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Weser-Kurier

Weser-Kurier: Der "Weser-Kurier" (Bremen) kommentiert in seiner Ausgabe vom 9. Februar 2012 das neue außenpolitische Konzept der Bundesregierung im Umgang mit "Gestaltungsmächten":

Bremen (ots)

Anspruch und Wirklichkeit

von Joerg Helge Wagner

Drei Merkmale zeichnen die "neuen Gestaltungsmächte" aus, zu denen Deutschland künftig seine Beziehungen vertiefen will: Sie sind wirtschaftlich erfolgreich und bereits eine regionale Ordnungsmacht, sie wollen aber darüber hinaus politisch gestalten. Da fallen einem Staaten wie Brasilien, Indien, die Türkei und Südafrika ein - aber eben auch Saudi-Arabien, Nigeria, Malaysia und natürlich Russland und China, die sich gerade als verlässliche Stützen des mörderischen Assad-Regimes in Syrien erweisen. Nun kann der Bundesaußenminister nicht handeln wie Pipi Langstrumpf: "Ich mach' mir die Welt, wie sie mir gefällt." Er muss die Welt erst einmal akzeptieren, wie sie ist - und dann mit den begrenzten Möglichkeiten einer Mittelmacht versuchen, Einfluss zu nehmen. Eine gewisse Emanzipation von den klassischen Partnern in Europa und Nordamerika muss da nicht schädlich sein - solange grundlegende gemeinsame Werte dann nicht zur kleinen Münze werden. Guido Westerwelle hat betont, dass etwa die universelle Gültigkeit der Menschenrechte außer Frage stehe. Das kann aber nur heißen, dass diese Gültigkeit bei allen Partnern anzustreben und nötigenfalls anzumahnen ist. Sie kann hingegen nicht schon Voraussetzung sein, um überhaupt ins Gespräch zu kommen. Das wäre weder im Interesse der Menschenrechte noch im Interesse Deutschlands. Der letzte, der mit diesem absoluten Anspruch gescheitert ist, war US-Präsident Jimmy Carter - und der hatte eindeutig mehr Macht als Westerwelle. Der gestrige Besuch des kasachischen Präsidenten, aber auch die China-Reise der Kanzlerin haben gezeigt, wie gering der Spielraum ist, wenn man einerseits moralische Ansprüche wahren will, andererseits aber die Interessen einer rohstoffarmen, export-orientierten Industrienation zu vertreten hat. Richtig bleibt es allemal, sich in einer multi-polaren Welt auch neue Partner zu suchen. Nur so lässt sich etwa die überfällige Reform der UN - nicht zuletzt zugunsten der Menschenrechte - anschieben. Die Kritik der Opposition daran ist wohlfeil, bis sie selbst regieren muss.

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