Resolution der Bundeszahnärztekammer, verabschiedet anlässlich ihres zweiten Europatages am 26. Juni 2003 in Berlin
Berlin (ots)
"Neuorientierung des deutschen Gesundheitswesens im europäischen Kontext: Ein zwingender Prozess"
Präambel
Die Bundeszahnärztekammer begrüßt das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 13. Mai 2003 (Rechtssache C-385/99) zur Dienstleistungsfreiheit bei ambulanter Behandlung im EU-Ausland.
Die Bundeszahnärztekammer begrüßt die Arbeit in der "Hochrangigen Reflexionsgruppe" des EU-Gesundheitsministerrats zur Neuregelung grenzüberschreitender Gesundheitsdienstleistungen in der EU.
Die Gesundheitspolitik bleibt ein weiter zu gestaltender Politikbereich der Europäischen Union, zumal vor dem Hintergrund der anstehenden Osterweiterung. Hierzu möchte die Bundeszahnärztekammer mit der vorliegenden Resolution ihren Beitrag leisten.
1. Für einen europäischen Gesundheitsmarkt und freiberuflichen Wettbewerb als Garant für Patientenorientierung
Der europäische Gesundheitsmarkt ist längst Realität. Patienten wollen und dürfen auch im EU-Ausland ärztliche Leistungen in Anspruch nehmen. Voraussetzung hierfür sind EU-weit anerkannte Mindeststandards der Ausbildung.
2. Für eine "europakompatible" Gestaltung unseres nationalen Gesundheitssystems: Einforderung des Prinzips der Kostenerstattung
Das deutsche Gesundheitswesen muss "europafest" gemacht werden. Es muss sich vom Sachleistungsprinzip lösen und für die Kostenerstattung öffnen, will es in dem auf europäischer Ebene weiter zunehmenden Wettbewerb nicht seine Chancen verspielen und nicht zugleich die deutschen Patienten massiv gegenüber den Patienten aus den anderen Mitgliedsstaaten diskriminieren, sog. "Inländerdiskriminierung".
3. Für einen Ausbau transregionaler Projekte als "best-practice- Modelle" der Zukunft
Medizinische Projekte in den Euregios sind Testfelder für die Freizügigkeit der Inanspruchnahme von Gesundheitsdienstleistungen. Hier wird in grenzüberschreiten der Zusammenarbeit zwischen Regionen verschiedener Mitgliedstaaten erprobt, was längerfristig in der gesamten EU Anwendung finden könnte. Die Bundeszahnärztekammer unterstützt ein solches Projekt der Zahnärztekammern Nordrhein und Westfalen-Lippe mit belgischen und niederländischen zahnärztlichen Verbänden.
4. Für freiberufliche Selbstverwaltung zur Gewährleistung eines hohen Versorgungsniveaus
Die Bundeszahnärztekammer hat die Arbeitsunterlage der Europäischen Kommission vom 27.03.03 zum Thema "Regulierung der freien Berufe und ihre Folgen" zur Kenntnis genommen. Sie legt Wert darauf, dass dem Patientenschutz in allen gesetzgeberischen Maßnahmen auf EU-Ebene auch in Zukunft ausreichend Rechnung getragen wird. Freiberufliche Selbstverwaltung hat sich als Garant professioneller Fachkompetenz, bedarfsgerechter und gleichmäßiger Versorgung und sozialer Verantwortung bewährt.
5. Für Mobilität der Angehörigen der Gesundheitsberufe auf Basis vereinbarter EU-weiter Mindeststandards
Die Bundeszahnärztekammer befürwortet die Mobilität Angehöriger von Gesundheitsberufen in der EU. Wichtig ist deshalb die Weiterentwicklung EU-weiter Mindeststandards in der Ausbildung - mit effizienten Mechanismen zur Aktualisierung dieser Standards unter direkter Einbeziehung der Vertreter der betroffenen Berufsgruppen. Der derzeit in den EU-Gremien und in nationalen Regierungsbehörden diskutierte Richtlinienentwurf der Europäischen Kommission über die Anerkennung von Berufsqualifikationen muss entsprechend nachgebessert werden.
6. Für Konvergenz in der europäischen Zusammenarbeit
Der Erhalt der nationalen Kompetenz für die Gestaltung der Voraussetzungen der Berufsausübung bleibt für die Bundeszahnärztekammer unerlässlich. Die Pluralität der über Jahrzehnte national unterschiedlich gewachsenen und ausgestalteten Standards der Berufsausübung in den EU-Mitgliedstaaten soll unangetastet bleiben. Nicht Vereinheitlichung, sondern Vielfalt und Wettbewerb müssen das Ziel europäischer Zusammenarbeit sein.
Für Rückfragen: Jette Krämer, Tel.: 030/ 40005-150 presse@bzaek.de
Original-Content von: Bundeszahnärztekammer, übermittelt durch news aktuell