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taz-Kommentar von Jan Feddersen über die Labour Party und das sozialdemokratische Dilemma

Berlin (ots)

Die Arbeiterklasse Großbritannien wird mutmaßlich am stärksten unter dem Brexit zu leiden haben. Das wusste - eventuell - auch die Labour-Führung um Jeremy Corbyn. Und die thematisierte zwar die strukturellen Probleme der Europäischen Union, war aber nicht willens darauf zu verweisen, dass die Einsparungen im Gesundheits- und Bildungsbereich wesentlich mit den Konservativen zu tun haben, nicht jedoch mit der EU.

Corbyn und seine Hipster-Freunde - welche seinetwegen kürzlich massenhaft in die Partei der britischen Arbeiterbewegung eintraten -, entschieden sich gegen die proeuropäische Mobilisierung. Es ist dies ein neuerlicher Beweis, dass diese Partei Kontakt und Tuchfühlung zu den Prekarisierten fahrlässig eingebüßt hat.

Labour - das ist, wie so viele Sozialdemokratien in Europa, eine Partei geworden, die sich mehr um Islamfragen, Kritik an Israel, Postkoloniales, LGBTI*-Themen oder kulturelle Geschmacksfragen kümmert als es für ihren politischen Erfolg auch in den White & Coloured-Trash-Gegenden, den Zentren der englischen Industrie, nötig wäre.

Es sind Themen, die die Kulturlinke stark interessieren, aber eben nicht den Widerhall in jenen Regionen finden, in denen sozusagen die Abgehängten der digitalen Revolutionen leben. Unter den Brexisten sind viele dieser Prekarisierten - ihr Urteil zur EU hat wesentlich mit dem Hass auf diese ewigen Schlaumeier der besseren linken Kreise zu tun.

Sozialdemokraten büßen dort stark an Einfluss ein, wo sie sich auf ideologischen Feldern tummeln, die originär nicht die Ihrigen sind. Und auf die sie sich auch nicht - nicht einmal gefühlt - konzentrieren sollten. Sozis sind dafür da, jene, die man früher zur Arbeiterklasse zählte und heute zum (nur nur weißen) "Prekariat" summiert, nicht den Nationalisten zu überlassen und bessere Lebensbedingungen für sie und mit ihnen zu erkämpfen.

Demokratische Arbeiterparteien dürfen inhaltlich nur begrenzt grün werden, vor allem sollten sie die eigene Kundschaft immer im Blick behalten.

Oskar Lafontaine und Sahra Wagenknecht haben die richtige Fährte aufgenommen. Wie im Übrigen auch die schottlandpatriotische und nichtrassistische SNP unter Nicola Sturgeon. Parteichefs wie Corbyn verkörpern nichts als ein Missverständnis.

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