KBV - Kassenärztliche Bundesvereinigung
KBV erwägt Verfassungsbeschwerde
Hausärztliche Versorgung: Grundgesetzwidrige Zwangsmonopolisierung befürchtet
Berlin (ots)
"Das ist eine Gefälligkeitsregel, die aus unserer Sicht gleich mehrfach gegen das Grundgesetz verstößt, zum einen gegen Artikel 3 (Gleichheitsgrundsatz), zum anderen gegen Artikel 12 (Berufsausübungsfreiheit). Dagegen werden wir zur Not Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht einlegen." Mit diesen Worten nahm der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Dr. Andreas Köhler, heute in Berlin Stellung zu einer in der großen Koalition diskutierten Änderung des Paragrafen 73b Fünftes Sozialgesetzbuch. Insbesondere die CSU favorisiert eine Neuformulierung, nach der die Krankenkassen bis zum 30. Juni 2009 Verträge zur hausarztzentrierten Versorgung nur noch mit Gemeinschaften schließen dürfen, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks einer Kassenärztlichen Vereinigung (KV) vertreten. Die KV selbst kann nur noch im Falle eines zuvor gescheiterten Schlichtungsverfahrens Vertragspartner werden.
"Des Weiteren würde eine solche Regelung genau das verhindern, was die Politik bisher immer wollte: mehr Wettbewerb im Gesundheitswesen", erklärte KBV-Vorstand Dr. Carl-Heinz Müller. Zur Erklärung: Die einzige Gemeinschaft, die neben der KV den geforderten Organisationsgrad an Allgemeinmedizinern aufweisen kann, ist der Hausärzteverband. Dieser hätte künftig das Monopol auf alle Verträge zur hausarztzentrierten Versorgung. "Dasselbe Gesetz, das, so die damalige Begründung der Regierung, 'Schutz vor Diskriminierung und Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung' bieten soll, würde nach einer solchen Änderung das genaue Gegenteil zementieren. Damit wäre der gerade ins Rollen gekommene Wettbewerb in der ambulanten Versorgung vollends zunichte", kritisierte Müller.
Die Allgemeinmediziner stellen nur 58 Prozent der an der hausärztlichen Versorgung in Deutschland teilnehmenden Ärzte. Neben ihnen sind auch Praktische Ärzte (13 Prozent), Internisten (19 Prozent) sowie Kinder- und Jugendärzte (10 Prozent) als Hausärzte tätig. "Die geforderten 50 Prozent der hausärztlich tätigen Allgemeinmediziner würden also nur ganze 29 Prozent aller Hausärzte umfassen", unterstrich der KBV-Vorstand. Die Krankenkassen ihrerseits hätten von Gesetzes wegen keine Wahl bezüglich ihres Vertragspartners. "Das heißt im Umkehrschluss, dass bis zu 71 Prozent aller Hausärzte, die einen Versorgungsvertrag lieber mit der KV oder einem anderen Vertragspartner schließen möchten, daran gehindert würden", so Müller weiter.
Hinzu kommt, dass der Hausärzteverband ein freier Verband ist. Alle von ihm unterzeichneten Verträge haben für die Mitglieder, im Gegensatz zu denen einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, nur freiwilligen Charakter. Die tatsächliche Teilnahme der im Hausärzteverband organisierten Allgemeinmediziner könnte also noch weit unter den von ihnen gestellten 29 Prozent aller Hausärzte liegen.
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