KBV - Kassenärztliche Bundesvereinigung
Arzneimittelausgaben unterliegen Preisdiktat Richter-Reichhelm: "Die Pharmaindustrie hindert uns, die Sparziele zu erreichen."
Berlin (ots)
"Die Preis- und Produktpolitik der Pharmaunternehmen macht es uns unmöglich, unsere Einsparziele bei den Arzneimittelausgaben zu erreichen." Dies erklärte heute Dr. Manfred Richter-Reichhelm in Berlin. Der Erste Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) betonte, dass sich die Kassenärzte dennoch intensiv bemühen, die Arzneimittelkosten zu senken.
Richter-Reichhelm kritisierte die aus KBV-Sicht fragwürdigen Praktiken der Pharmaindustrie: "Einzelne Hersteller treiben die Medikamentenpreise immer weiter in die Höhe." Besonders dreist sei es, so genannte Scheinpräparate auf den Markt zu bringen, um von der Aut-idem-Regelung zu profitieren. Diese verlangt von Apotheken, Medikamente aus dem unteren Preisdrittel abzugeben. Um das untere Drittel auszuweiten, würden neue Produkte zu völlig überzogenen Preisen eingeführt. Ein Beispiel dafür war nach KBV-Angaben etwa ein Ranitidin-Präparat zu über 500 Euro. Der Wirkstoff Ranitidin wird bei Magengeschwüren verschrieben. Durch das überteuerte Mittel hob sich die Obergrenze des unteren Preisdrittels dieser Wirkstoffgruppe von 33,65 Euro auf bis zu 82,83 Euro. Erst nach einigen Protesten glich das Unternehmen den Preis an. "Wir fordern ein grundsätzliches Verbot der Einführung solcher Scheinpräparate, die einzig der Bereicherung dient", sagte der KBV-Chef.
Auch gezieltes Ersetzen bestimmter Medikamente durch erheblich teurere Produkte, die einzig einen neuen Namen bekommen, unterläuft Sparmaßnahmen der Ärzte. "Einzelne Produzenten gehen sogar so weit, Preise von einem Tag auf den anderen nahezu zu verdoppeln", berichtete Richter-Reichhelm. So sei zum 1. August diesen Jahres das Memantin-Präparat Akatinol(R), das 135,77 Euro kostete, vom Markt genommen worden. Das Präparat diente zur Therapie von Demenzerkrankungen. Zeitgleich führte der Hersteller ein Produkt identischen Wirkstoffs mit dem Namen Axura(R) ein. Der Preis: 236,45 Euro in entsprechender Darreichungsform.
Richter-Reichhelm wies darauf hin, dass mit einem solidarischen Festzuschussmodell rund zwei Milliarden Euro eingespart werden könnten, ohne die Versorgungsqualität zu mindern. Dieser Vorschlag der KBV garantiert ebenfalls die Kostenübernahme der gesetzlichen Krankenversicherung im unteren Preisdrittel. "Darüber hinaus wäre aber Schluss mit dem Alles-oder-Nichts-Prinzip bei der Verordnung von Arzneimitteln", erläuterte Richter-Reichhelm. "Bislang müssen Patienten ein Medikament, das die Krankenkasse nicht zahlt, weil es preiswertere Alternativen gibt, komplett aus eigener Tasche finanzieren. Mit der solidarischen Festzuschuss-Regelung hätte der Patient in einem solchen Fall nur noch die Differenz zum unteren Preisdrittel zu zahlen. Das Modell wäre eine deutliche Verbesserung", so der KBV-Chef. Auch der Wettbewerb der Krankenkassen würde nach Ansicht der Kassenärzte so gefördert. Den Kassen wäre es nach dem von der KBV vorgeschlagenen Festzuschussmodell erlaubt, über den solidarischen Festzuschuss hinaus freiwillig einen Teil der Eigenleistung der Patienten zu übernehmen.
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