Alle Storys
Folgen
Keine Story von taz - die tageszeitung mehr verpassen.

taz - die tageszeitung

taz-Kommentar von Pascal Beucker über einen problematischen Kooperationspartner: Ditib muss sich entscheiden

Berlin (ots)

Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion, kurz Ditib, fühlt sich schlecht behandelt. Dass die deutsche Politik zunehmend auf Distanz geht, empfindet der größte islamische Dachverband in der Bundesrepublik als höchst ungerecht. Schließlich seien alle gegen die Ditib erhobenen Vorwürfe "tendenziös, in einigen Teilen gar offen feindselig". Im Brustton der Überzeugung weist die Organisation "sämtliche Unterstellungen der Fremdsteuerung" zurück. Es gäbe gar keine politische Einflussnahme aus der Türkei. Wirklich nicht?

Tatsächlich kann nicht ernsthaft bestritten werden, dass die Ditib seit ihrer Gründung 1984 ein verlängerter Arm des türkischen Staates ist. Ihre Geschicke bestimmte von Anfang an das dem türkischen Ministerpräsidenten direkt unterstellte Diyanet, das Präsidium für Religiöse Angelegenheiten. Bis heute wird de facto in Ankara über den Ditib-Vorsitzenden entschieden, der in Personalunion auch türkischer Botschaftsrat ist. Die etwa 970 Imame, die in den Ditib-Moscheen predigen, sind bezahlte Beamte der türkischen Religionsbehörde und verfügen vielfach nur über völlig unzureichende deutsche Sprachkenntnisse.

Die Ditib war also schon vor den aktuellen Ereignissen in der Türkei ein höchst problematischer Kooperationspartner. Sie muss sich endlich entscheiden: Ist die derzeit noch mitgliederstärkste Migrantenorganisation bereit zur Transformation hinein in die bundesdeutsche Gesellschaft? Oder bleibt sie Filiale des Diyanet? In letzterem Fall verliert die Ditib ihre Existenzberechtigung als Religionsgemeinschaft in Deutschland. Nicht alleine, weil sie mit ihrer türkisch-nationalistischen Ausrichtung Integration behindert. Sondern auch und gerade, weil sie so kein Ort mehr für jene Muslime mit türkischer Zuwanderungsgeschichte sein kann, die längst weder "Gastarbeiter" noch "Ausländer" sind. Ihr Bezugspunkt ist die Bundesrepublik - nicht die Türkei. An einer fünften Kolonne des autokratischen Erdoğan-Regimes besteht kein Bedarf.

Pressekontakt:

taz - die tageszeitung
taz Redaktion
Telefon: 030 259 02-255, -251, -250

Original-Content von: taz - die tageszeitung, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: taz - die tageszeitung
Weitere Storys: taz - die tageszeitung
  • 08.08.2016 – 16:56

    taz-Kommentar von Nicola Glass über das Verfassungsreferendum in Thailand

    Berlin (ots) - Weder frei noch fair Auch wenn sich die Kritiker des umstrittenen Entwurfs geschlagen geben müssen - mit Demokratie hatte die Abstimmung über Thailands neue Verfassung nichts zu tun. Die Bedingungen waren weder frei noch fair, da die Militärs keine ausgewogenen Debatten zuließen. Wer den von einem Junta-treuen Komitee geschriebenen Entwurf kritisiert ...

  • 07.08.2016 – 17:30

    taz-Kommentar von Anja Maier über Boris Palmer und die Grünen: Maximaler Stunk

    Berlin (ots) - Nonsens", twittert Grünen-Chefin Simone Peter. Britta Haßelmann, Parlamentarische Geschäftsführerin im Bundestag, meint: "Zynisch." Nein, es geht hier nicht gegen die Flüchtlingspolitik der Großen Koalition, nicht gegen Pegida oder die AfD. Sondern gegen Boris Palmer. Der hat - in seiner Funktion als Tübinger Oberbürgermeister - dem Lokalteil der ...

  • 04.08.2016 – 17:09

    Wahlkampfsymbolik/taz-Kommentar von Malene Gürgen zur besetzten Schule in Berlin-Kreuzberg

    Berlin (ots) - Nun also doch: Der Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg unternimmt einen neuen Anlauf. Mehr als zwei Jahre nachdem sich die FlüchtlingsaktivistInnen mit einer dramatischen Dachbesetzung erfolgreich gegen eine Räumung gewehrt hatten, hat das Bezirksamt jetzt eine Räumungsklage gegen die verbliebenen 24 Bewohner der ehemaligen ...