MTU machte die Unterschiede in der Positionierung symbolhaft deutlich. Drei Monate zuvor hatte Premiere- Chef Georg Kofler fast in einer One-Man-Show, an einem Stehtisch platziert, die Präsentation durchgezogen. Die Frage bei Beobachtern am Schluss lautete, ob eigentlich Kofler oder doch Premiere an die Börse gehe? Bei MTU dagegen nahm der vierköpfige Vorstand sitzend auf der Bühne Platz, und auch die Konsortialführer waren mit jeweils einem Sprecher vertreten. Das Auftreten im Stil eines Zentralkomitees ließ nicht den Eindruck enormen Schwungs aufkommen. Aber es signalisierte Solidität und Berechenbarkeit.
MTU bietet Anlegern als besonderes Asset ein langfristiges und kalkulierbares Geschäftsmodell. Zwar kann die angemessene MTU- Bewertung nur eingeschränkt aus dem Vergleich mit Konkurrenten abgeleitet werden. Schließlich ist der Kreis der Wettbewerber sehr klein und teilweise nicht börsennotiert. Doch bieten die laufenden Triebwerksprogramme über das hochprofitable Ersatzteilgeschäft einen weitgehend gesicherten Mittelzufluss in den nächsten Jahren.
Dieser Cash-flow wird teils in die Taschen der Aktionäre fließen, weil der Vorstand sich zu einer festgelegten Ausschüttungsquote verpflichtet hat. Der Anleger kann also aus heutiger Sicht mit einer Verzinsung 2005 von rund 3,5% auf den Ausgabepreis rechnen. Dies ist komfortabel und könnte der Emission zum Durchbruch verhelfen.
Ebenso berechenbar wie die Chancen sind viele Risiken wenn auch nicht der Worst Case einer Luftfahrtkrise. Zu den Gefahren zählt eine Fehlentwicklung wie das Triebwerk PW6000, das keinen Anklang bei den Kunden findet. Ein Risiko stellt auch eine Abschwächung des Dollar dar, die wegen einer erstaunlich defensiven Hedging-Politik große Gewinnwirkung zeigt.
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