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Rheinische Post: Politik am Dorfbrunnen

Düsseldorf (ots)

Von Torsten Casimir
Nationale Vollversammlungen vorm TV-Gerät kennt man von ganz 
großen Fußballspielen. Vielleicht noch von den Durbridge-Krimis in 
den Sechzigern. Aber ein Kanzler und seine Herausforderin, die 90 
Minuten auf schon oft gestellte Fragen schon oft gehörte Antworten 
geben, als Straßenfeger? Das ist ein verblüffender Befund.
Für einen Abend und die Gespräche des folgenden Tages hat die 
Republik ihren Dorfbrunnen wieder. Millionen Bürger versammeln sich, 
als wäre die alte griechische Polis nicht längst verschwunden, um 
eine kommunikative Mitte. Deutschland setzt sich zu einer 
nicht-beliebigen öffentlichen Unterhaltung zusammen  ein Schauspiel 
nationaler politischer Geselligkeit, das man dem Quasselbudenbetrieb 
der Talkshows kaum mehr zugetraut hatte.
Lassen wir mal alles unmäßig Aufgeregte beiseite, ignorieren wir die 
Wichtigtuer und Exegeten, lächeln wir höflich über die 
Bewertungsfarcen der braven Parteisoldaten. Unterm Strich steht eine 
immense Aufmerksamkeit für eine politisch hoch bedeutsame Wahl. 
Politikverdrossenheit sieht anders aus. Die bloße Quote nimmt Politik
in die Pflicht. Die Rede von der Mediendemokratie wird oft in 
kritischer Absicht gehalten: zu viel Show, zu wenig Inhalt. Diese 
Perspektive verstellt den Blick aufs Gute: Interesse wird geweckt. 
Millionen Leute wollen wissen, was Merkel und Schröder sagen. 
Interesse ist ein Zeichen: Viele spüren, dass es ernst wird.

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